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Artikel

 
     
 
Er hat viele Erinnerungen geweckt, der Artikel über Auerbachs Deutschen Kinderkalender und seinen „Kalendermann“ Adolf Holst. Auch in mir. Denn ich liebte ihn genauso heiß und innig wie viele Leserinnen und Leser, die uns schrieben. Kein Weihnachtsfest ohne das Jahrbuch mit dem roten Einband mit dem tanzenden Kinderpaar. Mädchen und Junge natürlich. Denn der Auerbach kannte keine Geschlechtertrennung: Er wurde von Mädchen wie Jungen gelesen, er war ein Kinderjahrbuch. „Eine Festgabe für Knaben und Mädchen jeden Alters“, wie der Kalender aus dem Jahr 1916 bekundet. Das war bereits der 34. Jahrgang!

Was machte den Auerbach so lesens- und liebenswert? Es war in erster Linie die Fröhlichkeit, die aus ihm sprach und die sich noch verstärkte, als der bekannte Schriftsteller Adolf Holst 1919 Herausgeber
wurde. Er servierte auch das Belehrende mit leichter Hand, brachte Wissenswertes von Land und Leuten in seiner Reportage „Der Kalendermann auf Reisen“. Er füllte das Jahrbuch mit heiteren Gedichten, die schon das Kalendarium zierten. Ergänzt durch viele Rätsel, ebenfalls in Reimen.

Und dann die Bilder: Kein Beitrag ohne eine Illustration. Das bewirkte, daß schon die Kleinen, die noch nicht lesen konnten, den Auerbach liebten. Für sie war er ein lustiges Bilderbuch, das auch farbige Bildergeschichten für die Kleinsten enthielt. Erzählungen, Märchen, Denkaufgaben, Spiele, Lieder, Gedichte - alles in bunter Reihenfolge. Zum Schluß gab es dann die Plauderecke des Kalendermanns, in der er Kinderbriefe beantwortete.

Was aber den Auerbach so besonders reizvoll machte, waren die lustigen gereimten oder erzählten Geschichten. Vor allem jene, in denen immer wieder die gleichen Figuren vorkamen wie der schwerhörige Onkel Hahnemann. Der Höhepunkt in jedem Kalender war aber „der Brief von Mätzchen Mohr“ an den Kalendermann. In ihm beschrieb der Lausebengel seine Erlebnisse, die immer schlimm ausgingen, besonders für Mätzchen Mohrs Hinterteil, denn er bezog regelmäßig Prügel für seine zwar gutgemeinten, aber gänzlich mißlungenen Taten. Illustriert war der Brief mit Zeichnungen „von ihm selber“, und die rundeten die köstlichen Lausbubengeschichten noch ab. Der richtige Illustrator wurde leider nie genannt. Ich weiß nicht, ob es anderen Leserinnen und Lesern auch so erging: Ich suchte im neuen Kalender zuerst immer die Briefe von Mätzchen Mohr und verschlang sie noch unter dem Weihnachtsbaum. „Mätzchen Mohr“ hatte Adolf Holst schon von seinem Vorgänger übernommen, führte sie aber bis zum Ende des Auerbach 1935 bravourös weiter. Die seit 1925 als Ergänzung zum Kalender herausgegebene Kinderzeitung „Die fröhliche Post“, die bei monatlichem Erscheinen jährlich zwei Goldmark kostete, erhielt ich allerdings nicht. Denn ich bekam ja schon den „Heiteren Fridolin“. Und der war ja auch so lustig mit seinen Bildergeschichten von „Latsch und Bommel“ und dem „Professor Pechmann“, sozusagen Vorgänger der heutigen Comics - aber ohne Sprechblasen, sondern in Versen.

Wenn ich heute einen der drei Jahrgänge, die ich besitze, durchblättere, werde ich auch in meinem Alter wieder zum Kind. Er übt noch immer seinen Zauber aus, der „Auerbach“. Und heute weiß ich, daß er meine Lust zum Lesen gefördert, meine Phantasie beflügelt und meine Freude am heiteren Wortspiel geweckt hat.

Schade, daß es ihn nicht mehr gibt. Werner Müller

*

Eigens zum Weihnachtsfest hat Werner Müller sich bereit erklärt, zwei der Kinderkalender, die sich noch in ihrem Besitz befinden, den Lesern des es zu stiften.

 
     
     
 
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