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In der Heimat unterwegs

 
     
 
Es stank nach Fisch, Teer und diesem Teufelszeug aus Krullschnitt und Lindenblättern, das die Fischer rauchten. Von Süden her, wohl aus Cranzbeek, näherte sich ein Schiff. Hermann Kallweit schlug vor, mitzufahren bis Nidden.“ Das schreibt Arno Surminsiki in seinem Roman „Sommer 44“, einer der markantesten literarischen Verarbeitungen der letzten Tage des deutschen Ostens vor dem Ende des Zweiten Weltkrieg
es. Auch Arno Surminski selbst schlug vor, nach Nidden zu reisen, und zwar mit den Kolleginnen und Kollegen der „Hamburger Autorenvereini-gung“, die seit Anfang der Acht-ziger „literarische Reisen“ unter-nimmt und mit vielen ihrer Mitglieder in Innsbruck wie in Wien, in Dresden wie in Budapest unterwegs war. Die Hamburger Autorenvereinigung, der auch Werner Müller und Siegfried Lenz angehören, lud als erste deutsche Schriftstellervereinigung in St. Petersburg und in zahlreichen Orten der neuen Bundesländer zu Autorenlesungen ein und fand vor kurzem auch in Nidden auf der Nehrung ein großes Publikum.

Nach ersten Schritten durch das historische Fischerdorf mit sei-nen blauverzierten Holzhäusern und dem im gepflegten Museum wie von ungezählten Verkaufs-ständen leuchtenden „Gold des Nordens“, dem sagenumwobenen Bernstein, füllte bereits die erste Lesung der Hamburger das moderne Kulturhaus. Surminski beeindruckte mit einer Szene aus seinem „Sommer 44“ mit dem Untertitel - eine Art Markenzei-chen aller seiner Bücher - „oder wie lange fährt man von Deutschland nach Ostdeutschland?“ Zum Programm der Lesung gehörten auch August Wilhelm Beutel mit einem ins Litauische übersetzten Gedicht sowie Ulrich Schacht, Sibille Brenner und Gerlind Fischer-Diehl. Das Echo war anhaltend und wurde noch lange nach der Reise von Nidden über Süddeutschland weitergegeben.

Die atemberaubenden Dünen der Kurischen Nehrung, die hohe Düne mit ihren windgeprägten Formen und Spuren, das Haff mit der memelländischen Küste, Bauerngärten mit gastlichen Tischen unter Apfelbäumen, der von riesigen Holzschnitzereien litauischer Künstler begleitete Hexenberg-Weg in Juodkrante, Formationen echter Wildschweine, die seelenruhig die wenig befahrene, gepflegte Autostraße zwischen dem Hafen von Memel und Nidden überqueren, bis zu den Brandungswellen am traumschönen Ostseestrand, die die offene See dem Küstenstreifen zu Füßen legt - ließen Bilder einmaliger Einprägsamkeit entstehen.

Im dortigen Thomas Mann-Haus - heute fast ein literarischer Wallfahrtsort - mit sensibel und aufschlußreich gestalteter Dauerausstellung von Exponaten aus dem Leben des Dichters der „Buddenbrocks“ wurden die Hamburger Autoren von Studie-renden aus allen deutschprachigen Ländern empfangen. Sie waren Teilnehmer eines Seminars über Exilliteratur, die sich lebhaft an dem Gedankenaustausch mit den Schriftstellern von der Elbe beteiligten.

Zurück ging es in weißgrauer Morgenfrühe über das Haff zu den Silbervögelchen der „Lithua-nia“, und in dem Gedichtband des litauischen Lyrikers Sigitas Geda, den die junge Auschra, Be-gleiterin der Autoren aus Ham-burg, ihnen zum Abschied in die Hand gedrückt hatte, lag ein Lesezeichen bei den Worten: „Die letzte Pause: das Meer - des Gesangs - ist weiss - damit - es - schon - niemals - endet - mit - Nichts.“ R. Fiedler

 
     
     
 
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