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Euro-Schwäche kostet 22 Mrd. Mark

 
     
 
In ihrem kürzlich vorgelegten Konjunkturbericht stellt die Westdeutsche Landesbank fest, daß die Erdölpreiskrise und die Euro-Schwäche den Bundesbürgern in diesem Jahr ca. 22 Milliarden kosten wird. Dies ist der Preis, den die Deutschen für die derzeitige "machtpolitische Auseinandersetzung" um das Erdöl zu zahlen haben.

Nach Ansicht des Essener Energiewissenschaftlers Dieter Schmidt sitzt die Organisation erdölexportieren
der Länder (OPEC) in dieser Auseinandersetzung am längeren Hebel. Der Anteil der OPEC-Staaten am weltweiten Erdölhandel, so Schmidt gegenüber der "Berliner Zeitung", liege derzeit bei 40 Prozent, so hoch wie seit der ersten Erdölkrise nicht mehr. Dennoch greift es zu kurz, für die derzeitige Entwicklung ausschließlich die OPEC-Staaten oder die vielgescholtenen Mineralölkonzerne verantwortlich zu machen. Viel bedrohlicher für die gerade an Fahrt gewinnende Konjunktur in Deutschland ist die sich verfestigende Schwäche des Euros, der seit seiner Einführung ca. 25 Prozent gegenüber dem Dollar verloren hat. Da für uns Erdöl in Dollar abgerechnet werden muß, treibt die Brüsseler Kunstwährung die Energiepreise immer weiter nach oben. Höhere Energiepreise verteuern aber auch die übrigen Importgüter und fachen damit die Inflation an. Höhere Energiepreise bedeuten weiter eine Schmälerung des Budgets der Verbraucher, was wachstumsdämpfende Konsequenzen zur Folge hat. Deshalb gibt es nicht wenige Kommentatoren, die bereits den Anfang vom Ende des deutschen Aufschwunges sehen.

Daß die erdölfördernden Staaten des Mittleren Ostens im Mittelpunkt der derzeitigen Ölpreiskrise stehen, kommt nicht von ungefähr. Nach Auffassung der Internationalen Energieagentur (IEA) werden die Entdeckungen neuer Erdölvorkommen künftig immer weiter hinter der wachsenden Nachfrage zurückbleiben. Die Reservenrealition werde sich künftig immer weiter zugunsten der fünf Golfstaaten Saudi-Arabien, Irak, Kuwait, Vereinigte Arabische Emirate (VAE) und Iran verschieben. Diese haben derzeit zwar nur einen Marktanteil von ca. 30 Prozent, der sich aber nach Auffassung der IEA in Zukunft auf 50 Prozent der Weltproduktion steigern wird. Der Mittlere Osten wird also trotz der erwarteten und zum Teil nachgewiesenen Erdölreserven im Kaspischen Meer auch in Zukunft von herausragender Bedeutung bleiben. Daß die aufgrund der Globalisierung immer stärkere Nachfrage nach Erdöl aber auch im Mittleren Osten an Grenzen stößt, zeigt der Hinweis des kuwaitischen Erdölministers Saud Nasser el Sabah, der gegenüber der französischen Zeitung "Le Figaro" davon sprach, daß die Nachfrage nach Erdöl derzeit zu schnell steige. Unter den elf Mitgliedern der OPEC könnten derzeit nur Saudi-Arabien und die VAE ihren Ausstoß kurzfristig steigern. El Sabah kündigte einen "ernsthaften Dialog" mit den Abnehmerländern an, um angesichts hoher Erdölpreise "langfristige Lösungen" für ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu finden.

Wie die OPEC auf die steigende Bedeutung des Mittleren Ostens in Zukunft reagieren wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Bereits heute zeichnet sich ab, daß der Bedeutungszuwachs des Mittleren Ostens auf lange Sicht den inneren Zusammenhalt der OPEC stärken wird. Nach Auffassung der IEA wird der Mittlere Osten bereits im Jahr 2010 ca. 80 Prozent der globalen Nettoimportnachfrage gegenüberstehen. Nicht auszuschließen ist, daß die OPEC diese Marktmacht dazu nutzen wird, die Erdölförderung weniger stark auszudehnen und den Preis stärker ansteigen zu lassen. Konkret heißt das für die Verbraucherstaaten, daß sie in Zukunft nicht daran vorbeikommen werden, über eine deutliche Reduzierung ihres Erdölverbrauches nachzudenken.

Vor diesem Hintergrund ist die derzeitige Erdölpreishausse ein erster Hinweis auf kommende Verteilungskämpfe. Daß diese Hausse aber auch bestimmten Interessengruppen sehr gelegen kommt, darauf hat Jürgen Gottschlich in einem lesenswerten Artikel für die Berliner Tageszeitung "taz" aufmerksam gemacht. Er verweist darauf, daß der derzeitige Engpaß schnell überwunden werden könnte, wenn dem Irak erlaubt würde, seine Erdölförderkapazität zu erhöhen. Der Irak besitzt nach Saudi-Arabien die größten Erdölreserven im Mittleren Osten. An einem Ende der Sanktionen gegen den Irak seien aber u. a. aus diesem Grunde weder die USA samt ihrem bedingungslosen Parteigänger Großbritannien noch Saudi-Arabien interessiert. Solange das irakische Erdöl nicht auf den Markt komme, so Gottschlich, könne Saudi-Arabien in Absprache mit den USA im wesentlichen den Markt kontrollieren. Das erklärt, warum es in den USA, die nach wie vor der größte Erdölkonsument der Welt sind, im Vergleich zu Europa trotz Erdölpreishausse bisher so ruhig geblieben ist.

Stefan Gellner

 
     
     
 
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