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Der gespenstische Zug der Krähen

 
     
 
Am Abend kam ein Trupp Frauen die Straße entlanggelaufen. Sie glichen einem Rudel Wölfe oder besser noch einem Schwarm Krähen, durch ihre dunklen Kleider und flatternden Umschlagtücher. Ein Mann mit einem Hundewagen, von ihm und einem Hund gezogen, war der Anführer der Gruppe. Auf seinem Gefährt saß eine alte Frau.

"Wozu fährst du im Karren?" riefen die anderen. "Hat dich die Sache schwach gemacht?"

"Unsinn, es ist ganz alltäglich, was hier los is. Habt ihr s vergessen, wie das war? Jedenfalls brauchen wir den Wagen noch heute. Paßt auf,
ihr werdet es schon sehen."

Es war ein gespenstischer Zug, der durch die regennassen Straßen zog. Die Leute traten vor die Türen und sahen ihm nach. Immer wieder schlossen sich neue Gruppen von Frauen an. Sie gingen den Weg durch enge Gassen an den Speichern vorbei und weiter hinunter zum Hafen. Es roch nach Teer und Fischabfällen. Ein frischer Wind wehte, und Boote schwebten aufwärts zum Meer hin und weiter in die Wolkenfelder des Nachthimmels.

Der merkwürdige Zug vermummter Gestalten hielt vor einer Kneipe an, in der Matrosen verkehrten und die ganze Nacht hindurch Musikanten spielten. Die Frauen gruppierten sich um dieses Haus. Sie standen da, in ihren Kleidern, in denen sie Steine und Flaschen verborgen hatten, die sie jetzt gegen die Tür der Kneipe schleuderten.

Das Licht in den Räumen erlosch. Der Wirt erschien, ein dikker Mann. Sie nannten ihn Zarpe.

"Hört auf", schrie er. "Ich weiß schon, wen ihr sucht; jeder in diesem verfluchten kleinen Kaff spricht schon von der Sache. Ich bring euch den Kerl heraus, obwohl ich ihn schwer entbehren kann. Aber, zum Teufel, macht mit ihm, was ihr wollt. Ich will mit seinen Machenschaften nichts zu tun haben. Bei Gott nicht. Es ist so."

Bald kehrte Zarpe mit einem seiner Musiker zurück. "Da habt ihr ihn", sagte er. "Seht zu, wie ihr die Sache in Ordnung bringt."

Die Frau im Hundewagen richtete sich auf. "Wo hast du das Mädchen?" rief sie. "Hast sie wohl schon zur Strecke gebracht?"

"Nein", stotterte der junge Mann. "Es ist nichts mit ihr geschehen. Sie wird es dir selber sagen. Du kannst sie wiederhaben. Ich gehe sie jetzt holen und lass dir meine Geige zum Pfand."

Die Alte nahm das Instrument entgegen. Sie hob es unter das Kinn, unter den wackligen Kopf, und begann eine Melodie zu kratzen, nach der sie früher getanzt haben mochte, sie und die anderen Frauen, vor einer langen Reihe von Jahren. Und die Krähen begannen zu krächzen und umher-zuhüpfen. Verrückt waren sie, und alt, fast zu alt. Endlich kam der Mann, dem die Geige gehörte, zurück. Er hielt ein Mädchen an der Hand. "Sie ist unschuldig wie ein Engel", sagte er heiser. Sie fingen nun alle zu lachen an, diese Weiber, die das Lokal umstanden. Sie führten böse Reden und derbe Witze. Es war keine Freude, ihnen zuzuhören.

Die Frau im Hundewagen drehte sich um: "Hört auf dahinten, ihr mit eurem Gewäsch. Was gibt s da schon zu lachen? Habt wohl alle vergessen, wie es war. Euer Himmel ist alt und eingestürzt. Es gibt nur noch Öde bei euch und keine kleinen Kinder mehr. Aber du, junger Mann, was willst du nun haben, meine Enkelin oder die Geige?"

Der junge Mann griff schnell nach dem Instrument. "Ich darf nur so wählen, sie ist mein Brot", sagte er. Er klemmte die Geige unter den Arm und ging eilig in die Kneipe zurück. Und als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, hörte man ihn schon wieder für seine Gäste spielen.

Nur draußen war es jetzt still. Die alte Frau rutschte langsam vom Hundewagen herab. Sie ging zu dem Mädchen, das allein vor der Kneipe stand. "Komm, Kind", sagte sie. "Der Wagen ist für dich da. Wie sollst du schon gehn. Glieder wie Blei. So ist das, wenn es aufhört, dieses Gute, zwischen Mann und Frau."
 
     
     
 
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