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Gedanken für Intellektuelle

 
     
 
Am Schluß verglichen sie den armen Stoiber gar mit König Ludwig. Nein, nicht mit dem im See, sondern mit Bayerns Ludwig I., der 1848 abdanken mußte wegen seiner Affäre mit der feschen Lola Montez. Auch damals habe sich der versammelte Münchner Schranzenstadl überschlagen vor Treueschwüren, während er eifrig die Säge schwang an den Beinen des Throns. Eine ziemlich schmierige Aufführung sei das gewesen, damals wie heute.

Was wir bis vor kurzem nicht ahnten: Das miefige Gemauschel um Stoiber war durchaus noch steigerungsfähig - wirklich schmutzig wurde das bayerische Geschubse doch erst mit der Schlüssellochgeschichte zum Seehofer in der "Bild". Alle waren empört, wir auch. So etwas schreibt man nicht, Ihr Schmieranten! Als anständige Bürger haben wir diesen Ferkeln zu verstehen gegeben, daß wir von derartig dreisten Eingriffen ins Privatleben nichts wissen wollen - um gleich darauf gierig weiterzulesen: An der Story ist alles dran, was es braucht für ein glitschiges kleines Skandälchen, auch wenn gar nichts dran sein sollte. 25 Jahre jünger als der Minister soll die Holde sein und sich in einem Zimmerchen nahe dem Kanzleramt verborgen halten, derweil der CSU-Politiker zu Hause auf trautes Heim macht.

Schade, daß noch keine Nachbarn und "Freunde" der Seehofers aufzutreiben waren. Wir kennen das aus dem Fernsehen; da gehen die Reporter dann im Heimatdorf des Verdächtigten herum und pflücken Aussagen jener "Freunde" wie: "Wir waren alle geschockt, als wir das hörten. Und noch weiß ja auch keiner, ob s überhaupt stimmt. Aber man weiß ja nie ..." Das reicht, die streunenden Kollegen haben in diesem Moment, was sie brauchen, Überschrift: "Nachbarn wollen nicht ausschließen, daß ..."

Und die "Freunde"? Partei-Freund Günther Beckstein, wie Seehofer einer der einflußreichsten
Diadochen des alten Stoiber und daher möglicherweise Konkurrent bei der Nachfolgeschlacht, ließ den in die Schlagzeilen geratenen Bundesminister schmecken, was echte Parteifreundschaft ist. Ja mei, vor 50 Jahren sei so ein Seitensprung noch "Stein des Anstoßes" gewesen, aber heute doch nicht mehr. Das ist die Manier des bösesten aller Klatschweiber: "Wußten Sie schon daß der Seehofer fremdgeht? Aber, nicht daß Sie mich falsch verstehen, mir ist das ja eigentlich egal!"

Das allein könnte man schon einen Blattschuß aus dem Hinterhalt geheuchelter Loyalität nennen, aber Beckstein ist nicht irgendwer. Er hat noch Schubladen offen, wo die giftigen Finger einer ordinären Tratschtüte gar nicht hinlangen, und setzt diabolisch nach: Auch Bischöfe hätten schon Verhältnisse gehabt. Na, wunderbar!

Überlebt Seehofer Treuebekundungen dieses Kalibers? Ja sicher, und mehr als nur das: In beträchtliche Verwirrung stürzte uns ein Göttinger Parteienforscher. Der sieht in den Gerüchten über Seehofers schwungvolles Privatleben kein Problem. Er behauptet statt dessen, mit einer solchen Amoureske könne der Bundesminister bei seinen Bayern sogar punkten. Im Unterschied zu den schmallippigen Preußen empfänden die Bazis das als Ausdruck ungestümer Männlichkeit, was ihnen ausnehmend gut gefalle. Man muß spontan an einen Typen wie Gerhard Polt denken, wie er genüßlich grinst bei der Lektüre der "Bild"-Geschichte: "Ja, ja, där Hoarscht, hähä!"

Diese Vorstellung versöhnt uns und läßt alte schöne Klischees über die Stämme des Südens wiederaufleben. Bayern ist und bleibt halt das Land von Barock und Beichtstuhl. Beides gehört untrennbar zusammen, denn wer es allzu barock getrieben hat, muß hinterher irgendwohin, um seine Seele zu erleichtern. Die Protestanten waren da von jeher schlechter dran. Die müssen die begangene Sünde entweder ein Leben lang mit sich herumschleppen oder Liberale werden.

