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Das Mittelmeer - Ein Raum des Schicksals für Europa und für Deutschland. Die Gegenwart

 
     
 
Das Mittelmeer ist eine konfliktträchtige Regio geblieben – auch nach dem Ende des Kalten Krieges. An seinem südlichen Ufer erho unmittelbar nach Abklingen der alten Ost-West-Konfrontation der islamisch Fundamentalismus sein Haupt und bedrohte die politischen Systeme Ägyptens und Algerien
s Beide Länder konnten ihre Stabilität vorerst nur durch ein hartes, zuweilen brutale Durchgreifen retten.

Das Interesse der Europäer an der Erhaltung einer weltlich orientierten Regierungsfor in den arabischen Mittelmeeranrainern ist stark. Sollte es zu einer Machtergreifung de Fundamentalisten in Algerien kommen, so ist eine Massenflucht in Richtung Norden sicher Eine Menschenlawine würde Spanien, Frankreich und Italien vor kaum lösbare Problem stellen.

Die europäischen Mittelmeeranrainer sind daher entschlossen, eine solche Entwicklun zu verhindern. Eine Machtergreifung der Islamisten in Ägypten könnte zudem die Gefah eines Genozids an den Kopten heraufbeschwören. Die Kopten sind eine uralte christlich Gemeinschaft, die lange vor dem Islam existierte und deren Hauptverbreitungsgebiete heut in Ägypten und Äthiopien zu finden sind. Die Perspektiven für das Schicksal de mindestens acht Millionen ägyptischen Kopten liegen ohnehin im Dunkeln.

Hingegen wurde Albanien bereits Schauplatz einer Massenflucht, wie sie nach 1991 auc in Algerien befürchtet wurde. Der Zusammenbruch der räuberische "Investitionsbanken" ("Pyramiden") hatte die innere Ordnung de kleinen Landes am Ausgang der Adria fast aufgelöst. Dem anschließenden, gewalttätige Chaos folgte gleichsam über Nacht ein Bevölkerungsexodus in Richtung Italien un Griechenland. Italien setzte seine Marine und Küstenwache ein und hielt so den Ansturm in Rahmen. Wegen seiner zerklüfteten Landesgrenze mit Albanien war Hellas dagegen mehr ode weniger machtlos, trotz des Einsatzes von Armee und Polizei.

Italien hatte es "besser". Die meisten Boote mit Flüchtlingen wurden scho auf der Adria ausgemacht. Die Desperados wurden an der Küste erwartet und dort in Lager festgehalten, bis sie, oft mit Gewalt, zurück verschifft werden konnten. Im Herbst 199 hat ein italienischer Zerstörer ein aus Albanien kommendes Schiff mit etwa 30 Passagieren in der Adria "versehentlich" gerammt und versenkt. Außerdem wurde die Häfen Albaniens von italienischen Sicherheitskräften stillschweigend besetzt.

Ein vergleichbares Drama spielt sich auch in der Straße von Gibraltar ab. Marokkane und andere Afrikaner versuchen mit Booten die Meerenge zu überwinden, manche benötige bis zu zwölf Stunden für die nur 16 Kilometer lange Fahrt: Starke Strömungen un dichter Verkehr von großen Schiffen machen die nächtliche, weil heimliche Schleichtou zur Höllenfahrt. Bei Dunkelheit werden die Boote schon durch die Abwässer großer Pött zum Kentern gebracht, wenn sie vorher nicht gerammt worden sind.

Zentral- und Nordeuropäer registrieren kaum, wie auf diese Weise im Mittelmeer längs ein lautloser "Krieg" zwischen Flüchtlingen und den Sicherheitskräften de Nordanrainer entbrannt ist. Und das Klima wird noch rauher werden. In Nordafrika beträg das jährliche Bevölkerungswachstum über zwei Prozent, in Europa stagniert es. Es wir geschätzt, daß im Jahre 2020 die Bevölkerung der Maghrebstaaten (Tunesien, Algerien Marokko) 120 Millionen betragen wird. Im Gegenzug tritt dort das Pro-Kopf-Einkommen au der Stelle, die Mittelschicht verarmt sogar zusehends. Sozialer Abstieg und Angst vo Verarmung wiederum sind Wasser auf die Mühlen radikal-islamischer Heißmacher, be anderen erhöht der Niedergang den Drang zur Auswanderung. Zu all den brennenden Probleme wird in Nordafrika nun auch noch das Trinkwasser knapp. In Ägypten muß daher schon in einigen Jahren die Wasserversorgung rationiert werden.

