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Primaten Systematik

 
     
 
DIE PRIMATEN (Herrentiere) gehören als eine Ordnung zu denMammalia (Säugetieren). Diese Klassifizierung geht auf L i n 11 6 (1758) •zurück. Vermutlich in der Kreidezeit sind die Primaten aus insektenfresserartigen Vorformen entstanden. Ihre direkten Vorfahren sind paläontologisch nicht bekannt. Ein Modell der ersten Primaten, mit denen die Entwicklung begonnen hat, bieten uns heute noch die Tupaioidea (Spitzhörnchen). Wie komplex die Probleme einer systematischen Gruppierung sind, zeigt zum Beispiel die Übersicht, die kürzlich von W. Fiedler im Rahmen des Handbuches der Primatenkunde (1956) gegeben worden ist. Eine Gliederung der Primaten innerhalb des Gesamtsystems der Säugetiere ist durch G. G. S i m p s o n (1945) erfolgt. Die Lehrbücher der Säugetierkunde und der Anthropologie bringen meist eine länger oder kürzer gefaßte systematische Übersicht über die Primatenordnung. Von den umfassenderen Darstellungen der Säugetiere ist unter den deutschen Arbeiten besonders das Werk von Weber-Abel (1928) zu nennen, unter den französischen der von G r a s s e (1955) herausgegebene Band des Traite de Zoologie . Die historisch erste ausreichend begründete Feststellung des systematischen Ortes der Hoininiden (Menschenartige) erfolgte durch T. H. H u x l e y 1863. Die Primaten sind als plazentale Säugetiere besonders charakterisiert durch fünfstrahlige Extremitäten, durch den Besitz von Plattnägeln (nur selten Krallennägel an einem oder mehreren Fingern), durch Greifhände und -füße und eine arborikole Lebensweise. Die Augenhöhlen werden von einem geschlossenen Knochenring umgeben. Das Gebiß ist heterodont mit meißelförmigen Schneidezähnen, spitzem Eckzahn und mehrhöckerigen (bunodonten,) Backenzähnen.

Die Ordnung (Ordo) wird in zwei Unterordnungen gegliedert: Prosimiae (Halbaffen) und Simiae (Affen). Die Prosimiae zerfallen in vier Gruppen (Infraordines) : I. Tupaiiformes (Spitzhörnchen); II. Lemuriformes (Makis);

III. Lorisiformes (Loris); IV. Tarsiiformes (Koboldmakis). Die beiden zuerst genannten kann man als Halbaffen im engeren Sinn bezeichnen. Die Koboldmakis erweisen sich als deutlich abgesetzt und stehen der Ursprungsstelle der Simiae näher als die differenzierten Makis und Loris.

Die Simiaegliedern sich in zwei Infraordines:

I. Platyrrhinri (Plattnasen, Affen der Neuen Welt), mit breiter Nasenscheidewand. Die Superfamilie C e b o i d e a besteht aus zwei Familien: s. den Cebidae (Rollschwanzaffen) und 2. den Callithricidae (Krallenaffen). Gattungen: Alouatta (Brüllaffe); Cebus (Kapuzineraffe); Ateles (Klammeraffe); Leontocebus (Löwenäffchen); Callithrix (Seidenäffchen).

II. C a t a r r h i n a• (Schmalnasen, Affen der Alten Welt), mit schmaler Nasenscheidewand. Sie zerfällt in die Superfamilien:

A. Cercopithecoidea (früher oft als Cynomropha oder Hundsaffen bezeichnet) mit der Familie Cercopithecidae, die in zwei Unterfamilien gegliedert wird: a) Cercopithecinae. Gattungen: Macaca (Magot); Rhesus (Rhesusaffe); Cynopithecus (Schopfpavian) und Papio (Mandrill); Cercopithecus (Meerkatze). b) Colobinae (Schlankaffen). Gattungen: Semnopithecus (Langur); Nasalis (Nasenaffe); Colobus (Stummelaffe, Guereza).

B. Hominoidea (Menschenaffen und Menschen), mit den Familien:l. Hylobatidae (Gibbons). (Vielleicht bilden hier die Parapithecidae, bekannt nur durch einen Unterkiefer aus dem Unteroligozän Agyptens, eine weitere Familie?) 2. Pongidae (Menschenaffen im engeren Sinne). 3. Hominidae (Menschenartige). Die Hominidae werden anschließend gesondert behandelt. Pongidae und Hominidae bilden eine phylogenetische Einheit (Abstammung des Menschen). Die Hylobatidan werden häufig mit den Pongiden zu einer Familie vereinigt.

