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Fundbüro: Ein neuer Roman von Siegfried Lenz

 
     
 
Literatur wird von dem einzelnen geschaffen und wendet sich an den einzelnen, und solange es Leser gibt, werden sie bestätigen, daß ein Buch umso mehr preisgibt, als man bereit ist zu investieren - an Gefühlen, an Gedanken, in konzentrierter Zurückgezogenheit ...", schreibt Siegfried Lenz in seinem Essay "Mutmaßungen über die Zukunft der Literatur", das jetzt mit zwei anderen ("Aus der Nähe - Über amerikanische Literatur" und "Das Kunstwerk als Regierungserklärung - Etwas über Macht und Phantasie") in einem Band bei dtv erschienen ist: Mutmaßungen über die Literatur - Drei Essays (80 Seiten, brosch., 7 Euro). Leser erfahren gleichermaßen die Freude des Daseins, aber auch das Unglück der Welt. Diese zwiespältigen Erfahrungen macht man auch, wenn man zu dem neuen Roman von Siegfried Lenz greift, der jetzt bei Hoffmann und Campe unter dem Titel Fundbüro erschienen ist (336 Seiten, Leinen mit farbigem Schutzumschlag, 21,90 Euro). Lenz erzählt darin mit bewährter Meisterschaft die Geschichte des jungen, fröhlichen Henry Neff, der im Fundbüro der Deutschen Bahn
arbeitet und tagtäglich den großen und kleinen Verlierern begegnet.

Gemeinsam mit seinen Kollegen, der attraktiven Paula, dem alternden Albert Bussmann und dem Chef Hannes Harms, spürt er den Besitzern verlorener Gegenstände nach. Bei dieser Gelegenheit begegnet er dem baschkirischen Mathematiker und Flötenspieler Fedor Lagutin. Beide verbindet eine Seelenverwandtschaft, und als Lagutin von gewaltbereiten Motorradfahrern angegriffen wird, verliert auch Henry Neff, der meint, alles sei ersetzbar - warum also weinen um einen Verlust? -, seine Unschuld und zuletzt sogar seinen neuen Freund. Als die Motorradbande es immer schlimmer treibt, greift der sonst gegen jede Gewalt eingestellte Henry zur Gegenwehr, eine bei Lenz nicht unbedingt zu erwartende Reaktion. In einem Spiegel-Interview bekannte er allerdings: "Wenn die Rede nicht hilft, bleibt am Ende nur die Aktion, davon bin ich inzwischen überzeugt: die Gegenwehr."

"Fundbüro" ist ein Roman um den Verlust der Unschuld und um die Gefahr, etwas sehr Wertvolles zu verlieren: die Menschlichkeit. Ein Roman aber auch voll kleiner Geschichten, die man gern weiterspinnen möchte. Nicht zuletzt das weist den Ostdeutschland als einen der großen Erzähler unserer Zeit aus. Er vermeidet es, seine Leser zu bevormunden - "er soll selbst noch etwas in den Figuren entdecken", so Lenz.

"Das Glück des Wiederfindens" war es auch, das den Schriftsteller, der sich eingehend in einem Fundbüro umgesehen hat, bewegte. Verlieren und Finden, zwei zentrale Themen, die letztlich auch durch das persönliche Erleben des Ostdeutschland während Flucht und Vertreibung aus der Heimat geprägt wurden. Peter van Lohuizen

Siegfried Lenz: Neuer Roman beeindruckt Foto: Hoffmann und Campe
 
     
     
 
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