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Mehr Hoffnung als Heimat

 
     
 
Die Zahl der nach Deutschland kommenden Spätaussiedler geht auch dieses Jahr wieder deutlich zurück. Auch ihre Zusammensetzung hat sich rapide verändert.

Gewaltbereit und kaltblütig sei er gewesen, habe selbst "hartgesottene Fahnder erschrocken" - Fälle wie der des jungen Rußlanddeutschen Eugen, der sieben Menschen getötet haben soll, tragen zu dem durch Kriminalität und Integrationsprobleme gekennzeichneten Bild bei, das über Spätaussiedler in der Öffentlichkeit kursiert. Weit weniger spektakulär und auffällig
ist die durchaus positive Entwicklung, die der Großteil dieser Zuzügler nimmt.

Dennoch: Wer derzeit nach Deutschland kommt, sieht hoffnungsvolle Idealbilder oft als Zerrbilder zerrinnen, denn zwischen einem Alltag in Kasachstan und Kassel liegen nicht nur sprachlich Welten.

Nach massivem Zuwachs der Aussiedlerströme in Folge des Falls der Regime in Osteuropa sind die Barrieren wieder höher geworden - diesmal von westlicher Seite. Deutschland ist vielen Spätaussiedlern zudem nicht vorrangig Heimat, sondern Hoffnung auf eine bessere Zukunft. 1997 waren beispielsweise in Berlin noch 40 Prozent der Neuankömmlinge echte Spätaussiedler mit deutschen Wurzeln, 2003 nur 20 Prozent. Es sind Nachzügler und ihre Familien, die jetzt kommen. Das neue Zuwanderungsgesetz fordert ab Januar 2005 angesichts dieser Herausforderungen auch deutsche Sprachgrundkenntnisse von den mitzieh- enden Angehörigen der Antragsteller. Sprachkurse werden zunehmend schon im Herkunftsland gefordert und gefördert, Hilfen sollen den Bleibewillen stärken - offenbar erfolgreich. Andererseits, befürchten Kritiker, schießen die neuen Regeln womöglich über das Ziel hinaus, denn gerade die anteilsmäßig vielen Jüngeren - zirka 50 Prozent der Rußlanddeutschen sind unter 30 Jahren - sind auch eine Chance für Deutschland - wenn ihre Integration gelingt. Sie sind nicht nur als Rentenzahler von morgen gefragt. Projekte wie "Ost-West-Integration" in Zusammenarbeit mit den Volkshochschulen oder "Sport mit Aussiedlern" vom Deutschen Sportbund sollen Brücken bauen. Acht Millionen Euro stellt die Bundesregierung für zirka 5.000 integrationsfördernde Projekte nach eigenen Angaben zur Verfügung.

Mittel, die dringend benötigt werden, denn auch wenn die Zahl der Aussiedler weiter deutlich sinkt, gibt es in Sachen Eingliederung mehr zu tun. Die rund 2,3 Millionen von ihnen, die in den vergangenen zehn Jahren die Bundesrepublik erreichten, sind längst nicht alle in der deutschen Gesellschaft angekommen. In Kleinstädten angesiedelt, bleiben manche in ihrer Gemeinschaft unter sich. Durch Drogendelikte und Straftaten werden vor allem die jungen Männer auffällig, in deutschen Gefängnissen geben sie bereits den Ton an. Die relativ hohe Arbeitslosigkeit unter ihnen stellt ein weiteres Problem dar. Doch neben unbestreitbaren Herausforderungen haben Spätaussiedler auch mit Vorurteilen zu kämpfen. Berufswege und die oft traditionelle Lebensplanung der aus der ehemaligen Sowjetunion stammenden Neubürger sind schlicht schwer mit denen westlicher Jugendlicher zu vergleichen. Für diese neue Generation sind neue Konzepte gefragt. S. Gutschmidt

 
     
     
 
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