Für die Abwehrmaßnahmen der Europäer gegen den Flüchtlingsstrom haben die arabischen Mittelmeerländer kein Verständnis, sie sprechen vielmehr vo "feindseligen Handlungen". Dies, gemischt mit den vorhandenen Neidgefühlen un dem islamischen Radikalismus, ergibt Haß, mit dem die Europäer fortan konfrontiert sei werden.

Auch angesichts dieser brisanten Zuspitzung der europäischen Sicherheitslage im Süde haben Frankreich und andere europäische Nato-Partner die Unterstellung des Nato-Kommando in Neapel unter einen europäischen Offizier gefordert. Dafür würde sich Frankreich ga ins militärische Glied der Allianz reintegrieren. Die USA lehnten dies jedoch strikt a mit dem Argument, über die 6. US-Flotte könne nur ein Amerikaner befehlen.

Auch der Norden des "Mare Internum" ist alles andere als ruhig: Ihre umstrittenen, unerklärten Krieg gegen Jugoslawien mußte die Nato über das Mittelmee führen. Ihre Kriegsschiffe wurden in der Adria postiert, und ihre Landstreitkräft gingen in Thessaloniki an Land, um den Kosovo zu erreichen. Selbst die B-52-Bombe mußten, von Amerika kommend, über das Mittelmeer fliegen, um Ziele in Jugoslawien zu bombardieren, deren Beschuß nicht von Nato-Stäben genehmigt war.

Dieser Krieg hat die Probleme der Region nicht gelöst. Seine Rechtfertigungen wurde in Südosteuropa nie so recht geglaubt. Anhand der Fülle der Kosovo-Literatur, die jetz in Deutschland vorhanden ist (Das berichtete), wird das Bild diese Krieges zunehmend zurechtgerückt ...

Ein Sachverhalt, mit dem sich der Benutzer dieser Literatur konfrontiert, wird die Erkenntnis sein, daß lange vor dem Beginn dieses Krieges (24. März 1999) eine eng Kooperation zwischen den USA und der noch 1998 von ihnen selbst als terroristisch Organisation eingestuften Kosovo-Befreiungsarmee (UÇK) bestanden hatte. Washington habe so der Bundeswehrbrigadegeneral a. D. Heinz Loquai, somit die Nato kurz vor ihrem 50 Jubiläum zur "Luftwaffe der UÇK" degradiert.

Die ehemals kommunistischen Staaten Südosteuropas sind noch weit davon entfernt, die wirtschaftlichen Folgen der kommunistischen Herrschaft zu überwinden. Ihre junge politischen Systeme werden daher von schweren wirtschaftlichen und sozialen Probleme geplagt. Ein weiteres gemeinsames Charakteristikum dieser Staaten sind die ethnische Minderheiten, die sich schon im Mittelalter herausbildeten und von den Nationalstaaten die erst im 19. Jahrhundert entstanden, geerbt wurden.

Die Zusammenarbeit zwischen den USA und der UÇK liefert nun ein Rezept an all Minderheiten Südosteuropas, separatistische Bewegungen zu entwickeln, um eine "humanitären Krieg" gegen das sie regierende Land auszulösen. Henry Kissinge schrieb in diesem Zusammenhang: "Nach der Politik der Allianz in der Versio Clinton-Blair müßte die Nato in Aktion treten, nur weil sie die einzige Macht ist. Die ist aber unvereinbar mit dem Charakter eines Verteidigungsbündnisses. Wenn die Staatsgrenzen die Eigenschaft der Unverletzlichkeit verlieren, wer wird dann den Casu belli für die neuen humanitären Kriege bestimmen? Wenn die Nato sich der Un unterstellt, wird sie dem russischen oder dem chinesischen Veto unterliegen; wenn dagege die Nato darauf bestehen sollte, allein seine Rechtmäßigkeit zu bestimmen, wird sie mi dem Widerstand der übrigen Welt konfrontiert werden."

Der Krieg gegen Jugoslawien hat die Nato als Schlichter ethnischer Konflikte in de Augen vieler unglaubwürdig gemacht. Die Europäer werden sich wohl kaum wieder zu eine militärischen Einsatz gegen einen souveränen Staat bereit finden. Damit bleib Südosteuropa und das Mittelmeer ohne Ordnungsmacht. Vor diesem Hintergrund beschloß die Europäische Union am 6. Juni 1999, eine eigene Verteidigung aufzubauen. So aber schein ein womöglich verhängnisvoller Entweder-oder-Weg eingeschlagen: entweder Bruch mi Amerika oder Festigung seiner dominierenden Rolle in Europa.

