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Auf der Fahrt von Lissabon über Königsberg nach Berlin entstand ein buntes literarisches Reisebuch

 
     
 
Man nehme 103 Autoren aus 43 europäischen Ländern im Alter von 24 bis 78 Jahren, setze sie in einen Zug, fahre von Lissabon unter anderem über Paris, Brüssel, Hannover, Kaliningrad, Riga, Tallinn, Moskau, Warschau nach Berlin, lasse sie soviel Eindrücke wie möglich sammeln und bringe sie dann dazu, mindestens eine, im Schnitt fünf, maximal elf Seiten über das Erlebte zu schreiben, und daraus mache man dann ein Buch.

Diese Idee der literat
urWERKstatt berlin klingt äußerst vielversprechend, aber auch nicht so ganz einfach realisierbar. Dies schien die Initiatoren aber nicht von diesem ehrgeizigen Projekt abzuschrecken, und so startete im Jahr 2000 der Zug mit den Autoren, auf die bei allen Zwischenstopps Journalisten und Lesungen warteten, und im Herbst 2001 lagen dann endlich die Texte aller 103 Autoren vor und wurden von fleißigen Übersetzern in die deutsche Sprache übertragen.

Die Herausgeber rühmen sich nicht umsonst, ein "einmaliges literarisches Puzzle Europas" geschaffen zu haben, wobei zu erwähnen ist, daß dieses Puzzle aufgrund eben dieser Vielfalt nicht nur für die Initiatoren, sondern auch für den Leser eine interessante, aber anstrengende Herausforderung darstellt, da er sich bei jedem der 103 Texte auf etwas Neues einlassen muß, denn ein Autor, der in Armenien aufgewachsen ist, versteht die Welt und auch die Kunst des Schreibens doch ein wenig anders als einer aus Finnland, Deutschland, Spanien, Rußland oder Irland. Gerne hätte man mal bei der Fahrt Mäuschen gespielt und gesehen, wie sich diese Menschen aus den unterschiedlichsten Gegenden Europas untereinander verstanden und verständigt haben.

Das Ergebnis dieses Projektes sind Texte, von denen manche erfreuen, andere begeistern, wiederum einige ganz "nett", andere aber nur ärgerlich sind. Manche Autoren versuchen besonders kreativ zu sein, reimen, reihen schlicht Gedanken aneinander, ohne eine Geschichte zu erzählen, manche erzählen eine Geschichte, auf die man allerdings verzichten könnte, da sie eher belanglos ist, andere schreiben so schön, daß man geradezu enttäuscht ist, wenn dieser Text dann zu Ende ist.

Besonders reizvoll ist, daß viele der Autoren ihre Eindrücke von Königsberg niederschreiben. Manchmal erwähnen sie die Stadt nur mit wenigen Sätzen, andere hingegen fühlen sich dazu berufen, ihren ganzen Text der Stadt zu widmen. So heißt es bei Richard Wagner in "Das Labyrinth von Königsberg": "Die Wanderer erscheinen den Einheimischen maßlos reich. Der Reichtum hat krude Namen: Haus, Auto, Reise. Am Wegrand stehen Enkel der Vertreiber und betteln um den Limorest in der Flasche. Deutschland hat den Krieg gewonnen, indem es ihn verloren hat."

Der "Europaexpress" ist ein kleiner Spiegel unseres heutigen Staatenzusammenschlusses, der Europa genannt wird und der gar nicht so einheitlich ist, wie die Medien und Politiker einem das manchmal weismachen wollen.

Fritz Hegelmann

Thomas Wohlfahrt, Christiane Lange (Herausgeber), "Europaexpress - Ein literarisches Reisebuch", Eichborn, Frankfurt am Main 2001, broschiert, 754 Seiten, 25,90 Eur
 
     
     
 
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