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Harte Jahre

 
     
 
Am 8. Mai 1945 befand sich Willi Meis mit seiner Einheit in der Tschechoslowakei, als die Soldaten über den Waffenstillstand und somit das Ende des Krieges erfuhren. Erleichterung machte sich breit und nahe Karlsbad warteten die Männer auf Befehle, was nun mit ihnen geschehen sollte. Die Truppe erhielt ihren Marschbefehl, doch anstatt irgendwo in eine Kaserne zu kommen und auf die Auflösung zu warten, wurden Willi Meis und seine Kameraden im Zickzack quer durch Deutschland geschickt. In Hoyerswerda warteten die Männer dann auf einem großen Sammelplatz darauf, endlich von den Russen entlassen zu werden, doch statt einem Entlassungsschein erhielten viele eine Fahrt nach Rostovs in der Sowjetunion.

In „Zum Leben zu wenig – zum Sterben zu viel“ schildert Uta Christensen die Erlebnisse ihres Vaters in der Kriegsgefangenschaft. Willi Meis, der 2005 im Alter von 91 Jahren verstarb, hat seiner Tochter ohne irgendwelches schmückendes Beiwerk seine Jahre in der sowjetisch
en Gefangenschaft geschildert, die diese nun der Nachwelt zugänglich gemacht hat.

Willi Meis hatte das Glück, „schon“ 1949 nach Deutschland entlassen zu werden und über eine unerschütterliche Gesundheit zu verfügen. Außerdem war er handwerklich begabt, so daß er aufgrund seiner Geschicklichkeit die schwersten körperlichen Arbeiten nicht verrichten mußte. Trotzdem waren die Jahre in Rußland ein Überlebenskampf sondergleichen: 1200 Menschen in ein Gebäude gepfercht, für die nur ein einziger Wasserhahn vorhanden war und die in guten Zeiten höchstens frischen Weißkohl in ihrer Wassersuppe ausmachen konnten.

Immer wieder hieß es, es ginge nach Hause, doch dann kamen die Entkräfteten statt dessen nur in ein anderes Lager. Als er im November 1948 kurzfristig in ein sogenanntes SS-Lager kam, stellte er erstaunt fest, daß die Lebensbedingungen dort besser statt schlechter waren und die Gefangenen sich mit Hinweis auf die Genfer Konventionen in einem geschlossenen Streik einen freien Sonntag in der Woche ertrotzten. Hier lernte er auch Werner Schweikert und Ernst Heinrich kennen, denen er sich besonders verbunden fühlte und die er nach seiner Freilassung leider vergebens über das Rote Kreuz suchen ließ.

Als Willi Meis nach Jahren der Gefangenschaft endlich nach Hause zurückkehrte, brauchte er Zeit, um sich wirklich sicher zu sein, daß dies seine neue Realität und nicht nur ein Traum war.

Uta Christensen: „Zum Leben zu wenig – zum Sterben zu viel“,

k. fischer, Aachen 2005, broschiert, 163 Seiten, 9,80 Euro

 
     
     
 
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