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Der lange Marsch in die linke Mitte

 
     
 
Es hat immer einen faden Beigeschmack, wenn Menschen ein Amt, ein Mandat oder einen Arbeitsplatz verlieren und ganz "zufällig" bei dieser Gelegenheit entdecken, wofür und wogegen sie eigentlich schon immer waren. Das klingt nach Retourkutsche und persönlichem Rachefeldzug. So hatte sich auch der vormalige Hamburger Justizsenator Roger Kusch den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt ausgesucht, als er - wenige Tage nach seiner Amtsenthebung durch Bürgermeister Ole von Beust - ein Interview im "Hamburger Abendblatt
" zur Fundamentalkritik an der CDU nutzte. Immerhin hatte er 30 Jahre lang Zeit und Gelegenheit gehabt, darüber nachzudenken, ob er in dieser Partei seine politische Heimat finden kann. Die Antwort fand er wenige Stunden nach der Entlassung aus dem Senat: Noch am selben Tag gab er sein Parteibuch zurück.

Dennoch lohnt es sich, über seine Begründung nachzudenken. Er habe sich vor über drei Jahrzehnten aufgrund seiner konservativen Grundüberzeugungen der CDU angeschlossen. Seit einigen Jahren aber beobachte er, wie die Partei sich "in kräftigen Schritten nach links bewegt".

Kusch meint damit nicht nur die Hamburger, sondern die Bundes-CDU insgesamt. Und insbesondere deren Vorsitzende: Angela Merkel führe Deutschland "spürbar in eine sozialdemokratische Gesellschaft". Daher bereue er es inzwischen, ihr als Kanzlerkandidatin seine Stimme gegeben zu haben.

Beispiele gefällig? Was Merkels Generalsekretär Kauder neuerdings zur Gesundheitsreform vorschlage, sei "links von der SPD", nämlich "DDR light". Und was heute als christdemokratische Familienpolitik daherkomme, erinnere ihn an "Vollversorgung nach DDR-Vorbild". Der Ex-Senator stellt in Frage, ob staatliche Kinderbetreuung wirklich der individuellen überlegen ist (so die heute übliche, politisch korrekte Sichtweise). Stattdessen laute die angemessenere Frage, "wie wir Eltern besser bei der Erziehung ihrer Kinder unterstützen können".

Natürlich handelt Kusch sich damit den Vorwurf eines "rückwärtsgewandten Familienbildes" ein. Das geht in unserem Lande inzwischen jedem so, der es noch für richtig hält, daß Kinder zuvorderst von ihren Eltern erzogen werden sollen - und daß dafür ein Elternteil zeitweise sein berufliches Fortkommen hintanstellen muß.

Wer so denkt, wird in den Medien als ewiggestrig ("Heim-und Herd", "Kinder, Küche, Kirche") verspottet und ist - man nennt dies "Kampf gegen rechts" - zum Abschuß freigegeben. Die CDU hat sich dieser unseligen Entwicklung nie konsequent entgegengestellt. Im Gegenteil: Sie hat Wertkonservative und Patrioten - einst ihre Stammwählerschaft - im Stich gelassen, sich dem Zeitgeist angepaßt und ihren Standort zunächst in der Mitte, dann auch immer weiter links davon gesucht. Und gefunden; ihre Sozialdemokratisierung ist bereits weit fortgeschritten.

Für Menschen aber, die sich rechts der Mitte einordnen (ohne deshalb radikal oder extremistisch zu sein!), biete die CDU keine politische Heimat mehr, so der geschaßte Hamburger Ex-Senator. Diesem bitteren Fazit ist nichts hinzuzufügen.
 
     
     
 
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