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Der Frühjahrsputz naht

 
     
 
Vatche, hol mal die Trittleiter und hilf mir, die Gardinen abzunehmen!" So brutal aus der Zeitungslektüre herausgerissen, brummelt Willi etwas Unverständliches, aber sicher nichts Zustimmendes in seinen Bart, kommt dann aber doch langsam mit der Leiter angeschlurft. Vor Hausarbeiten drückte er sich gern, in der Meinung, daß diese nur Sache der Wiewersleut seien. Einen richtigen Mann ginge so etwas nichts an. Mit der Zeitung unter dem Arm verzieht er sich ins Nebenzimmer und ist erleichtert, damit seiner Frau entronnen zu sein. Die Freude dauert nicht lange, denn mit Eimer und Schrubber bewaffnet erscheint hier die zu Besuch weilende Tochter und spenkert ihn einfach respektlos hinaus.

Beim Hausputz werden die Frauen wild. Ein gescheiter Mann tut gut daran, das Weite zu suchen. Mit den Langhaarigen ist an solchen Tagen kein Auskommen, da sieht man sich am besten nach Männergesellschaft um, die verlangt keine tätige Mithilfe, und überhaupt kann man mit Männern vernünftiger reden. Er zieht sich die Straßenschuhe an und entwischt heimlich durch die Hintertür.

Peter, der junge Nachbar, kommt ihm mit geschulterter Harke von der Wiese her entgegen. Er will Rat von dem Älteren haben, wie er es anstellen solle, auch so eine Frau zu finden, wie Willi sie hat. Sie sollte hübsch aussehen, fröhlich sein, gut kochen können und das Haus sauber halten. Er hatte Pech, schon zum zweiten Mal ist er mit einem Mädchen reingefallen. Bald dreißig wird er nun und ist immer noch allein, da behuckt die Traurigkeit einem doch das Gemüt. Ja, was soll man da für einen Rat geben? Daß seine Ehe vorbildlich erschien, schmeichelt Willi etwas, und er glaubt auch, daß das Lob berechtigt sei. Er kann ihm nur die Hoffnung mit auf den Weg geben, daß eines Tages bestimmt die Richtige vor ihm stehen werde, denn jedes Töpfchen findet auch sein passendes Deckelchen.

An der Omnibushaltestelle entdeckt Willi seinen ehemaligen Schulfreund Karl und begrüßt ihn mit der Frage, ob er auch wegen dem Hausputz vor seiner Frau Reißaus genommen habe. "Ach, ich wünschte, sie wäre zu Hause und ich könnte ihr beim Putzen helfen. Sie liegt im Krankenhaus, und es steht gar nicht gut um sie. Jeden Tag fahre ich zu ihr in die Stadt."

Nachdenklich geht Willi weiter und steuert dann den alten Link an, der gerade aus dem Krug kommt. Mit seinen fast 80 Jahren ist er noch gut beieinander, nur mit dem Gehör will es nicht mehr so recht klappen. "Na, wie geht es denn so immer, Opa Link?" - "Nein, nein, flink bin ich schon lang nicht mehr. Im Krug habe ich mir nur mal einen Hering fürs Mittagessen geholt." - "Gut siehst du aus, warst in letzter Zeit wohl alleweil gesund?" - "Der Hund ist im vorigen Monat eingegangen, war ja auch schon an die dreizehn Jahre alt. Einen neuen schaff ich mir nicht mehr an, macht zu viel Arbeit." - "Schönen Sonnenschein haben wir heut." - "Ach, laß mich in Ruh mit den Leut. Sie reden nur damlichen neumodischen Kram." Mit einer abwinkenden Handbewegung kommt die genervte Entgegnung: "Kreuzweis kannst mich! Mit dir ist es doch stets dasselbe Lied." - "Dank dir schön, aber guten Appetit brauchst du mir dazu nicht extra zu wünschen, einem leckert doch mal so richtig nach was Herzhaftem."

Auf dem Absatz macht Willi kehrt und drückt damit seinen inzwischen vollzogenen Sinneswandel aus: heim zu den Wiewersleut. Im Hausflur zieht er sich schnell die Filzpantoffel an, klapst seiner besseren Hälfte freundlich aufs Hinterteil und fragt voller Tatendrang, wobei er ihr helfen könne.

 

Lebenszeit

von Gert O.E. Sattler

Freu dich über jeden Tag,

wenn s auch stürmt und schneit.

Komme, was da kommen mag:

Nutze deine Zeit!

Diese Welt ist wunderschön,

ob die Sonne scheint

oder ob aus Wolkenhöh n

wild der Himmel weint.

Schau zum Meer der Sterne auf

und erfahre still:

Alles kreist im Lebenslauf,

weil s der Schöpfer will.

Lebe gern zu deiner Zeit,

die dich trägt und hält:

Gott und seine Ewigkeit

sind das Heil der Welt.
 
     
     
 
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