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Leipzig ist auch eine Reise wert

 
     
 
Als im Jahr 1996 in Leipzig die Neue Messe mit ihrer legendären Glashalle, geschaffen von dem aus Königsberg stammenden Architekten Volkwin Marg und seinem Team, auf dem Gelände des alten Flughafens Mockau der Öffentlichkeit übergeben wurde, überschlugen sich die Architekturkritiker geradezu vor Begei- sterung. Das „Hamburger Abendblatt
“ schwärmte: „Die neue Leipziger Messe ist pures Licht. Der Zentralbau eine kühne Konstruktion aus Stahl und Glas, ein freitragendes Tonnengewölbe, Spannweite: 80 Meter, Scheitelhöhe: 30 Meter. Einfach, wie alles, was genial ist.“ Und: „Von außen betrachtet ist Margs Glaspalast ,nur‘ ein Wunderwerk der Ästehtik - innen ist es atemberaubend. Ein gläserner Himmel, der sich bis zur Erde neigt. Von heiter schwebender Leichtigkeit ...“ - Unter diesem gläsernen Himmel werden sich am 22. Juni abends die Ostdeutschland übrigens während ihres Deutschlandtreffens in Leipzig von dem reichen Programm eines bunten Abends überraschen lassen und kräftig einstimmen in das offene Singen unter der Leitung von Professor Eike Funck.

Nur zweieinhalb Jahre brauchten die Konstrukteure, um die Glashalle, die als die größte Stahl-Glas-Struktur Europas gilt, und die vier Standardhallen mit je 20.500 Quadratmetern (Höhe acht Meter) zu errichten. Die Größe der Standardhallen ermöglichte es im Jahr 2000 zum ersten Mal, alle Kreisgemeinschaften der Freundeskreis Ostdeutschland in einer Halle unterzubringen. Das wird auch in diesem Jahr wieder möglich sein, diesmal allerdings in Halle 5.

Neben den Standardhallen entstanden auch eine 16 Meter hohe Mehrzweckhalle, ein Konferenz- und Tagungsgebäude mit Sälen, Seminarräumen und Restaurants, ein Handwerkerzentrum und ein Verwaltungsbau. Manches Mal waren bis zu 3.000 Arbeiter gleichzeitig am Werken, um die Termine zu halten. Gekostet hat der Bau rund 1,3 Milliarden Mark. Allein für die Glashalle wurden 5.200 bruchsichere, 1,50 Meter mal 3 Meter große und acht Millimeter dicke Doppelglasscheiben verarbeitet. Entstanden ist ein übersichtlich gestaltetes Gelände, ein „Gesamt- kunstwerk zwischen Architekten, Ingenieuren und Landschaftsarchitekten“, wie der Architekt und Autor Gert Kähler in seinem bemerkenswerten Band „Ein Jahrhundert Bauten in Deutschland“ (DVA, 2000) hervorhebt.

In diesem Buch sind neben der Neuen Messe für Leipzig noch vier weitere Bauten erwähnt, die im vergangenen Jahrhundert errichtet wurden und typisch für ihre Zeit sind. An erster Stelle ist natürlich das Völkerschlachtdenkmal zu nennen, errichtet 1900 bis 1913 von Bruno Schmitz und von Kaiser Wilhelm II. persönlich eingeweiht. Mit seinen 91 Metern Höhe wirkt es düster und gewaltig. Im Inneren findet man die Krypta zu Ehren der gefallenen Soldaten, darüber die Ruhmeshalle und den Kuppelraum mit 324 lebensgroßen Reiterfiguren. Außen wachen zwölf Meter hohe Krieger, das Schwert fest im Griff. Eher weltlichen Bedürfnissen widmet(e) man sich im Kaufhaus Topas, erbaut von Hermann Schmidt & Arthur Johlige 1903/04. Heute beherbergt das Haus mit der schmucken Fassade Räume der Commerzbank. Eine goldene Krone schmückte allerdings schon zu Zeiten des Kaufhauses das Dach. Neben dem Kaufhaus Wertheim in Berlin, dessen Bau im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, und dem Kaufhaus Tietz in Düsseldorf zählt Kähler dieses Haus zu den typischen Bauten aus der Zeit des beginnenden Konsumrauschs.

Eher bedächtig geht es in der Mädlerpassage zu, die Theodor Kössner 1912 bis 1914 errichtete. Kurz vor der Jahrhundertwende entwickelte man in Leipzig eine „städtische Wegeverbindung mit Verkaufsangebot“. Die Mädlerpassage, Teil der Messehäuser in der Innenstadt, ist die wohl eindrucksvollste. Bauherren der Messehäuser waren einst Leipziger Kaufleute, einer von ihnen hieß Mädler. Der hohe zweigeschossige Passagenraum wird durch Tageslicht erhellt, das durch Glasbausteine im Oberlicht fällt. In der Mädlerpassage findet sich auch Leipzig berühmtestes Gasthaus: Auerbachs Keller. Johann Wolfgang v. Goethe hat während seiner Leipziger Studentenzeit in dem historischen Fasskeller so manchen Humpen gehoben und das 1525 gegründete Lokal in seinem „Faust“ erwähnt.

Nur zehn Minuten ist die Mädlerpassage vom Hauptbahnhof entfernt gelegen, einem Bahnhof, der schon zu Zeiten seiner Erbauung (1909 bis 1915 von William Lossow und Max Kühne) alle Maßstäbe sprengte. Knapp 300 Meter mißt das Empfangsgebäude mit den zwei symmetrischen Eingangshallen in der Breite. Die Querhalle, eine Stahlbetonkonstruktion, beeindruckt mit 276 Meter Länge, 33 Meter Breite und 26,7 Meter Höhe. Der Hauptbahnhof in weiteren Zahlen: Grundfläche 83.000 Quadratmeter, mehr als 1,5 Millionen Kubikmeter umbauter Raum, Gesamtkosten rund 140 Millionen Reichsmark. In den letzten Jahren ist dieses „Wunder von Leipzig“ umgestaltet und den modernen Bedürfnissen angepaßt worden. 140 Läden, Cafés und Restaurants laden heute den Reisenden zum Verweilen ein. - Leipzig ist schließlich nicht nur eine Messe, sondern auch eine Reise wert.

 
     
     
 
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