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Reformhaus Deutschland - alles wird teurer

 
     
 
Gesundheitsgipfel, Energiegipfel, bald wohl auch ein Rentengipfel, vielleicht demnächst mal ein Integrationsgipfel - es "gipfelt" nur so in der Bundeshauptstadt. Die Großkoalitionäre zeigen, daß sie sich nicht zufriedengeben wollen mit dem alten Spruch "Wenn du nicht mehr weiter weißt, bilde einen Arbeitskreis". Im Berlin des Jahres 2006 heißt es: "Wenn du nicht mehr weiter weißt, berufe einen Gipfel ein." Das reimt sich zwar nicht mehr so schön, macht aber als Beitrag zeitgenössischer Ersatzlyrik durchaus Eindruck.

Und auch politisch macht es Eindruck. Dem Bürger wird das beruhigende Gefühl vermittelt, es geschehe etwas. Das erinnert an Gerhard Schröder
s "ruhige Hand": Hallo Deutschland, wir tun was! Dem Volk wurde - und wird - vorgegaukelt, es stehe an der Schwelle des größten Reformwerks aller Zeiten. Agenda 2010, Hartz I bis IV, Bürgerversicherung und Kopfpauschale, Föderalismusreform und so weiter und so fort. Am Ende blieben nur Ernüchterung und Enttäuschung - Hartz Sex und ein Ex-Kanzler, der - leider nur für die eigene Person - zeigte, daß Ältere doch noch eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Das hat nichts mit Beziehungen zu tun; man muß nur die richtigen Leute kennen, in Moskau zum Beispiel.

Natürlich hat Angela Merkel ein schweres Erbe übernommen. Der Wille, den deutschen Karren aus dem Sumpf zu ziehen und flott zu machen für die Zukunft, sei ihr nicht abgesprochen. Viel mehr aber war bislang nicht zu bemerken. Deutschland steckt weiter im Reformstau, Stimmungsverbesserungen an der Börse oder im Handel können nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Arbeitslosenzahl weiter um die Fünf-Millionen-Marke pendelt. Der Bürger sieht sich statt an der Schwelle großer Reformen eher in einem Reformhaus, und da weiß er, was er zu erwarten hat: vielleicht bessere "Ware" (sprich Politik), mit Sicherheit aber hohe Preise. Im Klartext: Alles wird teurer. Ob auch besser, bleibt abzuwarten.

Den Bürgern nun pauschal zu unterstellen, sie seien reformmüde oder gar reformunfähig, ist ungerecht. Viele Menschen in diesem Lande sind bereit, Opfer zu bringen, zusätzliche Belastungen auf sich zu nehmen, sich einzuschränken, zu verzichten. Aber sie wollen wissen, wofür. Und irgendwann wollen sie auch Erfolge sehen. Daran wird diese große Koalition sich messen lassen müssen - nicht an Zahl und "Klima" der Berliner Gipfel. Juliane Meier

Viel Lärm um nichts: Angela Merkel beim Verlassen des wenig ergebnisreichen Energiegipfels
 
     
     
 
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