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So viel Glück gibt s gar nicht

 
     
 
Ich hatte in einem Schnellimbiß eine Portion Pommes mit Ketch-up zu mir genommen. Ich wollte gerade meine Tabakpfeife stopfen, als mein Blick durchs Fenster auf die Straße fiel. Seltsamerweise wurde mir erst jetzt bewußt, daß sich der Imbißladen gegenüber einer Bank befand.

Wie in Trance stand ich auf, ging hinaus, überquerte die Straße und betrat die Schalterhalle. Es war nur eine kleine Zweigstelle, mit einem Kassierer und einer jungen Angestellten. Ich breitete mein Taschentuch über die Tabakpfeife und steuerte auf den Kassenschalter zu. Alles wie in Trance.

Der Kassierer blickte sekundenlang auf das, was er für eine verdeckte Kanone hielt und wußte sofort Bescheid. "Haben Sie eine Plastiktüte dabei?" fragte er.

Ich schüttelte den Kopf. An so etwas hatte ich gar nicht gedacht. Aber der Kassierer half netterweise mit einer eigenen Tüte aus, füllte sie in aller Eile und gab sie mir. Ich nickte dankend, ging in den Schnellimbiß zurück und setzte mich wieder an meinen Tisch. Von hier aus beobachtete ich in aller Ruhe das Eintreffen der Streifenwagen. Wenig später kamen auch zwei Beamte
in den Imbiß und stellten ihre Routinefragen. Aber das half ihnen nicht weiter.

Zu Hause bekam ich dann einen gehörigen Schreck. Da hatte man mir doch tatsächlich ein halbes Vermögen eingepackt. Einfach so. In Trance. Natürlich fiel mir prompt Gabriele ein. Gabriele de Castelle. Heute lief sie in Vincennes, Frankreich. Start 13 Uhr. Ich kam gerade noch rechtzeitig in die Wettannahme, um ein paar große Scheine zu riskieren.

Und Gabriele gewann! Völlig unerwartet ging sie - in Trance wahrscheinlich - als erste durchs Ziel und machte mich um allerlei Scheine reicher. Anschließend gewann ich noch zwei kleinere Rennen in Saint-Cloud.

Zwei Tage später saß ich wieder in einem Schnellimbiß, aß Pommes mit Ketchup und beobachtete die Bank gegenüber. Es war eine andere Bank, aber es ist doch schon recht merkwürdig, dachte ich, wie viele Schnellimbisse es mit Blick auf Geldinstitute gibt!

Ich wartete etwa eine halbe Stunde, dann betrat ich die Schalterhalle. Ich legte eine Aktentasche mit dem mir vorgestern zugeflossenen Geld auf den Tresen. Auch die Renngewinne befanden sich in der Tasche. Sicher ist sicher, sagte ich mir. Es hieß ja, daß man selbst etwas tun solle in Sachen Altersvorsorge. "Ich bitte um Eröffnung eines Kontos", sagte ich zu dem Kassierer, "und um einen guten Anlagetipp!"

Noch ehe der Kassierer antworten konnte, kamen drei bis an die Zähne bewaffnete Typen hereingestürmt. "Das ist ein Überfall!" rief einer der Kerle. Er stellte sich, ich war der einzige Kunde in der Schalterhalle, dicht hinter mich und drückte mir etwas Hartes ins Kreuz. Sicher keine Tabakpfeife, dachte ich.

Der zweite Gangster hielt mit einer Pistole das Personal in Schach. Der dritte plünderte in aller Eile die Kassenbox. Er stopfte die Geldscheine hastig in eine Leinentasche. Dann warf er sie über den Tresen - genau vor meine Füße.

Als der Mann dann selber über den Tresen hechten wollte, stürzten Polizisten in die Schalterhalle. Vier Mann hoch - die Waffen im Anschlag, und die Gangster hoben die Hände. "Sie auch - Hände hoch!" wandte sich einer der Uniformierten an mich.

"Dieser Herr ist ein Kunde", sagte der Schalterbeamte. "Er will ein Konto eröffnen. Ich verhandelte gerade mit ihm, als der Überfall geschah."

"Geht in Ordnung!" nickte der Polizist. "Ich glaube", sagte ich zu dem Bankangestellten, "ich geh drüben im Schnellimbiß inzwischen erst nen Kaffee trinken und komme dann nachher noch einmal wieder." - "Sicher, ganz wie Sie wünschen", sagte der Schalterbeamte. "Welch ein Glück übrigens, nicht wahr, daß unser Fräulein Annegret heimlich den Alarmknopf gedrückt hat und gerade zwei Streifenwagen in der Nähe waren - so ein Glück aber auch!"

Der Mann hatte völlig recht. In der Leinentasche befand sich mehr als eine halbe Million! Mit all dem Geld würde ich wahrscheinlich heute noch in dem Schnellimbiß sitzen, wenn ich nicht inzwischen aufgewacht wäre. Denn so viel Glück kann ein Mensch nur im Traum haben!

 

Ein Sommertag
von Sabine Horn

Der Sommertag

noch lang nicht vorbei -

aber landeinwärts

das Möwengeschrei.

Da wächst im Sand

ein Büschel Gras

und ist so scharf

wie Scherbenglas.

Doch Woge und Woge

fügt sich der Zeit -

träumt immer wieder

die Ewigkeit.

 
     
     
 
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