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Rebellion an der Basis

 
     
 
Der Streit um die 8.-Mai-Feier in Zehlendorf-Steglitz ist zum Glaubenskrieg eskaliert. Mit allem drum und dran: Als vor zwei Wochen die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) darüber debattierte, gab es Randale. Linksradikale entrollten ein Transparent mit der Aufschrift "Dank der Roten Armee".

Mehrfach schlugen Zivilpolizisten, die sich unter die Zuschauer gemischt hatten, zu und entfernten
einige der Störer. Der Streit um die Feier, bei der zum Ärger der Linken auch deutscher Opfer gedacht werden soll (vor allem Vertriebenen, Bomben- und Vergewaltigungsopfern) hatte seinen Höhepunkt zu diesem Zeitpunkt eigentlich erreicht. Die Fronten waren verhärtet. CDU und FDP standen zu ihrem Beschluß. Doch dann gab der Mitinitiator des Antrags, Torsten Hippe, dem ZDF ein Interview. Auf den Vorwurf, NPD-nah zu sein, antwortete Hippe: "Ich kann nicht verhindern, daß ich in einzelnen Fragen der NPD nahestehe. Wichtig ist, daß meine Ansichten auf einem anderen Fundament stehen als die der NPD." Was er damit sagen wollte: Auch für den Fall, daß die NPD gelegentlich einmal etwas Richtiges sagt, werde er seine Meinung nicht ändern.

Doch die Linke hatte ihren "Skandal" und so steigerte sich der Streit um eine bezirkliche Gedenkfeier zu einem "Fall Hippe". Der aufgescheuchte CDU-Landesvorsitzende Joachim Zeller - mit Hippes Äußerung konfrontiert - beschloß sofort: Der wird ausgeschlossen.

Zellers unüberlegte Handlung erinnert an die Reaktionen Angela Merkels, als Paul Spiegel sie über die Rede Martin Hohmanns "informierte". Zeller beging einen folgenschweren Fehler, weil er die Parteibasis falsch einschätzte. Mittlerweile ist der Fall Hippe längst zu einem Fall Zeller geworden.

Denn der 32jährige Hippe, der als einer der pfiffigsten Anwälte Berlins gilt, erwirkte erstmal eine Unterlassungserklärung gegen Zeller. Zeller darf nun nicht mehr behaupten, Hippe bekenne sich zu rechtsextremen Thesen. Tut er es doch, kostet ihn das 250.000 Euro. Der Gerichtsbeschluß dürfte für Entsetzen in der CDU-Geschäftsstelle gesorgt haben.

Doch dann trat der CDU-Landesvorstand zusammen und beschloß trotzdem einstimmig, Hippe solle aus der Partei entfernt werden. Diese Runde ging an Zeller. Und einen Moment lang sah es so aus, als würde jetzt niemand mehr für Hippe Partei ergreifen, als sei er politisch bereits am Ende.

Es kam anders: Der Vorstandsbeschluß erwies sich als Zellers letzter "Erfolg" in dieser Angelegenheit. Von jetzt an lief für ihn alles schief. Zunächst kam Unterstützung für Hippe von der Jungen Union. Erst zögerlich und nur in Bezug auf den BVV-Beschluß zur Gedenkfeier. Schließlich aber solidarisierten sich der JU-Landesvorsitzende Tim Peters und der JU-Kreisverband in Zehlendorf-Steglitz mit dem bedrängten Abgeordneten. Dann trat der CDU-Kreisvorstand zusammen. Hippe ist dort nicht sonderlich beliebt, dennoch widersetzte sich das Gremium dem Wunsch des Landesvorsitzenden nach einem Ausschluß mit neun zu acht Stimmen. Sogar Bezirksbürgermeister Herbert Weber stellte sich vor Hippe.

CDU-Generalsekretär Gerhard Lawrentz reagierte empört: "Der Landesvorstand hat einstimmig das Ausschlußverfahren gegen Herrn Hippe beschlossen. Dies ist bereits ans Parteigericht weitergeleitet und wird dort entschieden, völlig unabhängig von dem Beschluß aus Steglitz-Zehlendorf."

Noch andere führende Mitglieder der Berliner CDU meldeten sich zu Wort. So auch der gemeinhin als "rechts" geltende stellvertretende CDU-Vorsitzende Dieter Hapel: "Ich gehe davon aus, daß das Ausschlußverfahren weiter verfolgt wird, notfalls mit Hilfe der Bundespartei."

Und der frühere CDU-Chef Christoph Stölzl erklärte, die Parteigerichte würden den Fall jetzt mit Fairneß klären. Außerdem sei er verärgert über die Spannungen, so Stölzl weiter.

Der Fall spaltet von nun an die Partei - Führung gegen Basis. Und letztere wird wohl noch mehrfach Gelegenheit haben, sich zu äußern. Am Montag abend trat die BVV-Fraktion der CDU zusammen. Auch sie sollte Hippe feuern, was als unwahrscheinlich gilt, bei Redaktionsschluß aber noch nicht feststand.

Per Gerichtsbeschluß in die Schranken gewiesen: Ließ sich Berlins CDU-Landeschef Joachim Zeller vor den Karren einer Kampagne gegen seinen eigenen Parteifreund spannen?
 
     
     
 
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