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Spanien macht die Grenzen dicht

 
     
 
In Deutschland scheinen die politischen Lager unfähig, sich auf ein neues, vernünftiges Ausländer- und Zuwanderungsrecht zu verständigen; zu weit sind die Positionen auseinander. Rot-Grün will - trotz Massenarbeitslosigkeit und Wirtschafts
flaute - noch mehr Zuwanderung, die Union lehnt das ab, weil sie vor allem mehr Zuwanderung in unsere ohnehin maroden Sozialsysteme befürchtet. Ein Blick nach Spanien lehrt, wie dieses Problem gelöst werden kann.

In Spanien haben sich die konservative Regierung und die wichtigste Oppositionspartei, die sozialistische PSOE, weitgehend auf ein neues Ausländergesetz geeinigt. Es soll dazu dienen, den ungebremsten Zustrom von illegalen Einwanderern zu verringern, mit dem sich Spanien nicht minder konfrontiert sieht wie beispielsweise Deutschland.

Es sind vor allem die Armutsflüchtlinge aus Marokko und dem Gürtel südlich der Sahara, die auf die iberische Halbinsel wollen, um dort Lohn und Brot zu finden. Es vergeht kaum ein Tag, an dem die großen Zeitungen nicht über Festnahmen oder tragische Schiffsunglücke berichten, denn viele der kleinen, meist hoffnungslos überladenen Boote sinken auf dem Weg zur andalusischen Küste oder vor den Kanarischen Inseln. Außerdem ist Spanien Ziel vieler Südamerikaner, die aufgrund der anhaltenden wirtschaftlichen Misere ihrem Kontinent den Rücken kehren und in Europa einen Neuanfang suchen. Rund zwei Millionen Ausländer hat das Land in den letzten siebeneinhalb Jahren aufgenommen, und mit jedem Tag werden es mehr.

Als vor einer Woche die Grundschulen ihre Pforten öffneten, spiegelte sich das Migrationsproblem auch in den Klassenräumen wider. Rund 400.000 Kinder ausländischer Eltern besuchen spanische Schulen, und im Madrider Zentrum sind 32 Prozent aller Buben und Mädchen, die dort die Schulbank drücken, nicht in Spanien geboren. Diese Zahlen und die damit verbundenen gesellschaftlichen Probleme ließen nun die politische Klasse des Landes nach einer Lösung suchen.

Das neue Gesetz sieht auf der einen Seite Arbeitserleichterungen für Einwanderer vor, auf der anderen Seite wird der polizeiliche Überwachungsapparat mit Befugnissen ausgestattet, die in Westeuropa wohl einmalig sein dürften. Was die Vereinfachung der Arbeitssuche in Spanien betrifft, so können Immigranten künftig ein dreimonatiges Arbeitsvisum beantragen, ohne sich zusätzlich um eine Aufenthaltsgenehmigung bemühen zu müssen. Allerdings werden Visa nicht blindlings erteilt, sondern richten sich strikt nach den Erfordernissen der spanischen Wirtschaft. Während den Verhandlungen gelang es der Opposition, diese so genannten "Korridore" zu erweitern und damit zusätzliche Arbeitsfelder für Ausländer zu schaffen.

Zu den Verschärfungen des neuen Gesetzes gehört, daß Ausländer, die sich illegal im Land aufhalten und bei einer Störung der öffentlichen Ordnung festgenommen werden, innerhalb von 48 Stunden ausgewiesen werden können. Wer nicht innerhalb von 72 Stunden in sein Heimatland abgeschoben werden kann, wird in ein Internierungslager eingeliefert, um von dort aus spätestens nach 41 Tagen ausgewiesen zu werden. Ferner erhält die Polizei Einblick in die Einwohnerverzeichnisse der Gemeinden. Dieser Passus des Gesetzes gilt als besonders umstritten, denn viele "sin papeles" (Immigranten ohne Papiere) haben sich in die Listen für das öffentliche Gesundheitswesen eintragen lassen und können so von der Polizei herausgefiltert werden. Auch die Fluggesellschaften werden künftig von den Behörden in die Pflicht genommen. Sie müssen Passagiere melden, die lediglich einen Hinflug nach Spanien gebucht haben, nicht jedoch den Rückflug. Wer einen gebuchten Rückflug nicht antritt, dessen Daten werden künftig ebenfalls an die Polizei weitergegeben.

Die Neufassung des Gesetzes für Ausländer ist nicht von allen im Madrider Parlament vertretenen Parteien gutgeheißen worden. Während regionale Gruppierungen (vor allem Basken und Katalanen) bemängeln, daß zu sehr in ihre autonomen Kompetenzen eingegriffen werde, kritisiert die radikal linke IU (Izquerda Unida) die Zusammenarbeit zwischen der sozialistischen PSOE und der konservativen Regierung. Und die Organisation SOS Racismo erklärte, die PSOE habe sich mit diesem Gesetz zum Komplizen der Fremdenfeindlichkeit der Regierungspartei PP gemacht. Michael Ludwig
 
     
     
 
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