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SEXUELLE REIFUNG

 
     
 
Die Wachstumsphasen werden durch verschiedene hormonale Regulationssysteme bestimmt. Beim kindlichen Wachstum wirken vor allem Thymus, Schilddrüse und Hypophyse unter Führung der Hypophyse zusammen; in der Pubertätszeit beginnen andere innersekretorische Drüsen einzugreifen und insbesondere die Keimdrüsen das Wachstum zu hemmen und schließlich zu beenden; sie formen gleichzeitig die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale (Konstitution, Geschlechter) zur erwachsenen Form aus. Zur Bestimmung des Entwicklungsstandes werden die einzelnen Reifezeichen wie folgt klassifiziert (B o b e r- S c h o l z, ähnlich Zeller und Sch midt-V oigt):

Knaben

Mamille (Brustwarze) : kindlich = klein, flach, unpigmentiert; Übergangsform = Schwellung; reif = kräftige, abgesetzte, oft pigmentierte Warze.

Schambehaarung: fehlend; wenig; glatt; gekräuselt (ohne Spitze); reif (obere Begrenzung spitz nach oben ausgezogen). Axillarbehaarung: fehlend; wenig; glatt; gekräuselt; Axillarfalte pigmentiert.

Penis: kindlich = klein, meist konisch; verlängert; verdickt; reif = volle Größe und Pigmentation.

Scrotum: kindlich = straff, rund und breit; verlängert; reif = pigmentiert, gefältelt, mit etwa walnußgroßen Hoden.

Bart: fehlend; kräftiger Flaum; beginnende Terminalbehaarung; reif = voll entwickelt.

Stimme: kindlich = hell; Übergangsform = Stimmbruch; reif = tief, volltönend.

Mädchen

Mamma (Brust): kindlich = klein, flach, unpigmentiert wie bei Knaben; Brustknospe = Schwellung des Warzenhofes und Verstreichen der Brustwarze; Knospenbrust = halbkugelig vorgewölbte Brust mit halbkugelig aufgesetztem Warzenhof; Übergangsform = beginnende Hebung der Brustwarze; reif = Warzenhof der Brustwölbung angeglichen, Warze deutlich abgesetzt. Schambehaarung: fehlend; wenig; glatt; gekräuselt mit runder Schamhaargrenze; reif = horizontale Schamhaargrenze.

Axillarbehaarung: wie Knaben.

Hüften: kindlich schmal; beginnende Rundung; Fullung. Menstruation: fehlend; vorhanden.

Die Reifezeichen treten nicht gleichzeitig, aber bei vielfachen individuellen Schwankungen in regelhafter Folge auf. Bei den Knaben beginnen sich in der Regel zuerst Scrotum und Penis zu vergrößern, wenig später zeigt sich die erste Schambehaarung, deren Entwicklung zur reifen Form jedoch erst sehr viel später abgeschlossen ist; es folgen die Axillarbehaarung und die pubeszente Schwellung der Brust und zuletzt der Bartwuchs. Bei den Mädchen setzt die Entwicklung der Brust, der Axillar- und Schambehaarung vor der ersten Menstruation (M e n a r c h e) ein und wird später abgeschlossen. Ebenso wie bei Körperhöhe und Gewicht kann an Hand einer Normtafel die individuelle Abweichung vom Durchschnitt der Altersklasse bestimmt werden. Unter Zusammenfassung aller Einzelmerkmale sind neben einer Mittelgruppe akzelerierte (frühentwickelte) und retardierte (spätentwickelte) Jugendliche zu unterscheiden. Die Bestimmung des Reifestandes bei Jugendlichen ist von großer praktischer Bedeutung, da er eine mitbestimmende Rolle in Schulleistung und sozialer Einordnung, Interessen, Berufswahl und Berufsbewährung in der Lehrzeit spielt.

Dem körperlichen Reifungsprozeß geht die psychische Reifung parallel. In zahlreichen Untersuchungen haben sich schwache bis mittlere Korrelationen (die meisten zwischen + 0,1 und + 0,3) zwischen somatischen und psychischen Entwicklungsmerkmalen ergeben; sie betreffen auf der somatischen Seite Längen- und Gewichtsmaße, Reifungsmerkmale, Ossifikation und Gesamtentwicklungsstand, auf der psychischen die Leistungsfähigkeit auf den verschiedensten Gebieten einschließlich Intelligenz, ferner Feinmotorik, Interessen, Partnerbeziehungen, Antriebe und Steuerungen, sexuelles Verhalten. Jugendliche, die körperlich über der Altersnorm stehen, übertreffen diese also in der Mehrzahl der Fälle auch in der seelischen und geistigen Entwicklung. Harmonisch entwickelte Jugendliche zeigen dabei ein günstigeres Bild als solche mit Disharmonien der körperlichen Entwicklung (verschieden starke Abweichungen von der Altersnorm in den einzelnen Merkmalen oder Abweichungen in der regelhaften Zeitfolge des Auftretens der Reifezeichen). Der Zusammenhang zwischen somatischer und psychischer Entwicklung ist um so deutlicher, je leibnäher die betreffenden psychischen Bereitschaften oder Funktionen sind (Undeutsch).

