A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
     
 
     
 

Die Zukunft ist da

 
     
 
Die Ausschreitungen hielten die Deutschen dann tagelang in Atem.

Für die rotgrüne Bundesregierung konnten die Krawalle mit Toten und Verletzten ungelegener nicht kommen. Noch vor wenigen Wochen wollten die glücklich ins Amt Gelangten das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht gründlich auf ihre multikulturellen Ideen hin umstricken. Wer (übrigens auf ein entsprechendes Öcalan-Zitat abhebend) die Gefahr am Horizont sah, daß hier auch eine Truppe begünstigt werden könnte "gefährlicher als die RAF", der wurde mit empörter Mine zum Rassisten gestempelt.

Dann folgte die Hessenwahl und mit ihr der deutliche Hinweis, daß auch die deutschen Normalbürger von den grünroten Phantasien alles andere als angetan sind.

Mit den Veitstänzen der PKK aber scheint sich nun am konkreten Beispiel der Blick zu öffnen in eine Zukunft, die angeblich nur in den kranken Hirnen fremdenfeindlicher "Stammtisch"-Theoretiker
existierte. Mit Überfall nebst Verwüstung und Geiselnahme hatte sie die Hamburger SPD-Zentrale sogar persönlich heimgesucht, in Berlin forderte sie drei Menschenleben. Debakel komplett, Doppelpaß vom Tisch, oder?

Keineswegs, meinen die Sprecher der Koalition. Am liebsten hätten sie die beiden Dinge gar nicht in einem Zug diskutiert, weil sie, so die Sicht von SPD und vor allem der Grünen, gar nichts miteinander zu tun hätten. Das aber sehen wahrscheinlich nicht nur die Deutschen in ihrer Mehrheit ganz anders, auch die Unionsparteien sehen zwischen Kurdenkrawallen und Doppelpaßfrage eine deutliche Verbindung.

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Rüttgers, forderte, aus den Gewalttaten müßten Lehren gezogen werden für eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts. Darauf kontert Otto Schily, daß man doch von Anfang an darauf bestanden habe, Straftätern den deutschen (Zusatz-)Paß sowieso nicht zu geben. Graue Theorie: Niemand wird als Straftäter geboren, auch die – nunmehr – militanten Kurden nicht.

Es gibt kein Herumreden, wäre die Doppelpaß-Initiative bereits durchgekommen, dürften etliche kurdische Straftäter als (auch) deutsche Staatsbürger gar nicht mehr für eine Abschiebung in Frage kommen. Den Hinweis auf diesen simplen Sachverhalt als "Hetzkampagne" zu verunglimpfen, wie es SPD-Bundesgeschäftsführer Ottmar Schreiner für nötig hielt, heizt die Debatte ebenso unverantwortlich an wie der linke Feldzug gegen die Unterschriftensammlung der Unionsparteien.

Jetzt fällt verdächtig oft das harte Wort "Abschiebung" aus dem Munde von Kanzler und Innenminister. Wer die Debatte um dieses spezielle Feld aber sorgsam verfolgt, dem erst wird die eigentliche Dramatik der Situation erkennbar, in die uns die Zuwanderungspolitik der vergangenen Jahrzehnte insgesamt geführt hat.

Es ist gute deutsche Rechtsprechung, daß niemand abgeschoben werden darf, dem in seiner Heimat Tod oder Folter drohen. Indes machen derzeit alle PKK-Anhänger diese Gefahr hinsichtlich der Türkei geltend, und dies wohl auch nicht ganz ohne Grund.

So wird Deutschland nolens volens zur Geisel der türkischen Justizpraxis. Je nach der dortigen Handhabung entscheidet sich, welchen Gewalttäter Deutschland abschieben "darf" oder nicht. Multikultur-Kritiker sehen da ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Mit den Menschen aus ganz anderen Kulturkreisen importieren wir letztlich auch deren Konflikte und im Ernstfall sogar Bürgerkriege. Unser Rechtssystem aber ist auf Bürgerkriege schlichtweg nicht ausgerichtet, da die Spielregeln einer freiheit- lich-demokratischen Rechtsordnung (glücklicherweise) andere sind als die eines Völkergemetzels. Die schreckliche Alternative könnte eines Tages heißen: Entweder lassen wir unsere in Jahrhunderten mühsam errungene Toleranz in großen Teilen fahren oder wir stehen (und das kann schon sehr bald sein) ohne Antwort auf Fragen da, die sich nur um den Preis der Untergrabung unseres Rechtssystems ignorieren lassen.

Der Hinweis, in Sachen Toleranz die große Mehrheit friedlicher Kurden nicht mit der in der Tat verhältnismäßig kleinen Zahl von Gewalttätern in einen Topf zu werfen, ist sachlich richtig und gerecht. Jedoch, auch in Sarajewo wollte die große Mehrheit niemals jenen gräßlichen Krieg, wurde letztlich aber von einer kleinen Zahl von Fanatikern ins Chaos gestürzt. Und so geschah es allzu häufig in der Geschichte.

 
     
     
 
Diese Seite als Bookmark speichern:
 
     
     
     

     
 

Weitere empfehlenswerte Seiten:

Das eigene Leid zeigen

Zwischen zwei Extremen

Midaniter

 
 
Erhalten:
 

 

   
 
 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
WISSEN48 | ÜBERBLICK | THEMEN | DAS PROJEKT | SUCHE | RECHTLICHE HINWEISE | IMPRESSUM
Copyright © 2010 All rights reserved. Wissensarchiv