Dennoch sind auch wir im Norden eigentlich gut dran, in anderen Ländern, ja, da geht s wirklich schlimm her. Wie leichtfertig wir daherreden in unserem gemütlichen Deutschland. Wenn ein Politiker seinen Posten verlieren soll, sprechen wir davon, daß "Kritiker seinen Kopf fordern". Ein Iraker dürfte bei einer solchen Formulierung bleich werden, denn da ist das mit dem Kopfverlieren wörtlich zu nehmen. Neben Hängen und Enthaupten werden den Verurteilten dort nach jüngster Nachrichtenlage die Köpfe sogar ausgerissen. Nach dem blutigen Akt erschien ein Regierungsoffizieller vor den Medien und erklärte uns seelenruhig, daß die Exekution von Saddams Mittäter strikt nach den Regularien verlaufen sei. Nach den Regularien? Was für welche sind das?

Daß aus solchen Ländern mit dem Öl die Rohstoffgrundlage unserer Wirtschaft stammt, darf einen da schon einmal nervös werden lassen. Zumal etliche der übrigen Petroleumregionen einen kaum heimeligeren Eindruck vermitteln als der Irak, was wir nur deshalb nicht mehr wissen, weil unsere Kameras alle am Tigris aufgestellt sind.

Umweltminister Siegmar Gabriel läßt sich von solchen Eindrücken jedoch nicht von seinem klaren Kurs abbringen. Mehr Energie-Unabhängigkeit durch Atomkraft bleibt für ihn kein Thema. Schließlich produzierten die AKW ja auch gar kein Benzin, mit dem man Autos antreiben könne, klärt uns der Niedersachse auf, dem Technologien wie die der stromgestützten Wasserstoffherstellung oder der Elektroautos vorübergehend entfallen waren. Gabriel würde vermutlich auch seine Waschmaschine rausschmeißen, weil das Mistding partout keinen Kaffee kochen kann.

Na, na, so blöd ist der nicht: Der Hinweis auf die Öllosigkeit von Elektrizität war eher der Hilflosigkeit geschuldet. Gabriel hat Schmerzen, weil ihm die Union, angeführt von der Kanzlerin, seit Wochen schon auf die selbe Stelle haut: Wer den "Klimaschutz" wolle, der solle doch mal zeigen, wie ohne Kernkraft der Kohlendioxid-Ausstoß zu mindern sei, der den "Treibhauseffekt" verursache.

Wie gemein! Natürlich könnte Gabriel jetzt, als Mann vom Fach sozusagen, kontern, daß die Sache mit dem "menschgemachten Treibhauseffekt" nur eine Hypothese sei, während die Schädlichkeit von radioaktiver Strahlung ja wohl als erwiesen betrachtet werden dürfe. So einfach wäre das, ja wäre!

Nun hat sich aber gerade die Linke ebenso wie ein gewaltiges Heer von Umweltgruppen nebst fördergeldtriefenden Wissenschaftlern dem "menschengemachten Treibhauseffekt" verschrieben. Da kann man jetzt nicht über Nacht "April! April!" rufen und zugeben, daß es bislang nur eine These sei, daß die Erderwärmung von Industriegasen ausgehe. Wie stünde man denn da, in der Presse und so!

Gabriel und die Seinen haben sich mitten im energiepolitischen Vormarsch in sich selbst verheddert. Die Kanzlerin sieht das und nutzt es sadistisch aus. Merkel jagt die treibhausvernarrte Anti-Atom-Riege feixend in deren eigenen Widersprüchen hin und her. Weil diese Widersprüche so offensichtlich sind, kann es sich Frau Merkel sogar leisten, vor aller Öffentlichkeit das verpönte "Bäumchen wechsle dich"-Spiel zu spielen. Nur als CDU-Vorsitzende sei sie für eine Renaissance der Kernkraft, als Kanzlerin stehe sie natürlich zum beschlossenen Ausstieg.

Säßen die Roten nicht so in der Klemme, würden sie sich dieses Spiel niemals gefallen lassen und notfalls den Kopf der Kanzlerin for... - stopp, dieses Bild wollten wir ja nicht mehr verwenden.

Frau Merkel verbringt zur Zeit nach langem Schrecken endlich wieder ein paar wirklich schöne Tage. Das Bayern-Harakiri verschafft ihr Luft im Rücken, wo sonst die CSU an ihrem Zeuge flickt wie weiland beim Kohl, und die Sozis kommen auch nicht recht von der Stelle. In Sachen Gesundheitsreform schließlich hat man das Volk siegreich totgelabert. 2007 könnte ein
 
     
     
 
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