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          Folgt man de     Berichterstattung über den Nahost-Gipfel, dann soll der Streit um den künftigen Statu     von Jerusalem der entscheidende Grund für das Scheitern der Verhandlungen gewesen sein     In palästinensischen Kreisen hieß es, Arafat seit wütend über die anhaltende Weigerun     des israelischen Staatschefs Ehud Barak gewesen, den Palästinensern Souveränität übe     die gesamte Altstadt von Jerusalem, zumindest jedoch über die Heiligen Stätten de     Moslems und Christen, zu gewähren. 
  Daß Barak in dieser Frage keine Kompromisse machen konnte oder wollte, häng     sicherlich nicht nur mit der unnachgiebigen Haltung der orthodoxen Juden oder mit de     Morddrohung aus den Reihen der verbotenen    Kach-Bewegung zusammen. Immerhin hatte Barak de     Palästinensern die Souveränität über einige mehrheitlich von Arabern bewohnt     Stadtviertel von Jerusalem in Aussicht gestellt, was wohl bedeutet, daß er Kenntnis vo     der Not Arafats besitzt, wie umgekehrt dieser weiß, daß der Spielraum Baraks gering ist     
  Das Insistieren des Palästinenser-Präsidenten Arafat auf die Altstadt von Jerusale     erklärt sich aus der Tatsache, daß die Altstadt Jerusalems und die arabischen Vorort     während des Sechs-Tage-Krieges im Juni 1967 von Israel besetzt worden sind. Die Israeli     haben dann widerrechtlich ganz Jerusalem zu einer Verwaltungseinheit zusammengefaßt     Genau diesen Zustand wünscht Arafat, jetzt rückgängig zu machen. Zum israelische     Staatsgebiet gehören völkerrechtlich gesehen nur die Vorstädte Jerusalems im Norden un     Westen sowie der südwestliche Hügel der Stadt. Will man die jüdisch     Verhandlungsposition verstehen, ist es nützlich, das Augenmerk darauf zu lenken, daß die     Bedeutung Jerusalems für die gläubigen Juden weit über das "diesseitige"     Jerusalem hinausgeht. Für das Judentum stellt Jerusalem seit drei Jahrtausenden da     Zentrum des jüdischen Glaubens dar. Gerade in der Zeit der Diaspora, die nach de     römischen Eroberung Jerusalems 70 n. Chr. die Juden in alle Welt verstreute, wurd     Jerusalem zum Sinnbild des Willens der Juden, in ihr Land zurückzukehren. Aus dieser Zei     stammt auch die ständig wiederholte Willensbekundung: "Nächstes Jahr in     Jerusalem". Jerusalem, das ist für die Juden das einzige Überbleibsel de     Salomo-Tempels, der einst auf dem Berg Moria stand. Dieser Tempelres     ("Klagemauer") stellt seit 19 Jahrhunderten der Mittelpunkt der Gebete der Jude     dar. Jerusalem soll darüber hinaus auch der Ort des Grabes Davids auf dem Zionsberg sein     und der alte Friedhof auf dem Ölberg gehört zu der Stätte, wo Juden sich sei     Jahrhunderten bestatten lassen. Doch Jerusalem hat nicht nur, wie oben bereits angedeutet     eine Diesseitsperspektive. Im Spätjudentum rückten aufgrund der von Theodor Herz     begründeten Rückkehrabsichten mehr und mehr Vorstellungen vom "himmlische     Jerusalem" an die Stelle des "irdischen Jerusalem". Das "himmlisch     Jerusalem", das ist die Stadt, die vom Anbeginn der Zeiten bei Gott weilt, die mi     oder durch den ersehnten Messias auf die Erde kommen würde, und die die Hoffnung auf ei     zukünftiges Leben wachhält. Das Band, das das "irdische" und da     "himmlische" Jerusalem zusammenhält, ist die jüdische Ursehnsucht, die in de     Vorstellung kulminiert, für "immer und ewig in der Nähe Gottes wohnen" zu     können. Diese religiösen Vorstellungen mischten sich gelegentlich auch mit politischen     die in der Vorstellung von Jerusalem als zukünftiger Welthauptstadt einmündeten.
  Daß Jerusalem selbstverständlich auch für Christen und Muslime von herausragende     Bedeutung ist, ergibt sich aus der historischen und theologischen Nähe dieser dre     großen monotheistischen Buchreligionen. Für die Christen ist Jerusalem der Ort, an de     Jesus lebte, predigte und auferstanden ist. Auch wenn aus christlicher Sicht de     "himmlischen Jerusalem" größere Bedeutung als dem "irdischen"     zukommt, übt die Stadt nach wie vor große Anziehungskraft auf Christen aus. Viel     Christen reisen noch immer in der Hoffnung nach Jerusalem, Gott dort näher kommen zu     können.
  Nach islamischer Vorstellung wurde der Prophet Mohammed durch ein Wunder von Mekka nac     Jerusalem versetzt, von wo aus er zum Himmel hinaufstieg. Felsendom und Al-Aksa-Mosche     ("Die Ferne"), beide im siebten Jahrhundert erbaut, sind Hinweise darauf, da     aus islamischer Sicht Jerusalem als jener "ferne Ort" gedeutet wird, der in     Koran angesprochen wird. Jerusalem ist damit wie Mekka und Medina für die Muslime au     aller Welt ein heiliger Ort. Stefan Gellner
 
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