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Des Königs Harem

 
     
 
Blonde Locken, braunes, offenes Haar, rabenschwarzer Schopf. Elegant, unschuldig, aristokratisch oder verwegen blicken sie drein, die 36 im Münchner Schloß Nymphenburg auf Gemälden verewigten Frauen, die der Bayernkönig Ludwig I. für seine Schönheitengalerie als würdig erachtet hat.

Das Besondere an den zwischen 1826 und 1850 von dem Monarchen in Auftrag gegebenen Frauenporträts ist die Tatsache, daß alle Damen vor allem wegen ihrer Schönheit in diese Galerie aufgenommen wurden. Hierbei war unerheblich, welcher Gesellschaftsschicht sie entstammten, und so hängt nun das Bildnis einer Grafentochter neben dem der Tochter eines kleinen Schneidermeisters.

Schon als Kronprinz hatte Ludwig die Idee, "die Schönsten der Schönen in München zu sammeln" und in Joseph Stieler, dem Hofmaler seines Vaters, fand der junge Prinz den für die Umsetzung
seiner Wünsche idealen Künstler. Stielers nüchterner Malstil sorgte dafür, daß alle Bildnisse von einer Kontinuität geprägt sind, die nicht die jeweilige Mode, sondern die zeitlose Schönheit der jeweils Dargestellten in den Mittelpunkt rückt.

Zu Beginn des Jahres 1826 begann Stieler in der Münchner Residenz mit der Arbeit an dem Porträt der Maximiliane Borzaga. Die Entscheidung, wer für die Galerie porträtiert werden durfte, verlief ganz unterschiedlich. Häufig machte Stieler Vorschläge und der König wählte aus, welche Dame er für seine Sammlung für schön genug hielt. Hin und wieder kamen aber auch durchaus die Vorschläge von Ludwig selbst, der bei so mancher besonders reizvollen Dame auch bei den Sitzungen persönlich zugegen war. Aber auch andere, die von der Leidenschaft des Bayern wußten, machten ihm ihre Vorschläge. So soll sogar seine Gattin Kandidatinnen für die Galerie genannt haben.

Auch fand der Monarch durchaus Zeit, sich von der Schönheit einiger namentlich an ihn herangetragener Damen selbst zu überzeugen. So notierte er am 15. April 1841: " ... in die Restauration Boydel, seine Tochter zu sehen, ob sie für die Schönheiten Sammlung sich eignet ..."

Doch wer einmal ausgewählt worden war, wurde nicht automatisch in die königliche Sammlung übernommen. So wurde Constanze Dahm zweimal von Stieler gemalt, doch jedes Mal empfand Ludwig I. die Ähnlichkeit mit dem Original als nicht groß genug und lehnte das Werk ab. In der Öffentlichkeit munkelte man gar, die Schönheitengalerie zeige nur den "Harem" des Königs. Er selbst aber betonte stets, daß für ihn die Tugendhaftigkeit und die Frömmigkeit der Abgebildeten sehr wichtig sei. Unschuld war für Ludwig das höchste Gut, von der er meinte, daß sie sich in der Schönheit der Frauen präsentieren würde. Für viele der Damen mag dies zutreffend gewesen sein, aber eben durchaus nicht für alle. So kann man beispielsweise den Lebenswandel von Caroline Gräfin Holnstein nach damaligen Maßstäben als alles andere denn solide bezeichnen. Die 1815 als Freiin von Spiering Geborene wurde mit 16 Jahren mit dem Königlich bayrischen Kämmerer Graf von Holnstein verehelicht. Doch schon 1836, zwei Jahre nachdem die Schöne für Ludwigs I. Galerie gemalt worden war, verließ sie ihren Gatten und wandte sich dem verheirateten Kürassieroffizier Freiherr von Künsberg zu, der sie nach dem Tod seiner Gattin zur Geliebten nahm und sie 1857 nach dem Tode ihres Gatten auch heiratete.

