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Die Berichterstattung über neuere Forderungen ausländischer Vertreter von Opfern des Nationalsozialismus läßt leider die Rechtslage außer acht. Im Unterschied zur Situation nach dem Ersten Weltkrieg, als der Versailler Vertrag eindeutig Reparations- und Wiedergutmachung
sleistungen für Deutschland festgelegt hatte, war es dazu nach 1945 nicht gekommen. Das letzte für ganz Deutschland gültige Abkommen der Siegermächte bis zum Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 war das Potsdamer Protokoll vom 2. August 1945. Es enthält keine konkreten Festlegungen über deutsche Reparations- und Wiedergutmachungsleistungen, weil es darüber unter den Siegermächten keine Einigung gab.

Stalin hatte eine Summe von 20 Milliarden Dollar gefordert, die Amerikaner hielten das angesichts der ungeheuren Kriegszerstörungen und wegen der schlechten Erfahrungen mit den hohen deutschen Lasten nach dem Ersten Weltkrieg für überhöht und wollten die Summe auf zehn Milliarden Dollar begrenzen. Das Protokoll enthält deshalb nur die Empfehlung, jede Siegermacht solle ihre Ansprüche aus ihrer Besatzungszone befriedigen (was selbstverständlich die Entschädigung ihrer Opfer einschloß). Näheres sollte späteren Konferenzen des Alliierten Kontrollrates überlassen bleiben, wozu es wegen des ausbrechenden Kalten Krieges nie mehr kam.

Nimmt man jedoch die praktischen Handlungen der Siegermächte, dann ist Deutschland weit höher als in der ursprünglich von Stalin geforderten Dimension zur Ader gelassen worden. Allein die Abtrennung der deutschen Ostgebiete und die Vertreibung der Einwohner stellt weit mehr als den Wert von 20 Milliarden Dollar dar. Mit ebenfalls weit mehr als dieser Summe muß die fünfundvierzigjährige Ausplünderung der SBZ/DDR durch die Sowjetunion angesetzt werden.

Mit noch einmal dieser Summe sind die auch in Westdeutschland erfolgten Demontagen und Reparationen anzusetzen sowie die Beschlagnahme der verbliebenen deutschen Handels- und Fischereiflotte, der Auslandsvermögen, aller Goldbestände (Raubgold eingeschlossen, wie hätte man es an den Barren erkennen sollen?), der Raub von Kunstschätzen, Patenten, geplünderte Tresore und so weiter.

Mit dem Londoner Schuldenabkommen von 1951/52 hat die erste deutsche Bundesregierung die Regelung der deutschen Auslands-Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegsschulden einschließlich Entschädigungsleistungen (im Sinne des westdeutschen Alleinvertretungsanspruchs für ganz Deutschland) erwirkt, Wiedergutmachung an Israel geleistet, den Lastenausgleich erbracht und nach Abschluß der Ostverträge in den siebziger Jahren sogar Milliarden an die kommunistischen Regierungen für die Entschädigung von ehemaligen Gefangenen und Zwangsarbeitern gezahlt, die jedoch in den staatlichen Schluderwirtschaften versandet sind.

Die Aufzählung ist unvollständig. Experten beziffern diese Leistungen auf rund 200 Milliarden Dollar. Kurzum: Deutschland ist für den von ihm begonnenen und verlorenen Krieg in einer Höhe bestraft worden wie vor ihm kein anderes Volk in der bisherigen Weltgeschichte – auf jeden Fall um ein Vielfaches höher, als ihm die Siegermächte im Sommer 1945 unter dem unmittelbaren Eindruck der deutschen Verbrechen zuzumuten wagten.

Das ist mit Hintergrund dafür, daß es 1990 zu keinen Friedensverhandlungen mit einem förmlichen Friedensvertrag gekommen ist. Dabei hätten nämlich Verluste und Forderungen gegeneinander aufgerechnet werden müssen, was angesichts der ungeheuren Verbrechen und Umwälzungen im Europa dieses Jahrhunderts gar nicht zu leisten gewesen wäre.

Nach dem Zwei-plus-Vier-Vertrag ist Deutschland aus allen Festlegungen der früheren Siegermächte befreit, an keine aus nationalsozialistischem Regime und Krieg herrührenden äußeren Zwangsauflagen mehr gebunden und völlig souverän. Daher gibt es auch keine rechtlichen Haftungen mehr für Unternehmen. Die heutigen Konzerne sind nur zum Teil identisch mit den gleichnamigen Vorkriegsunternehmen. Sie haben die Interessen ihrer jetzigen Eigentümer, Kunden und Mitarbeiter wahrzunehmen. Es ist an der Zeit, daß Bundesregierung und Parlament das Recht verteidigen, auch Unternehmen vor ungerechtfertigten Forderungen schützen und verhindern, daß die Enkel und Urenkel für Schandtaten in Regreß genommen werden, die sie nicht begangen haben.

 
     
     
 
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