Die USA werden ihre dominierende Rolle in Europa nicht einvernehmlich aufgeben. Die trifft in besonderem Maß auch für das Mittelmeer zu. Von der Türkei und vo Griechenland aus überwachen sie den unruhigen Nahen Osten und die arabischen Ölquellen Nur durch ihre Präsenz im Mittelmeer können die USA außerdem einen neue arabisch-israelischen Krieg verhindern. Trotz der erreichten Annäherung zwischen Israeli und Palästinensern kann ein solcher Konflikt nie ganz ausgeschlossen werden. Ähnlich wi die Serben und die Kosovaren vor dem Krieg will die verantwortliche israelische un palästinensische Führung den Frieden. Ähnlich wie die UÇK die Serben, provozieren abe palästinensische Terroristen die Israelis zu scharfen Reaktionen.

Eine zusätzliche Bedeutung für die USA erhält das Mittelmeer durch die Entdeckun riesiger Ölfelder im Bereich des Kaspischen Meeres. Washington will offenbar verhindern daß dieses Öl über russisches Gebiet zu den Weltmärkten gelangt. Eine Alternativ wäre, den Rohstoff aus dem Kaspischen Meer in Tankern an die iranische Küste zu bringe und ihn von dort mittels Pipelines bis zum Persischen Golf zu pumpen. Das jedoch verhülf dem Iran zu einer Schlüsselstellung, was die USA strikt ablehnen.

Also tritt Washington für eine Pipeline ein, die über Aserbeidschan und die Türke bis zum türkischen Hafen Ceyhan im Ostmittelmeer führen soll. Sie wäre etwa 2000 k lang, würde vier Milliarden Dollar kosten und über die kurdischen Gebiete der Osttürke gelegt werden müssen. Hier nun wiederum legen sich die amerikanischen Ölkonzerne quer Die Trasse wäre zu teuer und terroristischen Anschlägen ausgesetzt.

Widerstand gegen die amerikanischen Pläne leisten bisher Frankreich, Italien Österreich und Griechenland. Die drei ersteren Länder haben sich im Pipeline- un Ölgeschäft des Mittleren Ostens engagiert und entsprechende Verträge mit dem Iran un Turkmenistan (Erdgas) abgeschlossen. Zusammen mit Rußland hat außerdem Frankreich soga mit dem verfemten Irak Verträge für die Erschließung und die Ausbeutung von neue Ölfeldern geschlossen. Griechenland dagegen will eine Pipeline bauen, die vo bulgarischen Burgas bis Alexandroupolis (Nordägäis) führen soll. Das Öl wird mi Tankern vom russischen Noworossijsk bis Burgas gebracht und soll von dort bi Alexandroupolis geleitet werden.

Washington opponiert gegen den Bau dieser Pipeline, denn sie hätte zweierlei Folgen das kaspische Öl würde über russisches Gebiet zu den Weltmärkten befördert und da würde die Pläne für eine Erdölleitung Aserbeidschan-Ceyhan erst recht unwirtschaftlic erscheinen lassen, ja über den Haufen werfen. Eben dies will aber Washington nicht. Die Türkei hat für die USA den Wert einer wesentlichen Basis zur Erhaltung ihrer Dominan über Europa, nicht nur im Bereich des Mittelmeeres. Deshalb drängen sie au EU-Mitgliedschaft Ankaras, und deshalb bleiben die griechisch-türkischen Problem ungelöst.

Diese Probleme plagen seit 30 Jahren die Nato und vermindern ihre Funktionsfähigkei an der Südostflanke. Die Wurzeln liegen in der Absicht der Türkei, die bestehende Grenz in der Ägäis zu revidieren, weil sie durch die Nähe der griechischen Inseln zu türkischen Westküste "erstickt werde", so Ministerpräsident Ecevit. Athen un die EU empfehlen der Türkei, ihre Wünsche vor dem Gerichtshof in Den Haag klären zu lassen. Auch Washington unterstützt diese Position. Ankara dagegen lehnt Den Haag ab un verlangt einen griechisch-türkischen Dialog. Um hier einzuwilligen, setzt Washingto Athen unter Druck, weshalb die Griechen kratzen und beißen. So bleiben die Spannunge erhalten, trotz gelegentlich ruhigerer Perioden. Beide Länder gehören zu den beste Kunden der amerikanischen Rüstungsindustrie. Und womöglich sieht Washington selbst in diesen fortwährenden Spannungen eine Möglichkeit, um seine maritime Präsenz in Mittelmeer als dauerhaft unerläßlich darzustellen. Schluß

 
     
     
 
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