Ähnlich Lady Jane Ellenborough. Die Tochter eines britischen Admirals wird als 16jährige mit dem 71jährigen Politiker Edward Earl of Ellenborough verehelicht, doch nach der Geburt des ersten Kindes verläßt sie ihn, um mit Felix Prinz Schwarzenberg nach München zu gehen, wo Ludwig I. auf die Schönheit aufmerksam wird. Trotz Scheidung will sie ihr Geliebter jedoch nicht heiraten und so wendet sie sich dem Freiherrn von Venningsen-Ulner zu, von dem sie sich jedoch wieder scheiden läßt, um in dritter Ehe dem griechischen Grafen Theotoki nach Athen zu folgen. Mit 45 Jahren heiratete sie zum letzten Mal - den syrischen Scheich Abdul, den sie auf einem Ritt von Beirut nach Babylon kennengelernt hat.

"Entgegen der allgemeinen Ansicht kann ich mitteilen, daß es sich ... nicht um intime Beziehungen des Königs gehandelt hat." Doch die Aussage, zu der sich Prinz Adalbert von Bayern hatte hinreißen lassen, wurde zumindest in einem Fall von der Wirklichkeit widerlegt. Er kostete Ludwig sogar den Thron.

1847 kam die Tänzerin Eliza-beth Rosanna Gilbert, Tochter eines schottischen Offiziers und einer irischen Landadeligen, nach München. Als Lola Montez umgarnte sie zielstrebig König Ludwig I. von Bayern, der sie alsbald zu seiner Geliebten machte, ein Porträt für seine Galerie malen ließ und immer mehr unter ihren Einfluß geriet. Einen Einfluß, den sie geschickt gegen die Jesuiten und die konservativen Kräfte in der Regierung einzusetzen wußte. Die schöne, starke und intelligente Favoritin der Schönheitengalerie wußte ihre Beziehung zum Bayernkönig zu nutzen und so erhielt sie einen Adelstitel (Gräfin von Landsfeld), finanzielle Unterstützung und ein Palais von Ludwig.

Einige der anderen Dargestellten in der Schönheitengalerie wehrten sich dagegen, daß ihre Porträts mit dem der Montez in einem Raum gezeigt wurden. Die Marchesa Florenzi-Waddington verbat sich im Januar 1848 entschieden, daß ihr Bild neben dem der Montez hing. Doch der König ließ nicht von der tanzenden Abenteurerin. Als sich die Minister offen gegen die "bayerische Pompadour" auflehnten, kam es zum Eklat. Die aufgebrachte Lola schrieb sich in eine genehmigte Studentenverbindung ein und hetzte die Studenten gegen Ludwig auf. Obwohl die Unruhen unblutig verliefen, war der Ruf Ludwig I. ruiniert. Zudem stellte sich auch noch seine Familie gegen ihn. Die Minister sympathisierten mit dem Volk. Am 16. März 1848 folgten erneute Unruhen, denn Lola war nach der Verbannung, die nach der Aufhetzung der Studenten über sie verhängt worden war, wieder nach München gekommen. Ludwig mußte die Frau polizeilich suchen lassen, was für ihn eine besonders schlimme Demütigung war.

Am 20. März 1848 dankte Ludwig I. schließlich zugunsten seines erstgeborenen Sohnes Maximilian II., dem Vater des späteren Schlösserkönigs Ludwig II., ab.

Doch auch als Privatier und Witwer konnte Ludwig nicht vom schönen Geschlecht lassen. Nach mehreren Liebschaften verfiel der alte Mann der 20jährigen Hofdame seiner Tochter, der er Liebesgedichte schrieb und die er für seine Galerie malen ließ. 1861 machte er der jungen Frau sogar einen Heiratsantrag, den Carlotta von Breidbach-Bürresheim jedoch ablehnte. Die Münchner Schönheitengalerie ist also nicht nur eine Sammlung von schönen Frauenporträts, sondern neben zahlreichen pompösen Bauwerken eine weitere Hinterlassenschaft des von Schönheit besessenen leidenschaftlichen Bayernkönigs und durchaus einen Besuch wert.

Schönheiten in edler Umgebung: Blick in die Galerie von Schloß Nymphenburg Foto: Bayerische Schlösserverwaltung
 
     
     
 
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