Gattungen der Hylobatidae: (fossil) Propliopithecus (Oligozän); Limnopithecus (Miozän); Pliopithecus (Pliozän); Epipliopithecus (Pliozän) (rezent) Hylobates (Gibbon); Brachytanites (Zwergsiamang); Symphalangus (Siamang). Die fossilen Formen sind aus Europd und Afrika bekannt, die rezenten aus Ostindien.

Die Pongidae lassen sich unter Einschlug der fossilen.Gruppen bisher in drei Unterfamilien gliedern: a) P r o c o rl s u l in a e (relativ primitive Pongiden, noch keine strukturellen Langarmaffen oder Hangelkletterer bzw. Brachiatoren ). b) D r y o p i t h e c i n a e (im Gebiß ausdifferenzierte Pongiden, Extremitätenskelett nicht ausreichend bekannt, wohl noch keine typische Hangelerstruktur). Gattungen: D r y o p i t h ecus cf. Indopithecus (Miozän); Sivapitheci)s (MioPliozän); G i g a n t o p i t h e c u s (Pleistozän vielleicht hominid?). c) Ponginae (rezente Menschenaffen, strukturelle Brachiatoren ). Gattungen: P o n g o (auch foss4 und subfossil, Orang Utan) Ostasien; Pan (Schimpanse mit Zwergschimpanse) Afrika; Gorilla (Gorilla, mit Berggorilla) Afrika. Vielleicht ist es angebracht, Pan und Gorilla als Unterfamilie Gorillinae den Ponginae (Orangs) gegenüberzustellen, da die Unterschiede zwischen beiden Gruppen relativ groß sind.

Es muß noch betont werden, daß hinsichtlich der Rangeinstufung, ob Superfamilie, Familie und Unterfamilie, unter den Fachleuten keine einheitliche Beurteilung angetroffen wird.

Die Phylogenie der Primaten (58) zeigt eine erste adaptive Radiation im Paläozän (frühtertiäre Prosimierradiation). Aus ihr überleben die fortgebildeten Zweige der Prosimier, die Platyrrhinen und die Catarrhinen. Die Prosimier zeigen im Miozän-Pliozän weitere Radiationen, die besonders auf dem isolierten Madagaskar zu einer erheblichen Formenfülle geführt haben. Aus dem Eozän ist bis heute als eine Art lebendes Fossil T a r s i u s (Koboldmaki) erhalten geblieben. Die Prosimierwurzel des P 1 a t y r r h in en stammes ist nicht sicher festzustellen vielleicht besteht ein gemeinsamer Ursprung mit den Catarrhinen. Die Platyrrhinen machen im Mio-Pliozän eine auf Südamerika beschränkte Radiation durch, deren Ergebnis der heutige Formenreichtum der südamerikanischen Affen bildet, die es dabei zu erstaunlichen adaptiven Konvergenzen zu den Catarrhinen gebracht haben. Für die Catarrhinen muß eine den Cercopithecoidea und Hominoidea gemeinsame Wurzel angenommen werden. Ob dies bis auf prosimierartige Zustände, also auf das Halbaffenniveau zurückgeht, wie z. B. Simpson meint (58), ist unsicher. Wahrscheinlich kommen als Ahnengruppe Formen von protocatarrhiner Prägung in Betracht, die sich bereits über das Prosimierniveau hinaus differenziert hatten. Zeitlich liegt diese Stammgruppe wahrscheinlich im Eozän. Die Cercopithecoidea und die Hominoidea machten im Mio- und Pliozän ebenfalls adaptive Radiationen durch, innerhalb der Hominoidea ebenfalls die P o n g i d a e und Hominidae. Die ersteren fristen als spezialisierte Regenwaldbrachiatoren, soweit sie nicht sekundär terrestrisch geworden sind, in Refugialgebieten noch ein wahrscheinlich begrenztes Leben, die Hominidae erfuhren nach Erwerbung des aufrechten Ganges und mit dem Einsetzen der hominidentypischen Cerebra 1 i s a t i o n (Vergrößerung des Gehirns) eine vielästige Radiation, die sich im Zweige des Homo sapiens mit dem Ende der Eiszeit zu einem Maximum steigerte und zu dem hoch-polytypischen Artgefüge der Gegenwartsmenschheit geführt hat.

