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Europa ja - aber nicht so

 
     
 
Kritiker einer zu weit gehenden europäischen Einigungspolitik sind schon seit langem der Ansicht, die hochgesteckten EU-Blütenträume würden sich in nicht allzu ferner Zukunft in Schall und Rauch auflösen. Zumindest mit letzterem könnten sie schon bald recht behalten, allerdings in einem ganz speziellen Sinne. Pünktlich zur Vergrößerung der Union auf nunmehr 25 Mitglieder erreicht uns nämlich aus Kreisen der deutschen Zollfahndung die beängstigende Nachricht, daß die von Osteuropa aus operierende Zigarette
nmafia eine Schmuggel-Großoffensive bislang ungeahnter Dimension vorbereitet hat. Seit einem Jahr seien entlang der weißrussisch-polnischen Grenze (seit diesem 1. Mai Außengrenze der EU) reihenweise Lagerhäuser angemietet und mit nikotinhaltiger Schmuggelware vollgestopft worden. Während die Politiker das Einigungswerk feiern, beginnen die Mafiosi, West- und Mitteleuropa mit steuerfreiem Tabak zu überschwemmen.

Und dabei wird es nicht bleiben. Was bisher schon an individueller und organisierter Kriminalität - vom Drogenhandel bis zur Prostitution, vom Menschenschmuggel bis zu brutalsten Raubmorden - über die längst löcherig gewordenen Ostgrenzen zu uns herüberschwappte, war vielleicht nur der Vorgeschmack dessen, was nun auf uns zukommt. Können wir wenigstens diesmal unseren Politikern glauben, die uns beschwören, die Ostverschiebung der Außengrenzen schmälere die innere Sicherheit nicht? Nach all den leeren Versprechungen, gerade in bezug auf die angeblichen Segnungen des europäischen Einigungsprozesses, ist Skepsis angebracht.

Was hat man uns nicht alles vorgeschwärmt, als der Euro kam: Die Gemeinschaftswährung mache uns von der Dollar-Hegemonie unabhängig, sei ein gigantischer Konjunkturmotor, beschere uns nie erlebten Wohlstand. Und heute? Für die meisten Bürger heißt die neue Währung schlicht und einfach "Teuro".

Auch jetzt wollen Politiker uns weismachen, die Osterweiterung sei für alle Europäer ein Segen, bringe nur Vorteile, weise den Weg in eine bessere und friedlichere Zukunft - allenfalls am Anfang könne es vielleicht noch ein paar Umstellungsprobleme geben, die aber leicht zu lösen seien. Und wer den so euphorisch Feiernden in die gesamteuropäische Suppe spuckt, wird ausgegrenzt als Europagegner und Nationalist.

Ein ungeheuerlicher, frecher Vorwurf! Waren etwa de Gaulle oder Adenauer Europagegner und Nationalisten, weil sie die Vision eines "Europa der Vaterländer" pflegten? Nein, man kann durchaus ein guter Europäer sein, ohne darum gleich die Auswüchse des Bürokratismus und Zentralismus zu bejubeln. Für einen wahrhaft europäisch denkenden und fühlenden Bürger ist Europa mehr als die Summe bürokratischer Verwaltungszentralen in Brüssel, Straßburg und Luxemburg: eine Ideengemeinschaft von Völkern, die ein christlich-abendländischer (eben europäischer) Geist verbindet. In diesem Geiste blühte einst das Reich Karls des Großen, in diesem Geiste definierte sich das Preußen Friedrichs des Großen, in diesem Geiste prägte Immanuel Kant zwei Jahrhunderte europäischer Philosophie, schufen Dürer, Goethe, Bach große europäische Kunst (hier könnten statt deutscher auch französische, polnische oder italienische Namen stehen) - das ist unser Europa. Und das lassen wir uns weder von Zentralisten und Bürokraten kaputtmachen noch von finsteren Gestalten, die an Europas neuen Grenzen bereits lauern. In diesem Sinne sind wir nicht gegen ein osterweitertes Europa, aber gegen die Blauäugigkeit und Leichtfertigkeit, mit der die - zweifellos vorhandenen - Chancen über- und die Gefahren unterschätzt werden. (Weitere Beiträge zur EU-Osterweiterung auf S. 2 und 3.)

 
     
     
 
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