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Deutsche an die Front?

 
     
 
Die Zusage der deutschen Bundesregierung für eine unbedingte Unterstützung der Vereinigten Staaten von Amerika im Kampf gegen den Terrorismus wird nun an der Realität der verfügbaren deutschen militärischen Mittel zu messen sein. Irgendwann, so befürchtet Verteidigungsminister Rudolf Scharping, wird die Grenze der Leistungsfähigkeit der Bundeswehr erreicht sein. Es ist aber anzunehmen, daß die Bundeswehr diese Grenze schon überschritten hat. Bei einer nach Ankündigung der Scharping-Reform bereits heruntergefahrenen Personalstärke von knapp 200.000 Berufs
- und Zeitsoldaten mit der parallel dazu erfolgten Kürzung beim Wehrmaterial, sind alle Wünsche nicht mehr zu erfüllen.

Auf dem Balkan stehen Weihnachten 2001 rund 8.000 deutsche Soldaten im Einsatz, um dort den zerbrechlichen Frieden zu sichern. Für den Kampf gegen den Terrorismus bereiten sich nun zu einem Kontinente überschreitenden Einsatz 3.900 Soldaten vor. Und zusätzlich werden zwischen 1.000 und 2.000 Mann - Rudolf Scharping schätzt im Dezember 2001, daß die Zahl etwa in der Mitte liegen dürfte - für einen Einsatz in Afghanistan ausgebildet. Stehen diese rund 13.000 deutschen Soldaten im Einsatz, dann müssen für ihre Ablösung weitere 13.000 vorbereitet und ausgebildet werden. Wie man auch rechnet, durch die von der Bundesregierung eingegangenen Verpflichtungen sind bereits rund 40.000 Soldaten der Bundeswehr gebunden. Unter Berücsichtigung der Bundeswehrbasis und der Soldaten, die in der allgemeinen Grundausbildung stehen oder andere notwendige Aufgaben in Deutschland und der Nato zu erfüllen haben, hat die Bundeswehrführung wohl keine Kräfte mehr für weitere Aufgaben zur Verfügung.

Nun versichern die politische und auch die militärische Spitze, daß an dem Konzept einer Verkleinerung der Bundeswehr mit verringerter Personalstärke, verkürzter Wehrdienstdauer und verringertem Materialbestand nicht gerüttelt werden könne, um die Effizienz der Truppe zu erhöhen. Noch spricht kein Parlamentarier - außer in den Oppositionsbänken von CDU und CSU - über die Finanzierung der zusätzlichen Aufgaben. Es wird schon werden, tröstet man sich im Berliner Reichstag. Hoffentlich! Denn jeder Abgeordnete des Deutschen Bundestages wird sich einmal verantworten müssen, ob er mit seiner Zustimmung zu diesen weltweiten Aufgaben auch gleichzeitig Sorge dafür getragen hat, daß der deutsche Soldat für diese Aufträge optimal ausgerüstet und ausgebildet ist.

Hinsichtlich der finanziellen Ausstattung wird Finanzminister Eichel sicherlich die notwendigen Mittel bereitstellen. Mehr aber nicht. Ob das Geld auch für einen vernünftigen Friedensbetrieb der Verbände noch ausreicht, ist eine andere Frage. Rudolf Scharping bemüht sich, so viel wie möglich an Aufgaben aus der Bundeswehr in den zivilen Bereich zu verlagern. Doch sparen wird er dabei nicht, das zeigt sich bereits heute. Mit dem neuen Einsatz in Richtung Kabul ist die Bundeswehr hinsichtlich Führungs- und Fernmeldematerial bereits auf die Hilfe von außen angewiesen, wie am Wochenende berichtet wurde. Sie muß sich Gerät bei den Verbündeten borgen.

Der Soldat der Bundeswehr ist heute bereits bis zur Grenze seiner Fähigkeiten belastet. Dies war allerdings schon unter Minister Volker Rühe so, das sollte nicht übersehen werden. Aber damals glaubte man noch, und zwar nicht ganz unbegründet, daß sich schon alles regeln werde zu seiner Zeit. Die Zeit heute aber ist eine andere als in den neunziger Jahren. Die Begriffe „Kannibalismus“ bei Instandsetzung von Material und Waffen, Strecken und Schieben bei der Materialbeschaffung und ständige Aushilfen bei der Ausbildung sind dem Soldaten seit Jahren wohlvertraut. Doch jetzt wird möglicherweise scharf geschossen werden. Das ist nun wirklich etwas anderes, als die Vorstellungen des Bundespräsidenten Heinemann über den Ernstfall des deutschen Soldaten. Dieser Ernstfall ist heute gegeben!

Was noch vor anderthalb Jahren bei Erteilung des Auftrages an die Weizsäcker-Kommission, über eine neue und schlankere Struktur der Bundeswehr nachzudenken, vernünftig schien, ist leider durch den Ernstfall Afghanistan überholt worden. Die Bedingungen einer Lagebeurteilung haben sich erheblich verändert. Das Feindbild ist ein anderes als vor einem Jahr, die Einsatzräume, die eigenen Kräfte und Mittel sind verändert, der Auftrag wurde hingegen erheblich erweitert bei Kürzung der Personalstärken. Die Bundeswehr steht im Einsatz mit den verfügbaren Mitteln. Mehr hat sie heute kaum zu bieten, und der Kanzler sollte mit weiteren Zusagen behutsam umgehen und nicht aus der Hüfte schießen. 

 
     
     
 
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