DIE HOMINIDAE (Menschenartige) haben sich aus primitiven, vermutlich noch nicht brachiatorisch differenzierten (d. h. ohne Spezialisierung der Arme zu Schwing- und Hangelklettern) Menschenaffen wahrscheinlich der ersten Miozünhälfte entwickelt. Für den Ahnentypus kann die unter- bis mittelmiozäne Gattung P r o c o n s u l als Modell dienen.

Die Hominidae lassen sich in drei Unterfamilien gliedern:

a) Oreopithecinae,

b) Australopithecinae (Praehomininae ),

c) Homininae (Euhomininae ).

d) Die Zugehörigkeit der O r e o p i t h e c i n a e zu den Hominidae wird noch nicht allgemein anerkannt (Abstammung des Menschen). Die bisher einzige Gattung O r e o p i t h e c u s mit der einzigen Art 0. b a m b o 1 i i ist seit 1871 bekannt, und in jüngster Zeit sind durch den Baseler Paläontologen H ii r z e l e r zahlreiche Reste dieser Form, darunter im Jahre 1958 ein ganzes Skelett, geborgen worden. Die Funde stammen aus unterpliozänen Braunkohlenablagerungen der Toskana. Von Hürzeler wurde bereits eingehend über das Fundmaterial berichtet. Es ergab sich ein derart komplexes hominides Merkmalskombinat, daß es kaum möglich erscheint, die Bildung dieses Kombinats unabhängig von der Menschenstammlinie anzunehmen. Oreopithecus scheint eine frühhominide Form aus der subhumanen Phase der Hominidenphylogenie zu sein und ein Beleg dafür, daß bereits an der Wende von Mio- zu Pliozän der Hominidenstamm phyletisch isoliert war.

b) Die Australopithecinae(Praehomininae ) sind seit 1924 (Fund von Taung, Betschuanaland, Südafrika) bekannt. Geologisch gehören sie in das Villafranchium (unteres Pleistozän), einige Funde gehen vielleicht bis in das mittlere Pleistozän hinauf. Heute liegen bereits die Reste von mehr als 100 Individuen vor, und neue Funde vermehren laufend das Material. An der Hominidennatur der Australopithecinen kann kein Zweifel bestehen. Sie waren bereits Aufrechtgänger (fünf Bekkenfumde bestätigen das). Weiterhin ist das Gebiß typisch hominid. Die Versuche, die Australopithecinen zu gliedern, können vorerst nur als provisorisch betrachtet werden. Es scheint aber möglich, zwei Typengruppen zu unterscheiden (Robin -s o n), über deren systematischen Rang (Gattungen, Untergattungen, Arten) jedoch nichts Bestimmtes ausgesagt werden kann: 1. Australopithecus-(Australanthropus-) Gruppe (Fundorte Taung, Sterk f ontein, Makapan); 2. Paranthropus-Gruppe (Fundorte: Kroiiidraai, Szvartkrans, 01 d e zu a y). (Weiteres -~ Paläanthropologie.)

Vermutlich kamen Australopithecinen auch außerhalb Afrikas, auf Java und in China, vor. Ihrem Typus nach sind die Australopithecinen unterpleistozäne Relikte aus dem Pliozän. Formen wie Australopithecus (Plesianthropus ) transvaalens is (Fundort Sterkfontein) könnten Modelle für die phylogenetische Ausgangsform der Homininae (Euhomininae ) sein. Ob sich die Vermutung bestätigen wird, daß wir noch eine dritte Formengruppe zu den Australopithecinen zu stellen haben, die G i g a ii t o p i t h e c u s- (Gigantanthropus-) Gruppe, die mit zahlreichen Zähnen und bisher drei Unterkiefern aus Südchina bekannt wurde, ist unentschieden und hängt von der genaueren Kenntnis der Unterkiefer ab. Vielleicht liegt in Gigantopithecus auch ein besonders kräftiger Pongide vor.

c) Die Homininae Euhomininae , echte Menschen. Wir stellen hier alle Homininae in nur eine Gattung H o ni 0. Sie läßt sich in drei Gruppen gliedern. Auch hier kann aber über die systematische Wertung nichts Sicheres ausgesagt werden: 1. Archanthropinen (Pithecanthropus u. a.); 2. Palaeai1thropinen (Neandertaler u. a.); 3. Neantliropinen (Sapiens -Typus mit fossilen Vorläufern). Über die Rassengliederung der rezenten Hominiden Rassengeschichte.
 
     
     
 
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