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Erneuter Rückschlag für die Opfer von Dresden 1945

 
     
 
Die vom damaligen Dresdner Oberbürgermeister Ingolf Rossberg (FDP) im November 2004 ins Leben gerufene Historikerkommission sollte die Totenzahlen der Luftangriffe auf Dresden im Februar 1945 wissenschaftlich ermitteln. Damit wollte er, so Rossberg, "rechtskonservativen und neonationalsozialistischen Kreisen den Wind aus den Segeln nehmen", die den von der Stadt veröffentlichten Verlustzahlen von 25000 bis 35000 nicht trauten und sich damit, wie der Oberbürgermeister schimpfte, einer "ebenso dreisten wie gefährlichen Instrumentalisierung" schuldig machten. Über eineinhalb Jahre lang existiert nun die Kommission, und nun scheint ihre Ende besiegelt zu sein, ohne daß sie bisher Brauchbares zu Tage gefördert hat. Der Finanzausschuß des Stadtrates hat soeben der Kommission die beantragten zusätzlichen Mittel nicht bewilligt. Weitere 200000 Euro wollte der Kommissionsvorsitzende, der aus dem zum Bundesverteidigungsministerium
gehörenden Militärgeschichtlichen Forschungsamt stammende Prof. Dr. Rolf-Dieter Müller, haben, um unter anderem damit eine Computersimulation des Feuersturms anfertigen zu lassen. Damit wird es nun nichts mehr, braucht Dresden doch das Geld, um die laufenden Kosten von Schwimmbädern aufzubringen, wie Stadtverordnete im Ausschuß erklärten. Gleicher Meinung waren die Vertreter von CDU, SPD, Bürgeraktion, FDP, während die Linkspartei / PDS und die Grünen das Geld locker machen wollten.

In Gesprächen mit Stadtverordneten erfährt man, daß die Abneigung gegen den Oberbürgermeister Rossberg eine Rolle bei der Ablehnung weiterer Mittel gespielt hat. Rossberg, wegen eines Strafverfahrens wegen Untreue, Vorteilsnahme und Beihilfe zum betrügerischen Bankrott vom Dienst suspendiert, hatte der Kommission Vorgaben gemacht, die Zweifel aufkommen ließen, ob die Wissenschaftler ergebnisoffen und wissenschaftlich arbeiten durften.

Damit dürfte jetzt Schluß sein, denn das Votum des Finanzausschusses soll endgültig sein. Würde das Thema nämlich in die Ratsversammlung Beschlußfassung weitergegeben, dann, so die Sorge mancher Kommunalpolitiker, würden die im Rat vertretenen Rechten aus der Pleite der Kommissionsarbeit Gewinn ziehen.

Die Arbeit einer wissenschaftlich wirklich sauber arbeiten Kommission wäre zu begrüßen gewesen, denn es gibt noch zahlreiche offene Fragen. Immer wieder hört man, daß es unbekannte weitere Massengräber von Luftkriegsopfern geben soll. Ungeklärt ist die Zahl der schlesischen Flüchtlinge, die sich in der Angriffsnacht in der Stadt befanden und umkamen. Zwar hatte die Kommission ein weiteres Mitglied aufgenommen mit der Maßgabe, die zahlreichen bei der Kommission eingegangenen Augenzeugenberichte auszuwerten, doch liegen die noch unbearbeitet bei den Akten. Auch sollen im Stadtarchiv bislang nicht berücksichtigte Berichte weiterer Bergungstrupps gefunden worden sein. Auf dem durchgeführten öffentlichen "Workshop" der Historikerkommission erklärte eines ihrer Mitglieder, es sei "seltsam, daß selbst einfach erreichbare Quellen bisher nicht ausgewertet wurden".

Es ist einigermaßen erstaunlich, daß nach eineinhalbjähriger Arbeit die 13 Historiker der Kommission nichts neues ermitteln konnten, was einer hieb- und stichfesten Prüfung standhalten könnte.

Man kann Verständnis für die Stadtratsmitglieder aufbringen, die den Eindruck haben müssen, daß die vom Oberbürgermeister Rossberg zunächst angesetzte halbe Million Euro für die Arbeit der Kommission ihnen über den Kopf zu wachsen droht, und das auch, obgleich Dresden sich kürzlich durch den Verkauf nahezu aller stadteigenen Wohnungen von allen Schulden befreien konnte. Allerdings stand die Kommission von Anfang an durch propagandistische Verlautbarungen des Oberbürgermeisters ebenso wie ihres Vorsitzenden in einem schiefen Licht, so daß das eventuelle Ergebnis ihrer Arbeit für weite Kreise unglaubwürdig gewesen wäre.

So bleibt es weiterhin privaten Forschern vorbehalten, und deren gibt es überraschend viele, den Ereignissen und den Opfern vom Februar 1945 in Dresden nachzugehen, um aufzuklären, wie es eigentlich gewesen ist.
 
     
     
 
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