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Aromatische Bierkirschen und explosives Haus-Süllbier

 
     
 
Warum eine Kirschsorte in Ostpreußen Bierkirschen hieß, konnte mir der auch historisch bewanderte Onkel Fritz eins nur damit erklären, daß ferne Vorfahren ihren vergorenen Saft angeblich ähnlich wi Bier getrunken hätten. Er selbst bevorzugte deren zu Sirup eingekochten Saft als sogenannten Schuß zu seinem sorgsam selbst gebrauten Bier explosiven Charakters Haus-Süllbier genannt.

Die Bierkirschen entstammten einer alt-überlieferten Züchtung mit vielleicht scho langer Tradition. Kleiner und anders als die edler gezüchteten, kostspieligere Weichselkirschen oder Schattenmorellen, besaßen sie aber – bei geringere Säuregehalt – ein Aroma, welches den ausgiebigeren Frischverzehr gestattete Außerdem hielten deren Bäume den harten Wintern auch in rauhesten Zonen robuster stan als die meisten anderen Sorten. Sogar von der bei Gartenfreunden gefürchtete Pilzkrankheit "Monilia" blieben sie weitgehend verschont!

Sorgsam gewaschen und entsteint, landete ihr größter Anteil in den damals vornehmlic zum Einkochen verwendeten Weck- oder Marmeladengläsern und gewährleistete damit bis zu nächsten Jahresernte beste Desserts und Frühstücksfreuden. Auch eingemacht Bierkirschen mit Schlagsahne wurden zum genußreichen Nachtisch für so manche Mittagstisch oder als preiswerte Erfrischung während gelegentlicher Ausflüge ode Wochenmarktbesuche geschätzt. Solche Köstlichkeit hielt zu Friedenszeiten fast jed Gaststätte
bereit, sommers wie winters. Und auf dem Markt fehlte nur selten ei Erfrischungsstand, wo man selbstverständlich auch Kirschen mit Schlagsahne anbot – neben Schmalzbrot, Würstchen, Bratklopsen und sauren Gurken natürlich.

Doch zurück zu dem eingangs erwähnten "Haus-Süllbier". In fes verschließbare Bierflaschen abgefüllt, erzeugte es einen gewaltigen Innendruck, so da man beim Öffnen der Flaschen es mit dem heftig ausschäumenden Inhalt zu tun bekam. Abe gut gekühlt genossen, vermittelte es ein herbfeines Malzaroma, welches keinem der heut bekannten Biere vergleichbar wäre. Also dürfte das überlieferte, alte Hausrezept (nac Friedrich Wehmeyer, 1870–1953) zumindest historisch interessant sein:

Gutes Haus-Süllbier

Zu 4 Litern Wasser gebe man 11/2 Kaffeelot gebrannte Gerste, 3/4 Kaffeelo Wacholderbeeren (beides unzerkleinert), 1 Eßlöffel bayrische Hopfenblüte, zude Zuckercouleur, aus zwei Eßlöffeln Zucker bereitet. Alles zusammen lasse man dann langsa zwei Stunden lang köcheln. Den abgeseihten Sud (durchgesiebt) zunächst erkalten lasse und erst danach einen Teelöffel Hefe – fein zerkrümelt – darunter mischen eine Prise Salz, sowie einen Eßlöffel Zucker dazugetan. – Nun sofort in Bierflaschen abfüllen, aber nicht zu voll! – (Will man das Bier süßer haben, s kann man zwar mehr Zucker beigeben, jedoch um so stärker braust später das Bier aus de Flasche.) Schon nach acht bis zehn Tagen Kellerlagerung ist es genußfertig!

 
     
     
 
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