|   | 
          Wer war     der Mann, der in die Uniform eines respektablen Hauptmanns der kaiserlichen Armee     schlüpfte und damit ein dreistes Verbrechen ausübte? Wer war dieser Mann, der die     größte kriminalistische und journalistische Sensation des wilhelminischen Zeitalters     auslöste und über den die ganze Welt lachte?  Ein Dieb und Schwindler oder ein     politischer Philosoph, der die Macht der Uniform erkannt hatte? Insgesamt 29 Jahre     Gefängnis hatte er auf dem Kerbholz, als er wegen eines Unternehmens, das als     "Köpenick   iade" geradezu sprichwörtlich werden und in die Annalen eingehen     sollte, wieder einmal vor den Schranken des Gerichts stand.
       Als Sohn eines Schuhmachers wird Wilhelm F. Voigt am 13. Februar 1849 in Tilsit     geboren, wo er die dreiklassige Stadtschule besucht. Schon mit 14 Jahren wird er bei einem     kleinen Diebstahl erwischt und zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt, gilt als vorbestraft.     Ein Verhängnis, das sein weiteres Leben bestimmen sollte. Besonders hart trifft es ihn,     daß er 1866 als Vorbestrafter nicht als Kriegsfreiwilliger angenommen wird. Gefängnis-     und Zuchthausstrafen folgen wegen leichter und schwererer Delikte; Voigt wird gar unter     Polizeiaufsicht gesetzt und 1906 aus Berlin ausgewiesen. Illegal lebt er in der     Hauptstadt, benötigt dringend neue Papiere. Das bringt ihn auf die Idee, sich im Rathaus     Köpenick solche Papiere zu besorgen. Paßformulare gibts dort jedoch nicht, und so     läßt der als Hauptmann verkleidete Schuster, der auf der Straße einige Soldaten unter     sein Kommando gestellt hat, das Geld konfiszieren. Zehn Tage später schon wird er     verhaftet, zu vier Jahren Gefängnisstrafe verurteilt, allerdings nach zwei Jahren vom     Kaiser begnadigt. Fortan reist er mit seiner Geschichte durch die Lande (sogar bis nach     Amerika und Kanada), wo er großes Publikum amüsiert. Am 3. Januar 1922 stirbt Wilhelm     Voigt, der Schuster aus Tilsit, im fernen Luxemburg, wo er auf dem Armenfriedhof     Notre-Dame seine letzte Ruhestätte findet.
       Sein Leben und seine Tat, über die alle Welt lachte, ist nicht zuletzt auch durch     Zuckmayers Theaterstück unvergessen geblieben. Werner Krauss, Heinz Rühmann und nun auch     Harald Juhnke verkörperten den "Hauptmann von Köpenick". In einem jetzt bei     Ullstein erschienenen Buch (Ohne Glanz und Gloria. Die Geschichte des Hauptmanns von     Köpenick, 288 Seiten, brosch., 17,90 DM) untersucht Winfried Löschburg des Schusters     "wohlgelungenen Streich" und berichtet über die Hintergründe eines     ungewöhnlichen Kriminalfalls. Hm
        
         | 
            |