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Die hübsche alte Klitsche

 
     
 
Nach langen Restaurierungsarbeiten durch seinen neuen Eigentümer, die Brandenburgische Schlösser GmbH Potsdam, ist Schloß Blankensee, 30 Kilometer südlich von Potsdam gelegen, nun wieder der Öffentlichkeit übergeben worden. In dem jetzt von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften als Tagungs- und Kongreßgebäude genutzten Herrenhaus ist auch ein Gedenkzimmer für den ehemaligen Besitzer, den Dichter und Dramatiker Hermann Sudermann (1857–1928), eingerichtet worden. Nach alten Fotograf
ien hat die Geschäftsführerin der Hermann-Su-dermann-Stiftung, Dr. Gisela Henze, das ehemalige Arbeitszimmer rekonstruiert. Aufgestellt wurden dort Möbel und andere Gegenstände, die nachweislich Sudermann gehört haben, allerdings geordnet nach heutigen ästhetischen Maßstäben. Weiter wird mit Fotos und Texten an Leben und Werk des Dichters aus Matziken, Kreis Heydekrug, erinnert. Zur Ausstattung der Gedenkstätte gehört auch ein 125 Jahre alter Bechstein-Flügel.

Wie kaum ein anderer Dichter geriet Hermann Sudermann mit seinem dramatischen und schriftstellerischen Werk schon zu Lebzeiten in das Kreuzfeuer der Kritik. Bei ihm schieden sich die Geister. Eine Stimmung, die dem Menschen und dem Dichter sehr zu schaffen machte. Und es mag wie ein Fingerzeig des Himmels gewertet werden, daß er in Schloß Blankensee, heute nur eine halbe Autostunde südlich von Berlin gelegen, eine Zuflucht fand, die ihn mit ihrem weitläufigen Park (immerhin 4,5 Hektar groß) nicht zuletzt auch an seine Heimat im Memelland erinnerte. 1897 pachtete er das Anwesen, das er 1902 schließlich als Eigentum erwarb. Aus dem ursprünglich verwilderten Park und dem dringend sanierungsbedürftigen Herrenhaus schuf Sudermann nach eigenen Ideen ein wahres Kleinod. Er ließ die Nieplitz, die den Blankensee mit dem Grössinsee verbindet, um das Haus herumleiten, ließ Brücken und Pavillons errichten und brachte aus Italien Statuen von Göttern, Heiligen und Kaisern, um sie in seinem Park aufzustellen. Und bald war in Blankensee ein "Bollwerk gegen alle Anfeindungen der Welt" (Wilhelm Koehler) entstanden. Die Verschönerung des Anwesens brachte allerdings auch einige Unannehmlichkeiten mit sich. So gefährdeten die umgeleiteten Wasserwege die Statik des Haupthauses, das Sudermann darüber hinaus noch mit zwei Anbauten links und rechts erweitert hatte. Bereits in den sechziger Jahren mußte deshalb der Anbau im Osten abgerissen werden; dort wurde nun ein moderner Bau errichtet. Der Westflügel und das Gärtnerhäuschen konnten allerdings gerettet werden. Vielleicht kann später einmal gerade dort eine "Zufluchtstätte für kranke und bedürftige Schriftsteller" eingerichtet werden, wie Sudermann es in seinem Testamant für Schloß Blankensee verfügt hatte.

Die Akademie wird nun im Frühsommer den Seminarbetrieb aufnehmen; auch das Sudermann-Zimmer kann dann besichtigt werden. So ist denn zu hoffen, das "die hübsche alte Klitsche", wie Sudermann das Schloß noch 1902 nannte, tatsächlich zu einem Ort wird, wo, so Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen bei der Eröffnung, "sich die klügsten Köpfe Europas treffen".

 
     
     
 
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