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Genosse Ludwig Erhard

 
     
 
Wohlstand für alle - das hört jeder gern, und deshalb beruft sich die Politikerkaste auch gern auf den Autor des Satzes, zumal der in seiner Zeit auch für die Umsetzung sorgte. Aber die Zeiten Ludwig Erhards sind vorbei. Wenn sich SPD und CDU heute gleichermaßen auf den legendären "Vater des Wirtschaftswunders" berufen, dann unterscheiden sie sich nur noch in der Art, wie sie den erworbenen Wohlstand halten wollen: die SPD, indem sie den Sozialstaat minus Hartz IV erhalten und ausbauen will, die CDU, indem sie ihn einfrieren, jedenfalls nicht ausweiten will, auch wenn die Konjunktur wieder anlaufen sollte.

Die Unterschiede in der Zielsetzung sind minimal, die Polemik darüber umso lauter. Alle reden von der Sozialen Marktwirtschaft. Die SPD-Spitze führt sich als Retter des Sozialen auf, die CDU fürchtet, als heuschrecke
nähnliche Marktpartei beim Wahlvolk in Mißkredit zu geraten.

Wir haben es mal wieder mit lautem Feldgeschrei zu tun, mit wildem Schattenboxen, mit einer bühnenreifen Politshow, kurz mit dem Auftakt des Wahlkampfs.

Zu diesem Repertoire gehört auch die Wende der SPD in der Tarifpolitik. Mehr Lohn heißt die Devise, all das unter dem Banner der Gerechtigkeit. Von der Komplexität der heutigen Gesellschaft wollen die Münteferings, Eichels und Schröders plötzlich nichts mehr wissen.

Das war schon bei Altvater Marx so. Der schrieb mit seinem Genossen Engels: "Wo der Klassenkampf als unliebsame rohe Erscheinung auf die Seite geschoben wird, da bleibt als Basis des Sozialismus nichts als wahre Menschenliebe und leere Redensarten von Gerechtigkeit". Man redet nicht von Klassenkampf, martialische Vokabeln sind etwas für die anderen, man gibt sich gerecht, sozial und menschenfreundlich und verunglimpft die Bürgerlichen als das Gegenteil, als ungerecht, asozial und menschenverachtend. Und die CDU ist dabei, aus Angst vor der Konfrontation mit Schwung in dieses mediale Messer zu laufen.

Aber das ist noch nicht einmal alles. Die SPD erzeugt ihre demagogischen Luftblasen in der Tarifpolitik natürlich auch, um die Reihen mit den Gewerkschaften wieder zu schließen. Die hatten sich der CDU angenähert, weil sie sich von der Union mehr Arbeitsplätze, mithin einen Stopp des Mitgliederschwundes erhoffen und mit der künftigen Regierung nicht von Anfang an im Streit liegen möchten. Eigentlich verständlich. Nun schmiert die SPD den Gewerkschaften den Honig des höheren Lohns um den Bart, was die organisierten Arbeitnehmer gerne schmecken. Wirtschaftspolitisch reicht das nicht sehr weit. Aber was die SPD über den Wahltag hinaus an der Macht halten könnte, das wird jetzt probiert und gemacht. Der Schwenk in der Tarifpolitik ist nur ein Anfang.

Dies wird ein harter ideologischer Wahlkampf werden, mit Anleihen bei Ludwig Erhard und demnächst vielleicht sogar noch bei Konrad Adenauer. Da müßte die CDU offensiver werden. Nur auf die Fehler der anderen warten, reicht nicht. Maria Klausner
 
     
     
 
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