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Der letzte Bomber des Typs B-52 die Endmontagehalle in Wichita: Die Festung die heute noch fliegt

 
     
 
Kein Staat der Erde stellt die Waffenproduktion derart in den Mittelpunkt der eigenen Kriegsanstrengungen wie die Vereinigten Staaten von Amerika. Da zudem die Erfindung des Flugzeuges die Kriegsführung von Grund auf revolutionierte, war es geradezu logisch, daß die USA mittels der neuen Erfindung versuchen, Kriege zu entscheiden. Dies traf insbesondere auf den Zweiten Weltkrieg
zu, wo die legendären "Fliegenden Festungen" der US-Amerikaner den Himmel Europas und Asiens verdunkelten. Insbesondere die Firma Boeing mit den Mustern B-17 "Flying Fortress" und B-29 trug erheblich dazu bei, das Kriegsglück zugunsten der Alliierten zu wenden. Nach dem Ende des schrecklichsten aller bis dahin stattgefundenen Kriege trieben die US-Amerikaner die Entwicklung von immer neueren und größeren Langstreckenbombern voran. Der Bombenkrieg sollte künftig der "American way of warfare" sein. Die eigene Luftüberlegenheit war allerdings immer die Voraussetzung für den Einsatz dieser Riesen. Ab 1945 machten sich die US-Amerikaner den in der Umgangssprache besser als Düsenantrieb bekannten Strahlantrieb zunutze, eine technische Revolution, die gleichzeitig von Deutschland und Großbritannien ausgegangen ist. Im- merhin war 1944 mit der Arado Ar 234 in Deutschland auch noch ein vierstrahliger Bomber serienfertig geworden.

Wer kennt heute noch Muster wie die riesige, achtmotorige B-36 von Convair oder Boeings B-47, von der etwa 2.040 Exemplare gefertigt wurden? Sie sind vom Himmel verschwunden. Hingegen ist das Muster B-52 auch heute noch ein wesentlicher Teil der US-Luftwaffe. Das Flugzeug fliegt schon so lange, daß weniger kundige Zeitgenossen sogar der Meinung sind, ein Bombenflugzeug müßte schlechthin so aussehen wie dieser achtmotorige Riese.

Im Jahr 1946 schrieb die US-Air Force (USAF) einen Wettbewerb für einen neuen Bomber aus, der 725 Stundenkilometer schnell sein und über eine Entfernung von 9.250 Kilometer eine Bombenlast von 4.530 Kilogramm transportieren sollte. Nachdem der erste Entwurf nicht den Vorstellungen des Auftraggebers entsprochen hatte, erhielt die Firma Boeing eine letzte Frist zur Überarbeitung ihres Entwurfs. Nachdem nun die neuen Planungen den Vorstellungen der Air Force entsprachen, wurde der Auftrag für zunächst zwei Prototypen, die X-B-52 und die Y-B-52, erteilt. Das war im Jahre 1947. Allerdings wurde erst im Jahre 1949 mit dem Bau begonnen. Eine Beschleunigung der Arbeiten erfolgte mit dem Ausbruch des Korea-Krieges im Juni 1950. Für den "Roll-out" verzichtete die Firma Boeing auf jede Feierlichkeit. Die X-B-52 verließ am 29. November 1951 die Werkhalle. Sie war aus Gründen der Tarnung mit Tüchern abgedeckt. Die Y-B-52 folgte ihr am 15. März 1952. Bei den Bodentests kam es zu einer Beschädigung der X-B-52. Der Prototyp mußte daraufhin zurück in die Werkhalle. So kam es, daß der zweite Prototyp, die Y-B-52, am 15. April 1952 ihren Erstflug noch vor dem offiziellen Prototyp absolvierte. Der neue Bomber erhielt den Namen "Stratofortress". Alsbald erteilte die US-Luftwaffe den Auftrag zum Bau von Serienflug-

zeugen, denen immer neue Aufträge folgten. Boeing mußte außer dem Stammwerk in Seattle auch noch den Zweigbetrieb in Wichita in die B-52-Fertigung einschalten. Insgesamt wurden 744 B-52-Bomber in acht verschiedenen Baureihen gebaut. Am 22. Juni 1962 verließ die letzte B-52 die Endmontagehalle in Wichita. Es war ein Flugzeug der Baureihe H - das einzige Muster, das auch heute noch im aktiven Dienst steht.

