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Die CDU wirkt beinahe desorientiert

 
     
 
War es für Sie selbstverständlich, mit 15 Jahren in die sogenannten "Neue Bundesländer" zu gehen?

In Berlin sind wir mit der Mauer aufgewachsen und haben uns nie als "Wessis" gefühlt. Ich bin familiengeschichtlich und konservativ erzogen worden. Seit 1987 war ic regelmäßig in Thüringen. Den 10. November 1989 habe ich ebenso wie den 3. Oktober 199 am Brandenburger Tor erlebt. In das Heimatland der Familie zurückzukehren, die Möglichkeit, die Stiftung mit aufzubauen und die Vereinigung Deutschlands im kleinen zu erleben, das war für mich eine Herausforderung
.

Seit wann sind Sie politisch aktiv?

An der Einheit Deutschlands festzuhalten, das war auf einem Westberliner Gymnasium in den achtziger Jahren etwas Einsames, beinahe Anstößiges. Ich habe mich früh a politischen Streit gewöhnt. Als die Einheit kam, die politisch gestaltet werden mußte war es für mich selbstverständlich, nicht abseits zu stehen.

Wie sieht Ihre Bilanz der Einheit aus?

Das ist nicht einfach mit "positiv" oder "negativ" zu beschreiben Es wurde sehr viel erreicht, und wir müssen auf die großartigen Erfolge auch imme wieder deutlich verweisen. Wir sollten aber auch kritisch Bilanz ziehen. 1990 wurde nich klar gesagt, was auf die Deutschen zukommt, daß es nicht einfach wird. Die Erwartunge waren bei einigen zu hoch. Enttäuschung ist die Folge. Persönlich hatte ich übrigen nicht ein einziges Mal Probleme in Thüringen. Mein Ziel war von Anfang, der Einheit de Vaterlandes zu dienen. Auf dem Internat in Roßleben waren schon 1993 Schüler aus gan Deutschland, und da gab es keine Ost-West-Spaltung, sondern eine deutsche Stimmung.

Die Junge Union ist die mitgliederstärkste politische Jugendorganisation. Welch Bedeutung hat sie?

Unter der Vorsitzenden Hildegard Müller hat die JU Deutschlands innerhalb der Union a Einfluß gewonnen. Wie groß allerdings die reale Macht ist, ist schwer einzuschätzen Das wird sich erst bei Meinungsverschiedenheiten zeigen. In Thüringen nutzt die JU, dere Mitglieder zu 75 Prozent nicht in der CDU sind, allerdings die zahlreichen Möglichkeiten auf bestimmte Themen Einfluß zu nehmen, ohne sich der CDU anzupassen. Wir verstehen un vor allem als kritischer Anreger, bringen Themen und Schwung in die CDU und wollen ihr Mu zu Kampagnen machen.

Warum gehen junge Leute in die JU?

Aus sehr unterschiedlichen Gründen. Einige suchen bloß Anschluß und Spaß, manch wollen Kontakte knüpfen und glauben, wenn sie dem Ministerpräsidenten einmal im Mona die Hand schütteln, dann klappt das mit der Karriere. Und andere wollen politisc handeln, um die Gestaltung der Zukunft nicht dem politischen Gegner zu überlassen.

Es gibt nicht wenige Politiker in der CDU, von denen man nicht weiß, wofür si eigentlich stehen. Beginnt in der JU das Verbiegen?

Es gibt in der JU – wie in allen anderen politischen Jugendorganisationen kau anders – nicht wenige, die schnell nach oben wollen und sich entsprechend anpassen Die sind gezwungen, sich den Stimmungen unterzuordnen und sich also inhaltlich möglichs nicht grundsätzlich festzulegen. Es gibt allerdings viele andere, denen es um die Sach geht. Das ist auch eine Frage der persönlichen Unabhängigkeit und der Souveränität Die Berufspolitikerkarriere: erst JU und Studium, dann 40 Jahre Bundestag Alterspräsidentschaft und womöglich im Amt sterben ... das ist zumindest nicht mei Ziel.

Viel Zeit und Kraft fordern Machtgewinn und Machterhalt innerhalb der eigene Partei. Muß ein junger Politiker es nicht jedem recht machen – und ist er, wenn e das einige Jahre durch hat, ohne politischen Charakter?

Es ist ein großer Fehler, politische Karrieren zu planen. Die Gefahr, immer nur nac Mehrheiten innerhalb und außerhalb der Partei zu schauen und am Ende ohne eigene Meinun dazustehen, ist dann groß. Die Entscheidung muß jeder für sich treffen: Stehe ich fü meine Überzeugungen ein, auch auf die Gefahr, einmal nicht dabeizusein – oder pass ich mich an. Allerdings war das wohl nie anders. Es mag sein, daß heute besonders vie Farblosigkeit das Bild der Politik prägt. Das läßt sich nur durch mehr Unabhängigkei der politischen Akteure ändern.

Parteienkritiker meinen, die politische Klasse sei abhängig, sei gefangen in eine Netz von Begünstigungen. Lobbyismus zerstöre den Staat. Hat unser Parteiensyste Zukunft?

In unser parlamentarisches System habe ich Vertrauen, auch wenn Politiker übe Veränderungen entscheiden müssen, die sie selbst betreffen. Unser System freilich setzt um diese Strukturschwäche auszugleichen, auf eine traditionelle Auffassung von Politi als Dienst. Wenn die politische Ethik der Nachkriegszeit ausgehöhlt ist, und dafür gib es ja nach 30 Jahren Meinungsführerschaft der 68er Anzeichen, dann funktioniert da System nicht mehr. Und dann muß es vom Volk verändert werden. Prinzipiell stehe ich zwa plebiszitären Elementen skeptisch gegenüber, aber wenn die politischen Eliten versagen dann muß das Volk sprechen. Eliten müssen weitsichtig führen, sonst sind si überflüssig.

Führt unsere Mediendemokratie nicht dazu, daß derjenige Politiker am weiteste kommt, der die wenigsten Fehler macht – und also keine festen Positionen bezieht?
 
     
     
 
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