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          Seit     dem Beginn des systematischen Abbaus der Bernsteinvorkommen in Ostdeutschland hat man     außergewöhnliche und wissenschaftlich wertvolle Bernstein-Funde     und Fossileinschlüsse in Sammlungen zusammengetragen. Mehrere von ihnen sind in     der Albertus Universität Königsberg zusammengeführt worden: die Bernsteinsammlungen der     Königlich Physika-lisch-ökonomischen Gesell-schaft zu Königsberg, des     Provinzialmuseums von Ostdeutschland, der Firma Stantien & Becker, die bis 1901 den     Bernsteinabbau an der Kurischen Nehrung    und in Palmnicken betrieb, und von Richard Klebs,     die bedeutendste private Sammlung von Bernstein-Inklusen. 
       Der größte Teil dieser mit 100 000 Stücken größten und     bedeutendsten Bernstein-sammlung der Welt ist im Kriege unwiederbringlich zerstört     worden. Ein kleiner Teil wurde 1944 durch einen Kurier nach Göttingen, der     Patenuniversität von Königsberg gebracht. Prof. Andrée, Leiter der Sammlung und Rektor     der Universität Königsberg, hatte veranlaßt, daß wissenschaftlich besonders wertvolle     Stücke in dem Kalischacht Volpriehausen eingelagert wurden. Von dort gelangten sie in das     geologisch-paläontologische Institut der Universität, wo sie für die Stiftung     Preußischer Kulturbesitz wissenschaftlich betreut und aufbewahrt werden. Es handelt sich     um 12 000 Stücke mit Fossileinschlüssen, außerdem ur- und frühgeschichtliche     Funde, darunter einige der ältesten bekannten Bernsteinschnitzereien der sogenannten     Schwarzorter Funde aus der Jung-Steinzeit sowie kunst- und kulturgeschichtliche Exponate. 
       Von besonderem wissenschaftlichem Wert sind die Fossil-Inklusen, denn sie verwahren in     ganz ausgezeichneter Erhaltung die im fossilen Harz überlieferten Reste von Tieren und     Pflanzen der tertiären Welt vor 45 Millionen Jahren. Sie sind eine wichtige Datenbasis     der internationalen Evolutionsforschung. Eine Vielzahl von wissenschaftlichen     Bearbeitungen von Forschern aus aller Welt gründen sich auf das Material dieser Sammlung.
       Die Königsberger Bernstein-sammlung der Universität Göttingen stellt ein Kulturgut     von internationalem Rang dar. Sie ist jedoch stark gefährdet. Bernstein altert     insbesondere im Kontakt mit Luftsauerstoff, bis er schließlich braun, nahezu     undurchsichtig und damit für die wissenschaftliche Untersuchung der Einschlüsse     unbrauchbar wird. Auch große Teile der kunstgeschichtlichen Sammlung weisen derartige     Schäden auf. 
       Nur eine baldige Konservierung könnte Abhilfe schaffen. Für eine solche Maßnahme     scheint jedoch das Geld zu fehlen. Förderorganisationen wie staatliche Stellen winken ab.     Es ist deshalb zu befürchten, daß nach der Vernichtung eines großen Teils der     Bernstein-sammlung in Königsberg nun auch der Teil, der den Krieg überlebt hat,     zerstört wird.
 
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