Waren die B-17 mit den Flächenbombardements des Zweiten Weltkrieges gegen die deutsche Zivilbevölkerung und die B-29 mit dem Abwurf der beiden ersten Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki verbunden, so steht der Name der "Stratofortress B-52" für den Vietnamkrieg. Die Tagesschau der siebziger Jahre zeigte oft Verbände von B-52-Bombern, aus denen nicht enden wollende Ketten von Bomben "herausregneten". Die Vietnamesen wußten sich jedoch zu wehren. SAM 2-Flugabwehrra-

keten und Mig-21-Abfangjäger machten den Bomberverbänden schwer zu schaffen. Allein zwischen Ende November 1972 und dem 4. Januar des Jahres 1974 wurden 17 B-52-Bomber abgeschossen.

Das Ende des Vietnamkrieges war aber nicht das Ende der Karriere des B-52-Bombers. Beim Strategischen Luftkommando bildete die "Stratofortress" nach wie vor das Rückgrat. Bis zu 40 Prozent der in den Geschwadern diensttuenden Bomber mußten binnen 15 Minuten in der Luft sein. Täglich wurden 70 Einsätze geflogen, so daß eine Anzahl von Bombern ständig in der Luft war. Diese Vorkehrungen wurden erst im Jahre 1991 aufgehoben.

In der Zwischenzeit waren auch neue Bewaffnungsvarianten für das strategische Luftkommando (SAC) entwickelt worden. Marschflugkörper machten es nicht mehr notwendig, das Ziel des Bombardements zu überfliegen. Bereits 1959 trug das Flugzeug zwei Flugkörper vom Typ "North American AGH - 28 Hound Dog", die über eine Entfernung von 370 Kilometern einen Nuklearsprengkopf trug. Auch die Nasa nutzte die B-52 für ihre Raumfahrtprogramme. So leistete die Maschine gute Dienste bei der Erprobung der Raumgleiter und Experimentalflugzeuge.

Die USAF verfügt heute über 93 B-52 der Bauvariante H. Es ist beabsichtigt, das Flugzeugmuster bis zum Jahre 2040 im Einsatz zu halten.

Bereits im Jahre 1954 drängte General Curtis E. LeMay auf die Entwicklung eines Nachfolgebombers. Dies war zu einem Zeitpunkt, als das SAC über eine riesige Flotte von B-47 verfügte, der Bau der B-52 eine beschlossene Sache war und die Entwicklung der mit doppelter Schallgeschwindigkeit fliegenden B-58 "Hustler" abgeschlossen war. Le- May erkannte schon damals den Schwachpunkt der B-52. Sie flog unterhalb der Schallgrenze, und es war zu erwarten, daß sie einer feindlichen Luftabwehr künftig nicht mehr gewachsen sein würde. Andererseits verfügten B-47 und auch die neue B-58 nicht über die riesige Reichweite und auch nicht die Zuladekapazität. SAC forderte bereits 1957 ein 3.200 Stundenkilometer schnelles Nachfolgeflugzeug. 1958 erhielt die Ausschreibung die Bezeichnung Bomber B-70 "Valkyrie". 1959 traf die Eisenhower-Administration die Entscheidung, B-70 aufzugeben, die allerdings im selben Jahr wieder umgestoßen wurde. Hinter den Kulissen wurde um den Bomber gestritten, zwischenzeitlich war auch ein neuer Präsident gewählt worden. Am 21. September 1964 konnte vom Werksflughafen der "North American Aviation" der Erstflug des neuen Wundervogels erfolgen. Die Flugerprobung zog sich hin. Schließlich wurde die Entscheidung getroffen, die B-70 nicht in Serie gehen zu lassen. Die X-B-70 kann heute im Wright-Patterson-Museum als "weißer Elefant" bewundert werden.

