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Er wurde zu einer Legende Schuster Wilhelm Voigt - Der Hauptmann von Köpenick kam aus Tilsit

 
     
 
Das war mein Eulenspiegel, der arme Teufel, der – durch die Not helle geworden – einer Zeit und einem Volk die Wahrheit exemplifiziert", schrieb Carl Zuckmayer über die Entstehungsgeschichte seines Stückes "Der Hauptmann von Köpenick". 1931 unter der Regie von Heinz Hilpert am Deutschen Theater in Berlin uraufgeführt, wird dieses "deutsche Märchen", wie Zuckmayer es nannte, immer wieder inszeniert. Derzeit feiert Harald Juhnke als "Hauptmann" im Maxim Gorki Theater Berlin Triumphe. "Virtuos hat er es geschafft", so die FAZ, "den Schuster Voigt sich anzuähneln. Er wirkt geduckt und geht doch einen aufrechten Gang, er ist trocken und spröde und kann doch mit einer einzigen hilflosen Handbewegung die ganze Sehnsucht des von allen Seiten gehetzten Mannes zeigen." – Unvergessen natürlich auch Heinz Rühmann in der Filmversion des Stückes.

Im Oktober sind sechs Jahrzehnte vergangen, da der "Hauptmann" die Stadtkasse von Köpenick um etwa 4000 Reichsmark erleichterte. Kein Wunder also, daß man sich dort jetzt dieses Ereignisses in besonderer Weise erinnert. Der Berliner Bezirk Köpenick lädt alle verfügbaren Hauptmann-Darsteller zu einer großen Köpenickiade am 16. Oktober ein. Ein Denkmal soll im Eingangsportal enthüllt werden (allerdings werden noch Sponsoren gesucht), ein neues Drama soll aufgeführt werden, und sogar ein kleines Symposium
zu diesem Thema ist geplant. Höhepunkt soll dann am 18. Oktober ein "Ball der Hauptmänner" sein.

Ernsthafter mutet da schon die Ausstellung an, die täglich von 10 bis 18 Uhr im Rathaus Köpenick zu besichtigen ist. Gezeigt werden Fotos, Zeitungsausschnitte, Karikaturen und Dokumente wie etwa eine Quittung über die geraubten 4000,70 RM oder der Steckbrief des gesuchten "Unholds", der später zur Legende werden sollte. Wer war dieser Mann, der in die Uniform eines respektablen Hauptmanns der kaiserlichen Armee schlüpfte und damit ein dreistes Verbrechen ausübte? Wer war dieser Mann, der die größte kriminalistische und journalistische Sensation des wilhelminischen Zeitalters auslöste und über den die ganze Welt lachte?

Als Sohn eines Schuhmachers wird Wilhelm F. Voigt am 13. Februar 1849 in Tilsit geboren, wo er die dreiklassige Stadtschule besucht. Schon mit 14 Jahren wird er bei einem kleinen Diebstahl erwischt und zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt, gilt als vorbestraft. Ein Verhängnis, das sein weiteres Leben bestimmen sollte. Besonders hart trifft es ihn, daß er 1866 als Vorbestrafter nicht als Kriegsfreiwilliger angenommen wurde. Gefängnis- und Zuchthausstrafen folgen wegen leichter und schwererer Delikte; Voigt wird gar unter Polzeiaufsicht gesetzt und 1906 aus Berlin ausgewiesen. Illegal lebt er in der Hauptstadt, benötigt dringend neue Papiere. Das bringt ihn auf die Idee, sich im Rathaus Köpenick solche Papiere zu besorgen.– Paßformulare gibt’s dort jedoch nicht, und so läßt der als Hauptmann verkleidete Schuster, der auf der Straße einige Soldaten unter sein Kommando gestellt hat, das Geld konfiszieren. Zehn Tage später schon wird er verhaftet, zu vier Jahren Gefängnisstrafe verurteilt, allerdings nach zwei Jahren vom Kaiser begnadigt. Fortan reist er mit seiner Geschichte durch die Lande (sogar bis nach Amerika und Kanada), wo er großes Publikum amüsiert. Am 3. Januar 1922 stirbt Wilhelm Voigt, der Schuster aus Tilsit, im fernen Luxemburg, wo er auf dem Armenfriedhof Notre-Dame seine letzte Ruhestätte findet. Peter van Lohuizen

 
     
     
 
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