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Siebenhundert kluge Köpfe

 
     
 
Wenn im Herbst wieder die begehrten Nobelpreise in Oslo und Stockholm verliehen werden, dann wird man sich anläßlich der Feierlichkeiten vielleicht auch daran erinnern, daß dieser Preis vor 100 Jahren zum ersten Mal vergeben wurde. 1901 waren es der im westpreußischen Hansdorf geborene Mediziner und Begründer der Serumheilkunde Emil v. Behring, der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen, der Chemiker Jacobus van’t Hoff, der Gründer der International
en Roten Kreuzes Henri Dunant und Frédéric Passy, der Mitbegründer der internationalen Friedensbewegung und der Interparlamentarischen Union, sowie der Schriftsteller Sully Prudhomme, die den damals jungen Preis erhielten.

Viele Preisträger sind im Laufe der hundert Jahre hinzugekommen. Einige Namen kennt heute jedes Schulkind, andere wiederum dürften nur noch Fachleuten ein Begriff sein. Und so mag denn das Harenberg Lexikon der Nobelpreisträger (Harenberg Lexikon Verlag, Dortmund. 720 Seiten mit über 700 überwiegend farbigen Abb., Leinen mit farbigem Schutzumschlag, Lesebändchen, 89 DM) nicht nur für Wissenschaftler eine wahre Fundgrube sein. Dieses "Museum der klügsten Köpfe unseres Jahrhunderts" bietet neben ausführlichen Informationen über die bisher 700 Preisträger eine Fülle historischer Fotografien, die nicht zuletzt auch den Menschen hinter der Leistung offenbaren. Erstaunlich übrigens, wie viele der Preisträger aus Ost- und Westpreußen oder aus Schlesien stammen! Man denke dabei nicht nur an den bereits genannten Emil v. Behring oder an den in Danzig geborenen Günter Grass, sondern vielmehr auch an die Schlesier Paul Ehrlich (1908), Gerhart Hauptmann (1912) oder an Max Born (1954). Im Jahr 1910 wurde der 1847 in Königsberg geborene Chemiker Otto Wallach mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Er erhielt den Preis für seine Pionierleistungen auf dem Gebiet der alizyklischen Kohlenstoffverbindungen, volkstümlicher ausgedrückt: für seine Forschungen im Bereich der ätherischen Öle. Sie schufen die Grundlage für das Verständnis dieser wichtigen Naturstoffe. Wallach starb 1931 in Göttingen, wo er auch seine letzte Ruhestätte fand.

Ein Jahr später wurde wieder ein Ostpreuße mit einem Nobelpreis ausgezeichnet: Wilhelm Wien, geboren 1864 in Gaffken, Kreis Fischhausen. Er erhielt den Preis für seine Forschungen zur Wärmestrahlung und gilt heute gemeinhin als Wegbereiter der Quantenphysik. Aufgrund seiner Forschungen waren genaue Strahlenmessungen erst möglich geworden. Wien, der 1928 in München starb, war einer der wenigen Physiker, der Experimente und Theorie gleichermaßen beherrschte.

Im Jahr 1920 wurde der Chemiker Walther Nernst mit der Verleihung des Nobelpreises geehrt. Der 1864 im westpreußischen Briesen geborene und in Graudenz aufgewachsene Nernst gehört zu den Pionieren der physikalischen Chemie. Er erhielt den Preis für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Thermochemie, d. h. die bei chemischen Reaktionen auftretenden Wärmeumsätze und die Abhängigkeit des Stoffumsatzes unter anderem von der Temperatur. Nernst starb 1941 in Muskau in der Niederlausitz.

In Königsberg wurde 1899 Fritz Albert Lipmann geboren, der 1953 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet wurde. Er entdeckte das Coenzym A und seine Bedeutung für den Zwischenstoffwechsel. Lipmann starb 1986 in Poughkeepsie/New York.

Ein Rückblick auf die Entstehungsgeschichte des wohl begehrtesten Wissenschaftspreises und auf das Leben seines Stifters Alfred Nobel (1833–1896) runden diese Chronik der Natur- und Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts sinnvoll ab. Peter van Lohuizen

 
     
     
 
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