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Europa: Zahler und Zocker

 
     
 
Europa läßt sich eine Angleichung der Lebensverhältnisse einiges Kosten. Diese Förderung der Konvergenz sieht von 2007 bis 2013 264 Milliarden Euro vor, dazu kommen noch einmal 60 Milliarden Euro für die Förderung der regionalen Wettbewerbsfähigkeit, konkret: Unterstützung für Strukturwandel in einzelnen EU-Gebieten.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit will die EU in dieser Zeit mit 13 Milliarden Euro unterstützen. Insgesamt kommt so ein stattlicher Umverteilungshaushalt zusammen, finanziert von den Beiträgen der Mitgliedsstaaten, die letztlich nicht nur Geld, sondern damit auch eigenen Handlungs- und Gestaltungsspielraum aus der Hand geben. Die Agrarpolitik
sowie die zahlreichen anderen Aufgaben der EU sind in den insgesamt bis 2013 vorgesehenen 336 Milliarden Euro noch nicht inbegriffen. Hier geht es nur um Strukturförderung, unter anderem somit um Wettbewerbshilfen für schwache EU-Regionen. Die "Reichen" finanzieren so ihre eigene Konkurrenz (vor allem in Mittelosteuropa), obwohl sie doch selbst Investitionen zum Erhalt ihrer Standortvorteile bräuchten - so ein Vorwurf gegen die Maschinerie des Ausgleichs.

Ein Blick auf das jeweilige Pro-Kopf Saldo zeigt, wieviel jeder Bürger vom Kleinkind bis zum Rentner durchschnittlich pro Jahr in den einzelnen Staaten in die EU-Umverteilung einzahlt, beziehungsweise aus ihr erhält. Das überraschende Ergebnis: Zwar ist Deutschlands Ruf als Zahlmeister Europas auch hier (in Sachen EU-Strukturpolitik) wieder einmal gerechtfertigt, doch zahlen Luxemburger, Niederländer, Dänen, Belgier, Schweden, Franzosen und Österreicher zumindest pro Kopf noch deutlich mehr. Jeder Deutsche zahlte bis 2003 im Schnitt 36 Euro pro Jahr für die Strukturförderung anderer europäischer Staaten. Ein Luxemburger mußte sogar 115 Euro aufbringen (weitere Beispiele, siehe Grafik). So war die Bundesrepublik 1995 bis 2003 mit drei Milliarden Euro im Jahresdurchschnitt mit weitem Abstand größter Finanzier der Umverteilung (6,5 Milliarden wurden jährlich gezahlt, 3,5 Milliarden flossen aus der EU wieder zurück). Frankreich brachte durchschnittlich zwei Milliarden, die Briten eineinhalb und die Niederländer 1,3 Milliarden Euro pro Jahr auf.

Der Norden und Westen ließ sich die Strukturförderung des Südens und Ostens der EU also einiges kosten - andere EU-Etats noch nicht einberechnet. Bei der Höhe dieser Summen und angesichts der für die nächsten Jahre verplanten Gelder wird klar, was die Aufnahme weiterer süd- und osteuropäischer Staaten in die Union für Folgen hätte. Bis 2006 sollen noch einmal 80 Milliarden für die Beitrittskandidaten zur Verfügung gestellt werden. Dabei zahlt Europa schon jetzt an mögliche zukünftige Mitglieder wie die Türkei Strukturfördermittel. Am Bosporus treffen jährlich zirka eine Milliarde Euro ein. Im Beitrittsfall würde so das EU-Kohäsions- und Ausgleichskarussell schnell zur Kostenfalle. Weitgehend unbeachtet laufen zudem die Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien, Kroatien und Rumänien weiter. Schon jetzt schwelt der Streit um den Erhalt der Förderpfründen in Europa: Die Iberer (Spanien und Portugal) wollen ihre zwei Jahrzehnte lang gehegten Subventionen trotz eigenem Wirtschaftswunder unbedingt halten. An ihnen könnten die nächsten EU-Erweiterungsrunden scheitern, doch derzeit sieht es weder nach einer Neuordnung noch gar nach einer Verringerung der Strukturförderung aus. Im Gegenteil: Europa scheint sich einig, daß Deutschland und die anderen "Zahlmächte" in Zukunft noch mehr Verantwortung für Europa übernehmen dürfen - durch wachsende Überweisungen an Brüssel. S. Gutschmidt
 
     
     
 
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