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Licht in der Dunkelheit

 
     
 
Von jungen Leuten wird zunehmend die Frage an uns - die Kinder von einst - gerichtet, warum wir Alten so an Weih-nachten "hängen", wieso gerade dieses Fest so unvergessen in unserer Erinnerung haftet. Im Vergleich zum derzeitigen Aufwand sei es doch sehr bescheiden gewesen. Eine verständliche Frage der im Wohlstand Aufgewachsenen mit ihren vielen Bescherungen, die ihnen im Jahreslauf gegeben sind.

Weihnachten! Das bedeutet Abwechslung, Glanz im Grau. Was glänzte denn sonst in den Stuben, da es noch kein elektrisches Licht gab? Ich erinnere mich nur des gelegentlichen Blinkens der Fensterscheiben, des Blitzens des Spiegels. In der Küche auf dem Herd glänzten allerdings einige Töpfe, um den Herd die blanke Stange.

Dann aber öffnete sich endlich die Tür zu dem Weihnachtszimmer. Betroffen blieb ich auf der Türschwelle stehen: der Anblick war das Schönste, was ich bis dahin gesehen hatte. Mir schien, als wäre der Raum nicht unser vertrautes Wohnzimmer. Der von den Kerzen ausgehende Glanz tauchte alles in ein unwirkliches Licht. Die Lamettafäden an den Zweigen, die sich im Luftzug der Kerzenwärme bewegten, funkelten; ebenso die silbrigen Kugeln, deren Strahlen mir erschienen wie Märchenzauber. In den Kugeln mit kegeligen Glashöhlen brach sich das Licht vielfach und wurde in meiner Phantasie zu Eis und Schnee oder barg andere Geheimnisse. Ganz oben auf der Baumspitze thronte ein Engelsgeläut, dessen eilig drehendes Flügelrad helle Glöcklein anschlug und zarte Töne erklingen ließ. Dazu zauberten die Flügelschatten seltsam zerfließend
e Bewegungen an die Decke. Ich wußte nicht, wo ich zuerst hinsehen sollte.

Um das Maß wahrhaft überlaufen zu lassen, hängte Vater eine sprühende Wunderkerze oben in den Baum. Wie da die Sterne durch die Zweige herabregneten! Wirklich - wunderbar! Ach, und die Bunten Teller unter dem Baum, der auf dem Tisch stand, was enthielten die für eine süße Pracht! Dinge waren darunter, die ich noch nie gesehen hatte, nicht einmal wußte, was es alles für Herrlichkeiten auf der Welt gab. In den bunten Stanniolumhüllungen spiegelte sich das Kerzenlicht und ließ sie glimmern, als wäre es Edelstein. So etwas waren sie für uns Landkinder denn ja wohl auch.

Der Duft, der über allem schwebte, war so unwahrscheinlich wie alles, was nur der Heiligabend zu zaubern vermag. - Und das soll man vergessen?! Durchaus klar, daß ein solches Erlebnis sich tief einprägte ins junge Gemüt.

Und so sind die Erinnerungen an jene glücklichen Tage für manchen einsamen Alten heute oft das einzige Weihnachtsgeschenk von ideeller Bedeutung. Mancher Einsame findet Trost in den Erinnerungen, in den Gedanken, sieht das Licht in der Dunkelheit leuchte
 
     
     
 
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