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Sag mir wo die Barren sind

 
     
 
Deutschland muß sparen, das weiß der Bundeskanzler. Deutschland muß, um seine Zukunft zu sichern, mehr Geld in Bildung investieren, das weiß der Kanzler ebenfalls. Und er weiß natürlich auch, daß man nicht gleichzeitig mehr Geld und weniger Geld ausgeben kann.

In solch mißlicher Lage fällt den Kanzler im Zweimonatsrhythmus das an, was er für eine gute Idee hält: Die Bundesbank soll einen Teil ihrer Goldreserven verkaufen und den Erlös in eine Stiftung einbringen, woraus dann Forschung und Bildung gefördert werden. Einmal abgesehen davon, daß die Bundesbank unabhängig und derartigen Weisungen seitens der Bundesregierung nicht unterworfen ist, woran auch der unrühmliche Abgang des allzu reiselustigen Herrn Welteke nichts geändert hat: Schröders Idee scheint auf den ersten Blick wirklich recht gut zu sein.

Schließlich nennt die deutsche Zentralbank einen Goldschatz von 3.440 Tonnen im Wert von 36,5 Milliarden Euro
ihr eigen. Hinzu kommen Devisenreserven (hauptsächlich in Dollar) von 32,5 Milliarden Euro und Forderungen an den Internationalen Währungsfonds von 7,6 Milliarden Euro, jeweils nach dem Stand von Ende 2003. In der Summe hat sich seither kaum etwas geändert; der Goldpreis steigt, der Dollarkurs fällt, das gleicht sich aus.

Wenn nun, so die hinter verschlossenen Türen ausgebrüteten Regierungspläne, fünf Jahre lang je 120 Tonnen Gold verkauft würden, kämen pro Jahr etwa 1,3 Milliarden Euro in die Stiftungskasse. Ob allerdings die Rendite aus insgesamt 6,5 Milliarden dann auch wirklich in Bildung und Forschung investiert oder doch nur zur Haushaltssanierung verwendet würde, erscheint nicht nur Oppositionspolitikern fraglich.

Einer von ihnen, der inzwischen aus der Unionsfraktion vertriebene Martin Hohmann, hatte es einmal gewagt, genauer nachzufragen: Wo sich das Gold der Bundesbank "physisch" befinde, wollte er von Hans Eichels Ministerium wissen. Der gab sich bedeckt und ließ mitteilen, ein großer Teil werde "in eigenen Tresoren im Inland" gehalten, ein "sehr geringer Teil im einstelligen Prozentbereich" werde im Goldleihgeschäft eingesetzt. Auffällig, um nicht zu sagen verräterisch, ist folgende Formulierung in der Antwort des Hauses Eichel: Man lasse "auch Goldbestände an wichtigen Goldhandelsplätzen ... verwahren".

Insider wie der Finanzexperte Bruno Bandulet, Herausgeber des Informationsdienstes Goldseiten, sind sich allerdings sicher, daß der allergrößte Teil der deutschen Goldreserven inzwischen in den USA lagert. Genauer: in den Tresoren der Federal Reserve Bank in New York. David Marsh, langjähriger Deutschlandkorrespondent der Financial Times, behauptete schon zu Kohls und Waigels Zeiten unwidersprochen, in Frankfurt lagerten nur noch 80 Tonnen, zwei Prozent des deutschen Goldes, der Rest sei auf New York, London und Paris verteilt.

Wann immer in den letzten Jahren gefragt wurde, wo sich denn nun wieviel vom deutschen Gold tatsächlich befindet - die Bundesregierung weicht konkreten Antworten stets aus. Auffällig nur: Seit drei Jahren heißt es in offiziellen Verlautbarungen und Bilanzen nicht mehr nur "Gold", sondern "Gold und Goldforderungen".

Schröders "gute Idee" ist also doch nicht so gut - wenn das, was er verkaufen will, gar nicht mehr da ist. So kann man nur hoffen, daß die oben zitierten Experten wenigstens in einem Punkt nicht recht haben: wenn sie vermuten, daß "die Amerikaner das deutsche Gold als eine Art Pfand betrachten". Juliane Meier

Bildung plötzlich Gold wert: Gern würde der Bundeskanzler die Reserven verkaufen, doch nicht nur die Bundesbank verweigert sich.

 
     
     
 
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