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Eine lange Stunde des Grauens

 
     
 
Am 12. März 1945 wurde das westpommersche Seebad Swinemünde von mehr als 600 amerikanischen Flugzeugen angegriffen. In einem einstündigen Bombardement wurde die unverteidigte kleine Stadt zerstört. Es kamen dabei etwa 25.000 Menschen ums Leben, überwiegend Zivilpersonen, Flüchtlinge aus Ostdeutschland, Westpreußen und Hinterpommern. Die Menschenmassen, auch verwundete Soldaten, warteten hier auf den rettenden Übergang über die Swine auf die Insel Usedom
.

Niemand in der Stadt ahnte an jenem 12. März etwas von dem ihnen zugedachten grauenhaften Schicksal, vielmehr kannte man längst die alliierten Bomberpulks, die seit langem über den Ort in Richtung Stettin und Berlin hinwegdröhnten. Und dennoch - trotz nahen Kriegsendes und erkennbarer Flüchtlingsnot -, so handelte man wie in Dresden offenbar auch in Swinemünde nach dem grausamen Gesetz des Übermächtigen, der nicht nach Menschlichkeit, geschweige Gnade und Milde zu fragen braucht. Man ist an das Wort des damaligen Briten-Premierministers Churchill erinnert, wonach noch schnell vor Ende des Krieges möglichst vielen Deutschen das Fell verbrannt werden solle. Das schaurige Werk wurde also vollbracht an Menschen, die hofften, der Orgie des Krieges, den Gewaltexzessen fast entkommen zu sein.

Was bedeutet den Deutschen ein Gedenktag an jene eigenen Opfer?

Die vielen Toten des 12. März 1945 liegen zum Teil verscharrt in Bombentrichtern am Ort ihres qualvollen Endes. Mehr als zwanzigtausend hat man damals im allgemeinen Chaos mit Güterwagen per Bahn, per Lastwagen und schließlich auf Pferdefuhrwerken von Swinemünde fort in den am Stadtrand gelegenen bewaldeten Höhenzug namens Golm geschafft und dort in Massengräbern eilig bestattet. Die wenigsten dieser Menschen konnten identifiziert werden, aber sie liegen gottlob heute dort unmittelbar an der neu gezogenen Grenze an einem Ehrfurcht und Würde ausstrahlenden Ort neben gefallenen deutschen Soldaten. Eine "Vereinigung Gedenkstätte Golm e. V." sorgt seit Jahren für die Pflege und den Erhalt der Anlage. Dem Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge untersteht neuerdings die Trägerschaft.

Jedes Jahr am 12. März und auch am Volkstrauertag findet auf dem Ehrenfriedhof Golm eine Gedenkfeier statt, so war es auch kürzlich wieder mit Beteiligung von Überlebenden jenes Massakers, Behördenvertretern und einiger pommerscher Freundeskreissgruppen. Ansprachen hielten Pastorin Ingeborg Simon, Vorsitzende der Gedenkstättenvereinigung, Pfarrer und Schriftsteller Gerhard Dallmann aus Greifswald und erstmals ein polnischer Schüler und eine deutsche Gymnasiastin. Umrahmt von den Klängen eines Bläserensembles wurden Kränze an einer lebensgroßen Statue, die eine frierende Flüchtlingsfrau darstellt, niedergelegt. Mehrere hundert Menschen haben dem Gedenken beigewohnt und waren aus teils weitentfernten Gegenden ange-reist.

Viele Besucher fanden noch den Weg zu einer kleinen alten Dorfkirche in der Nähe, wo man eine Dokumentarausstellung zum Thema arrangiert hatte. Die örtliche Presse, auch das regionale Fernsehen, berichteten über den Tag, die überörtlichen Zeitungen schwiegen sich darüber jedoch aus. Mehr als zwanzigtausend deutsche Kriegsopfer, denen man in einem durch nichts zu begründenden Akt das Leben nahm, scheinen es offenbar nicht wert zu sein, daß man ihrer gedenkt?

Wenn aber das geeinte Europa mit seiner alten Sitten- und Kulturtradition bestehenbleiben soll, dann zählen dazu auch die geschichtlichen Vorgänge, die großen Leistungen genauso wie die zur Mahnung dienenden Tage der Erinnerung an diese vielen eigenen Opfer. Dietmar Neumann

Opfer einer sinnlosen grausamen Tat: Die Gedenkstätte Golm auf der Insel Usedom - Ruhestätte von 23.000 Kriegstoten.
 
     
     
 
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