Intelligenztests zeigen eine ähnliche Alterskurve wie das Längenwachstum mit dem Höhepunkt bei etwa 20 Jahren, doch liegen im einzelnen die Leistungsmaxima in verschiedenen Altersklassen. So erreicht das mechanische Gedächtnis seinen Höhepunkt schon im Kindesalter, das logisch-systematische Gedächtnis Jahrzehnte später; Hochleistungen in verschiedenen Sportarten, Wissenschaften und Künsten zeigen deutliche Unterschiede in der Verteilung auf die Altersklassen (K e i t e r, L e h m a n n). Soziale Reife wird später erreicht als die somatische und sexuelle, wird aber auch von der sozialen Umwelt, dem Grad ihrer Differenzierung und den Anforderungen, die sie an das Individuum stellt, bestimmt. In der modernen Industriegesellschaft besteht eine charakteristische Spanne zwischen der sexuellen Reife auf der einen Seite größte Häufigkeit der Triebbefriedigung bei Männern im Alter von 15-20 Jahren (J o n s s o n, K i n s e y- Report) , der sozialen Reife und dem Heiratsalter größte Häufigkeit zwischen 25 und 3o Jahren auf der anderen. Im einzelnen sind aber die Entwicklungsabläufe im Erwachsenenalter »nahezu eine terra incognita« (H o f -s t ä t te r); da jedoch die Zahl alter Menschen durch die Verlängerung der Lebensdauer ständig zunimmt, woraus sich wiederum wirtschaftliche und soziale Probleme ergeben, ist in der Gerontologie (A lterszuissenscha f t) ein Forschungszweig entstanden, der körperliche und seelische Veränderungen in höheren Lebensaltern zum Gegenstand hat.

ENTWICKLUNGSTYPEN. Mit der Veränderung der Proportionen und der Ausformung der Geschlechtsmerkmale sind eine Reihe weiterer Formveränderungen verbunden, so die Reduktion des Unterhautfettgewebes, die Entwicklung der Muskelplastik und vor allem auch physiognomische Veränderungen: Hebung der Nase, Entwicklung des Kinns, Neigung der Unterschuppe der Stirn, Straffung der Wangen- und Mundregion. Unter Zusammenfassung aller altersspezifischen Form- und Proportionsmerkmale hat Zeller in Anknüpfung an S t r a t z u. a. Entwicklungstypen beschrieben, nämlich Kleinkind- und Schulkindtypus, zwischen denen der erste Gestaltwandel liegt, sowie Pubeszenz- und Maturitätstypus, die durch denzweitenGestaltwandel der Pubertät ineinander übergehen. Hauptmerkmale des Kleinkindtypus: Relativ starke Dominanz des Kopfes, rundlich-walzenförmiger Rumpf, geringe Kurvung der Wirbelsäule, relativ kleine, rundliche und weiche Extremitäten mit geringer Betonung der Gelenke; große und vorgewölbte Stirn bei kleinem, weichem Mittel- und Untergesicht. Schulkindtypus: Geringere Dominanz des Kopfes, gestreckterer Rumpf mit flacherem Brustkorb und stärker betonten Schultern; längere und schlankere Extremitäten, an denen sich Muskeln und Gelenke abzeichnen; größerer Anteil des Gesichts am Gesamtkopf, das durch Reduktion des Fettgewebes ebenso wie Rumpf und Glieder straffer, hagerer und profilierter wirkt und eine wachere, distanziertere Einstellung zur Umwelt ausdrückt. Pubeszenztypus: Reifungsmerkmale im Übergang zwischen kindlich und reif (vgl. sexuelle Reifung). Maturitätstypus: Geschlechtsmerkmale voll ausgebildet. Kleinkind- und Schultypus haben sich bei Untersuchungen auf Schulreife gut bewährt. Schulrekruten der Kleinkindform zeigen häufiger als solche des Schulkindtypus auch eine psychische Entwicklungsverzögerung und bei mechanischer Einschulung in einem bestimmten chronologischen Alter häufiger Schulschwierigkeiten, die durch Zurückstellung zu einem großen Teil vermieden werden können. Pubeszenz- und Maturitätstypus werden dagegen in der Regel nicht auf Grund eines ganzheitlichen Schauverfahrens, sondern durch Klassifikation und Kombination der einzelnen ReifungsmerkmaIe bestimmt.
 
     
     
 
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