Bereits im Jahre 1962 waren Überlegungen angestellt worden, einen neuen strategischen Bomber zu konstruieren, der "unverwundbar" sein sollte. Das neue Flugzeug sollte nicht mehr in großen Höhen fliegen, sondern in Bodennähe in den feindlichen Luftraum eindringen und so eine Reaktion der Luftabwehr unmöglich machen. Um einen technischen Schnitt auch von der Zählweise deutlich zu machen, wurde diesem Programm die Bezeichnung "B-1-Bomber" zugewiesen. Die Firma "North-American-Rockwell", deren Vorgängerfirma auch schon für das B-70-Programm verantwortlich gezeichnet hatte, baute den neuen Bomber, der am 1. April des Jahres 1976 seinen Erstflug absolvierte.

Auch dieses Programm war vom politischen Ränkespiel bedroht. Hätte die Carter-Administration länger angedauert, hätte die B-1 sicherlich das Schicksal der B-70 erlitten. Einer der Alternativpläne von Präsident Jimmy Carter war, zivile Jumbo-Jets als Bomber umzubauen und damit das strategische Luftkommando auszurüsten. Dazu kam es dann aber nicht mehr. Ronald Reagan, dem neu gewählten Präsidenten, war für die Ausstattung der Streitkräfte seines Staates das Beste gerade gut genug. Allerdings konnten aus Kostengründen nur rund 100 Einheiten des neuen Musters bestellt werden. Für ein noch aufwendigeres Bomberprogramm wurden in der Amtszeit Reagans die Weichen gestellt - das B-2-Tarnkappenbomberprojekt. Zwar kam auch dieses Flugzeug zum Fliegen, und es wurden sogar einige wenige Serienflugzeuge bestellt, aber bei einem Kostenpunkt von 1.000.000.000 US-Dollar sind selbst dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten enge Grenzen gesetzt.

Himmlische Zapfsäule: Die Luftbetankung verleiht der B-52 eine nahezu unbegrenzte Reichweite. Auch ohne "Strohhalm" hatte 1962 eine Maschine innerhalb von knapp 22 Stunden mehr als 20.000 Kilometer nonstop zurückgelegt. Insider-Informationen zufolge sollen die acht Pratt & Witney-Triebwerke demnächst durch modernere Aggregate ersetzt werden. Fotos: (1) Wenzel; (1) Boeing (links oben)

Furchterregend

Über der Rollbahn flimmert die Luft in der Hitze der kalifornischen Sonne - Symbol auch für die innere Anspannung, die sich meiner bemächtigt. Die amerikanischen Gastgeber haben, im Rahmen einer Informationsreise zu überseeischen Ausbildungsplätzen der Bundesluftwaffe, zu einem gigantischen Spektakel eingeladen: Alarmstart einer B-52-Staffel. Gegen den Horizont heben sich die Konturen des fliegenden Dinosauriers ab, werden größer und bedrohlicher. Dieses unförmige Gebilde soll tatsächlich abheben? Eher ist zu fürchten, daß die weitausladenden Tragflächen abbrechen könnten, trotz der Stützräder. Das Heulen der acht Triebwerke wird lauter, für einen Moment glaube ich, einen schwingenschlagenden Albatros vor mir zu sehen, dann löst sich, wenige hundert Meter vor mir, der Koloß vom Erdboden, gewinnt langsam an Höhe. Der Lärmschutz auf meinen Ohren kann nicht viel ausrichten, als die B-52 über mich hinwegdonnert. Die unter den Tragflächen hängenden Bomben und Marschflugkörper scheinen auf mich gerichtet, ich fühle mich wehrlos ausgeliefert. Nach endlos scheinenden Sekunden ist der höllische Spuk vorbei - bis die nächste Maschine heranstürmt.

Seither weiß ich, was diese B-52, auch wenn sie technisch veraltet sein mag, auch heute noch zu einer so furchteinflößenden Waffe macht: Es reicht eigentlich, sie in niedriger Höhe über gegnerische Stellungen hinwegfliegen zu lassen.
 
     
     
 
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