|  |  Es geht um den Intendantenposten am Deutsche Theater (DT) in Berlin, aber vor  allem geht es um einen Kulturkampf zwischen Ost und West. Der wird zwar von den  Beteiligten geleugnet, aber ihre Leidenschaft verrät sie. Der "Westen", das sind  der amtierende Intendant Bernhard Wilms und die überregionalen Tageszeitungen.  Der "Osten", das sind Berlins Kultursenator Thomas Flierl (PDS), der neue  DT-Intendant Christoph Hein und die Berliner Zeitung  , die in der Hauptstadt über  beträchtlichen Einfluß verfügt. Senator Flierl hatte zeitig klargemacht, daß er den 2006 auslaufenden Vertrag  von Bernhard Wilms nicht zu verlängern gedenkt. Der Grund ist nicht eindeutig.  Das Haus - einst die Renommierbühne der DDR - sei zu beliebig geworden, heißt  es, Wilms habe das angestammte Ensemble vergrault und das DT einem nur an  Äußerlichkeiten interessierten Regiebetrieb unterworfen. Der Schriftsteller  Christoph Hein, Jahrgang 1944, soll die Bühne zum "führenden deutschsprachigen  Schauspieltheater", ja zum "Nationaltheater" machen. Zum "Nationaltheater der  DDR!", trompetete die Welt, und Gerhard Stadelmayer, Theaterredakteur der  Frankfurter Allgemeinen (FAZ), nannte Hein den "Garanten für den  Ost-Familienmief". Er sei nicht angekommen im "neuen Deutschland", auch seine  nach 1989 entstandenen Romane "Der fremde Freund", "Drachenblut" und "Landnahme"  atmeten die DDR-Herkunft.  Damit bestätigte der FAZ-Mann das Bild vom häßlichen "Wessi", der unwissend,  aber meinungsstark ist, denn Heins Literatur war von Anfang an mehr von dem  französischen Autor Camus als von Ho-necker beeinflußt. "Der fremde Freund" und  "Drachenblut" waren bereits 1982 erschienen: Es handelt sich um ein und  denselben Roman, der in beiden deutschen Staaten nur unter verschiedenen Titeln  firmierte. Ein kluger Kopf müßte das wissen. Ob Christoph Hein, ein vergrübelt wirkender, studierter Philosoph, für den  Intendantenposten der richtige ist, wird man allerdings fragen müssen. Ein  Theaterchef muß verwalten, politisieren, die Öffentlichkeit beeindrucken und  sogar Ränke schmieden können, um sein Schiff über Wasser zu halten. Doch steht  die Personenfrage, wie gesagt, längst als Vorwand für einen Kulturkampf zwischen  Ost und West.  Im Gespräch mit der Berliner Zeitung prangerte Hein, angesprochen auf den  FAZ-Angriff, die "Apart-heid" an, die der Westen gegenüber der Ex-DDR ausübe.  "Sämtliche öffentlich-rechtlichen Anstalten im Osten werden von Westlern  geleitet. Das ist normal, aber sobald ein Neger Intendant wird, ist der Aufstand  da." Kultursenator Flierl heizte die Stimmung zusätzlich an, als er im Berliner  Tagesspiegel (West) äußerte, Hein verfüge über ausreichend "geistige Substanz",  um "ausgefahrene Bahnen" zu verlassen und das DT zu erneuern. Was im  Umkehrschluß bedeutet, daß Bernhard Wilms in Flierls Augen von der geistigen  Substanz zu wenig besitzt. Wilms meldete sich mit einem scharfen Offenen Brief  zu Wort: "Sehr geehrter Herr Senator, wir müssen nicht gerettet werden. Sie  schaden dem Deutschen Theater, das Ihrer Fürsorge obliegt, wenn Sie es  öffentlich schlechtreden, um eine Personalentscheidung zu rechtfertigen. Die  eine Intendanz geht zu Ende, und 2006 beginnt eine neue. Das Haus ist gut  bestellt und beim Publikum höchst erfolgreich. Die Zahlen sind imposant. Wir  haben ein Ensemble, um das uns andere Theater beneiden. Niemand muß also das DT  ,neu aufrichten , eine Havarie ist nicht zu vermelden. Sie haben sich, seit Sie  im Amt sind, für unsere Arbeit nicht interessiert und kaum eine der  Vorstellungen gesehen. Sie wissen nicht, wovon Sie reden."   bestimmt. Denn das Leben läßt es sich nicht nehmen, die  spannendsten Stücke selber zu schreiben. 
 
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