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Ideologie auf der Müllkippe

 
     
 
Die deutschen Haushalte müssen sich umstellen. Ab 2002 werden Dosen und vielleicht auch Getränkekartons nicht mehr über die gelben Säcke des Grünen Punkts entsorgt, sondern an den Händler zurückgegeben oder von anderen Müllfirmen übernommen. Um die harmlosen Dosen und Kartons tobt ein veritabler ideologischer Kampf und ein Ringen um Anteile auf dem Entsorgungsmarkt. Umweltminister Trittin will sein Steckenpferd, den Mehrweg, favorisieren und nebenher den Grünen Punkt schwächen, den er als Kind des Großhandels betrachtet.

Aber ideologischer Eifer ist kein guter Ratgeber. Das Zwangs-pfand kostet Geld und Arbeits-plätze, wird aber den Mehrweg kaum stärken. Jedenfalls zeigt das ein Blick nach Schweden, wo die Dosen bereits bepfandet sind. Über die Kosten hierzulande gibt es Streit. Man schätzt sie zwischen einer und drei Milliarden
Mark, immerhin muß ein Rücknahmesystem aufgebaut werden, das der Handel zu finanzieren hat und dessen Kosten er vermutlich auf den Verbraucher abwälzen wird. Trittin rechnet mit einer Preissteigerung bei Getränkedosen und Einwegflaschen und hofft, daß der Verbraucher eben auf Mehrwegflaschen zurückgreift.

Doch der Verbraucher hat Alternativen. Er kann ohne schlechtes Umweltgewissen zu den Kartons greifen. Sie werden als einzige Einwegverpackung ökologisch dem Mehrweg gleichgestellt. Daher wird auf sie kein Zwangspfand erhoben. Trittin mag es entgangen sein, aber dies bedeutet nicht nur eine gewisse Entideologisierung des Mehrweg-Einweg-Mythos, sondern auch mehr Wettbewerb. Ein Stück Ideologie kommt auf den Müll. Die Industrie könnte, durch dieses Beispiel angeregt, versuchen, die Verpakkungen demnächst so zu optimieren, daß sie aus dem Zwangspfand herausfallen. Also mehr Wettbewerb. Daran dürfte Trittin kaum gedacht haben.

Dagegen hat er natürlich untersuchen lassen , ob man die Geträn-kekartons nicht auch mit einem Pfand belegen könnte. Pech ge-habt. Die Untersuchungen haben ergeben, daß die Kartons nicht schlecht abschneiden. Zwischen Mehrweg-Glasflaschen und den Einweg-Getränkekartons besteht aus Sicht der obersten Umwelt-schützer ein Patt. Wenn jetzt die Kartonhersteller noch auf billigere Entsorger als den Grünen Punkt setzen, um den Preis zu drücken, gerät die Müllindustrie in Turbulenzen. Wie immer, der Streit zwischen Handel und Ministerium verdeckt, daß es einen lachenden Dritten gibt: den Karton.

Und die Haushalte? Sie können vielleicht bald zu den Gewinnern gehören. Die Entwicklung zu mehr Wettbewerb dürfte zu einer Preissenkung der Abfallentsorgung führen. Das umso mehr, als auch die EU-Kommission mißtrauisch geworden ist auf die deutsche Müllindustrie. Sie hat vor allem den Grünen Punkt im Auge. Dosenpfand und gelbe Karte aus Brüssel könnten also zum Exitus des Grünen Punkts führen. So hat Trittins ideologischer Mehrweg-Eifer einen Stein losgetreten. In seiner Dosen-Novelle steckt mehr, als er glaubt.

 
     
     
 
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