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Der eigenen Nation keinen Gefallen getan

 
     
 
Ein neuer Verlag meldet sich zu Wort: der Bonus-Verlag. Unter dem Schlagwort „der kritische Blick auf die Politik“ will er sich offenbar mit Persönlichkeiten beschäftigen, die kennzeichnend sind für die politische Klasse, der Gruppe also, die im Besitz der Macht ist und über uns bestimmt.

Nun gibt es über Ministerpräsidenten, Bundeskanzler, Minister, Bosse der Wirtschaft, Pressezaren und sonstige Wortführer genug lobhudelnde Biographien. Der Bonus-Verlag will aber offensichtlich etwas anderes. In den ersten beiden Bänden beschäftigt er sich mit Rita Süssmuth
und mit Jan Philipp Reemtsma, beide Personen, die nachhaltig die politische Atmosphäre der Bundesrepublik Deutschland beeinflußt haben.

„Rita Süssmuth - Affären und Skandale“ heißt der erste Band. Nun hat sicherlich Frau Prof. Dr. Süssmuth den Zenit ihrer politischen Tätigkeit nicht nur aus biologischen Gründen überschritten, doch ist ihre Name für manche immer noch Programm für eine bestimmte Art christdemokratischer Politik und ihr Einfluß nicht zu unterschätzen, was zuletzt belegt wurde, als der sozialdemokratische Bundeskanzler Schröder die christdemokratische Ex-Politikerin zur Vorsitzenden seiner Zuwanderungskommission machte und sie damit als Waffe gegen die CDU benutzte. Sie ließ sich gern instrumentalisieren, rückte sie so doch noch einmal in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.

Das neue Buch führt komprimiert die politischen Versäumnisse Rita Süssmuths auf - vom Versagen beim Auftreten von Aids, als sie als die dafür zuständige Ministerin dessen Gefährlichkeit nicht begreift und erst fünf Jahre nach Ausbruch der Seuche das erste Merkblatt veröffentlichen läßt, dann die Krankheit verharmlost, indem sie das Seuchengesetz nicht anwendet und die Meldepflicht der Krankheit ablehnt. Statt dessen propagiert sie Promiskuität und Safer Sex. Paßt das schon nicht zu einer christdemokratischen Politikerin, so noch weniger Süssmuths Eintreten für die Legalisierung von Abtreibungen unter bestimmten weit auslegbaren Bedingungen. Sie unterstützte eine Frauenpolitik, die nicht das Miteinander von Frau und Mann zum Ziel hatte, sondern von deren Gegeneinander ausging, wie es die von ihr verhätschelte Alice Schwarzer propagierte. Die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze „gehört zu meinen wichtigsten Anliegen“, sagte sie schon vor der Wiedervereinigung. Die Dienstwagen-Affäre (Verwendung des Dienstwagens zu privaten Zwecken durch Familienangehörige), die Beschuldigung, sie habe Familienangehörigen Aufträge zugeschanzt, ihre Protektion von Randgruppen, ihr Eintreten für die Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften mit der Ehe - angesichts dieser Meilensteine auf dem politischen Weg der Rita Süssmuth fragt man sich, wie es möglich war, daß eine solche Karrieristin von einer Partei wie der CDU getragen werden konnte.

Das zweite Buch des Bonus-Verlages widmet sich zum richtigen Zeitpunkt der Person des Jan Philipp Reemtsma, dessen neu aufgelegte Anti-Wehrmachtausstellung nach dem ersten blamablen Absturz wieder auf Tournee ist. Sein Einfluß auf die öffentliche Meinung, speziell die Sicht auf unsere jüngste Geschichte ist erheblich. Er verkörpert den linken Zeitgeist in seiner angepaßtesten Form.

Solche Erscheinung ist in der Tat singulär: wo sonst in der Welt gibt es einen superreichen Erben, der unter dem Vorwand, er wolle sich mit dem Gewaltproblem in der Gesellschaft befassen, verbissen seine geballte Energie und sein Vermögen einsetzt, um das Volk, zu dem er gehört, vor aller Welt an den Pranger zu stellen? Da liegt es nahe, zunächst nach dem Hintergrund zu forschen, und so hat sich denn der Autor des Buches „Reemtsma - Von der Feldzigarette zur Anti-Wehrmachtausstellung“ intensiv mit der familiären Geschichte der Reemtsmas befaßt, da offenbar hier die Wurzeln für seinen Anti-Germanismus liegen.

Sein Vater Philipp Fürchtegott Reemtsma legte, als er eine klei- ne Zigaretten-Manufaktur erbte, durch tüchtiges Unternehmertum den Grundstein zu einem der größten Tabakimperien der Erde, und das „mit nicht immer wählerischen Geschäftsmethoden“, so wird ein Reichstagsabgeordneter zitiert. Tatsächlich war Reemtsma senior damals in eine ganze Reihe von Skandalen verwickelt. Da ging es um angebliche Bestechungen, um Steuerhinterziehung, Meineid, Betrug, Untreue und was man sonst dem Tabakfürsten vorwarf. Ein solcher Prozeß wegen Steuerhinterziehung schleppte sich bis ins Dritte Reich, wo er 1934 von Göring niedergeschlagen wurde. Es wird behauptet, daß Reemtsma dafür eine Bestechungssumme von zwölf bis fünfzehn Millionen Mark aufgebracht haben soll.

Im Dritten Reich wuchs das Tabakimperium weiter. Sein Chef, der Vater des jetzigen Jan Philipp, stand den Regierenden außerordentlich nahe, und es war nicht nur Hermann Göring, dem Reemtsma regelmäßig erhebliche Beträge für den Ankauf von Kunstwerken zukommen ließ. Das brachte Reemtsma nach dem Kriege einen Prozeß ein wegen des Vorwurfs, er habe 7,2 Millionen Reichsmark gezahlt, um eine Steuererleichterung zu bekommen. Er wurde deswegen 1947 inhaftiert und ein Jahr später zu einer Geldbuße von zehn Millionen Mark verurteilt. Das Urteil wurde jedoch revidiert. Auch seine Entnazifizierung verlief reibungslos. Er wurde als „Entlasteter“ eingestuft und konnte seine wirtschaftliche Tätigkeit unbeschränkt wieder aufnehmen.

Seiner zweiten Ehe entsproß dann der jetzt im Mittelpunkt vieler Interessen stehende Jan Phi-lipp Reemtsma. Da seine beiden Halbbrüder als Offiziere der Wehrmacht gefallen waren, wurden Jan Philipp und seine Mutter Alleinerben des gewaltigen Vermögens, als der Senior starb. Ende der 80er Jahre verkauften die beiden 75 Prozent ihres Anteils an die Tchibo-Holding. Von dem Erlös finanziert Jan Philipp sowohl seine Propaganda-Ausstellung als auch das nach dem Vorbild des vor 1933 in Frankfurt tätig gewesenen, dann in die USA emigrierten Instituts für Sozialforschung neu gegründete Ham- burger Institut für Sozialforschung, das als Träger der Ausstellung fungiert. Der Frankfurter Vorläufer gilt als Instrument des „Marxismus für Reiche“ und hat in den USA die Grundlagen für die Reeducation entwickelt.

Der überaus kenntnisreiche Autor des neuen Buches begnügt sich nicht damit, die Ereignisse nachzuzeichnen, sondern forscht in der Persönlichkeit des Literaturwissenschaftlers Jan Philipp Reemtsma nach den Beweggründen für sein politisches Handeln. Er zieht seine geschichtsphilosophischen und soziologischen Betrachtungen heran, denen man es Zeile für Zeile anmerkt, daß Reemtsma kein Historiker ist. Nicht zuletzt aus seinen Büchern und Aufsätzen geht hervor, wie er Deutschland, seine Menschen und seine Geschichte verabscheut.

Der Autor geht ausführlich auf die Problematik der Wehrmacht-ausstellung ein, auf die um sie herum entstandenen Skandale, auf die fundierten Beiträge ihrer Kritiker und auf die unbelehrbaren Reaktionen Reemtsmas und seiner Leute, bis die Ausstellung nicht mehr zu halten war.

Beide Bücher machen Krankheitssymptome der deutschen Gesellschaft deutlich. Beide Persönlichkeiten sind von einer Art, wie man sie in anderen Ländern wohl schwerlich vorfindet. J. Arp

Ulf Urban: Rita Süssmuth - Affären und Skandale, Bonus-Verlag, Selent 2001, 256 Seiten, viele Abb., Preis: 16,80 Euro

Houston Writes: Reemtsma - Von der Feldzigarette zur Anti-Wehrmachtausstellung, 320 Seiten, reich bebildert, gebunden im Großformat, Bonus-Verlag, Selent 2001, Preis: 20,40 Euro

 
     
     
 
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