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          Seit dem Frühjahr 1993 sorgt das "Haus der Heimat" in Stuttgart,     zentraler Sitz der Freundeskreisen des Bundes der Vertriebenen in Baden-Württemberg,     immer wieder für Schlagzeilen. Ins Rampenlicht des Interesses war man geraten, als ein     junge Journalistin im März 1993 die öffentliche Bibliothek im Haus der Heimat nach     sogenannter rechtslastiger Literat   ur absuchte und "fündig" wurde.
       Ihren sensationsheischenden Artikel in der "Stuttgarter Zeitung" nahm der     damalige Innenminister Birzele (SPD) zum willkommenen Anlaß, um die sofortige Schließung     der Bibliothek zu veranlassen. Ins Visier des öffentlichen Verdachtes geriet dabei auch     der damalige Leiter des Hauses, Albert Reich. Dieser wurde zunächst von der Leitung der     Bibliothek suspendiert. Dann nahmen sich Staats- und Verfassungsschutz der Schriften an.     Fast 2500 Bücher wurden in der Folge entfernt, angeblich, weil sie dem neuen     Sammelschwerpunkt nicht mehr entsprochen hätten oder veraltet seien; bei 26 Büchern     wollte man einen rechtsextremistischen Inhalt festgestellt haben. Erst Anfang 1994 wurde     die Bibliothek unter einer völlig neuen Konzeption wieder eröffnet.
       Reich selbst wurde rechtsextremistisches Gedankengut unterstellt. Ihm wurde     vorgeworfen, er habe im Haus der Heimat Flugblätter mit angeblich rechtsextremistischem     Inhalt auslegen lassen. Der Innenminister ordnete eine Untersuchung an. Bis zur Klärung     des Sachverhalts wurde Reich zunächst beurlaubt. Kurz vor der Wiederaufnahme seiner     Dienstgeschäfte im Mai 1993 tauchte plötzlich ein dubioses Schreiben mit rassistischem     Inhalt auf, das Reich schon 1986 an einen in den USA lehrenden und zwischenzeitlich     verstorbenen Professor geschickt haben soll. Daraufhin wurde Reich vorläufig vom Dienst     suspendiert.
       Obwohl dieses Pamphlet schnell als Fälschung identifiziert werden konnte, kam das Haus     nicht zur Ruhe. Die Suspendierung wurde aufgehoben, Reich aber bis zur Klärung aller noch     offenen Fragen zum Regierungspräsidium Stuttgart versetzt. Inzwischen befaßte sich auch     der Landtag mit der Af-färe um das Haus der Heimat. Finanzminister Mayer-Vorfelder (CDU)     und die Republikaner vermuteten Rufmord und eine gezielte Intrige gegen Reich und die     Vertriebenenverbände, SPD und Grüne dagegen forderten die Schließung des Hauses und die     Streichung der Mittel.
       Die Untersuchung dieses Falles brachte am Ende so wenig, daß Reich entgegen der     Absicht des Innenministers nach einer Abmahnung im September 1993 seinen Dienst wieder     aufnehmen konnte. 1994 gab er die Leitung ab und wurde später pensioniert. Damit hätte     die Angelegenheit eigentlich abgeschlossen sein können.
       Jetzt aber zeigte sich, wie vergiftet die Atmosphäre bereits war. Durch das massive     Vorgehen des SPD-geführten Innenministeriums, das im Haus der Heimat, bei den     Freundeskreisen und deren Besuchern zumindest latent wirkende rechtsextremistische     Umtriebe am Werke sah, war ein Klima des Mißtrauens entstanden. Vielleicht hätte sich     die Situation entspannt, wenn nach dem Ausscheiden Reichs schnell ein neuer Leiter für     das Haus der Heimat bestimmt worden wäre. Doch bis1997 blieb die Stelle vakant und wurde     nur kommissarisch geführt. Dafür traten Mitarbeiter schon einmal als     Gesinnungspolizisten auf. So zum Beispiel bei einem Bildervortrag über eine Reise nach     Pommern; die sich an den Vortrag anschließende Diskussion wurde von dem die Veranstaltung     beaufsichtigenden Mitarbeiter kurzerhand unterbunden: "Hier herrscht Demokratie. Hier     wird nicht diskutiert." In einem anderen Fall wurde ein Besucher von einem     Mitarbeiter wegen eines Autoaufklebers bei der Polizei angezeigt. Der "Verdacht der     Verbreitung verfassungsfeindlicher Schriften" führte danach prompt zur polizeilichen     Überprüfung eines Unschuldigen. Auch der Regierungswechsel im Ländle 1996 brachte keine     Änderung. Zwischen November 1994 und August 1997, also auch noch unter der Führung des     derzeit amtierenden CDU-Innenministers Schäuble wurden insgesamt sechs     "strafrechtlich relevante Sachverhalte" durch den Leiter oder aber Mitarbeiter     des Hauses der Heimat angezeigt. Wie das Innenministerium auf Nachfrage einräumen mußte,     waren die Anzeigeerstatter ausdrücklich gebeten worden, etwaige verdächtige     Wahrnehmungen den Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen. Von den angezeigten     "Sachverhalten" allerdings konnte bislang kein einziger aufgeklärt werden.
       Bei einer solchen Lage war es wohl bloß eine Frage der Zeit, bis weitere     Verdächtigungen entstanden. Im Frühjahr dieses Jahres wurde kolportiert, die     Vertretungen der verschiedenen Freundeskreisen im Haus der Heimat und deren Besucher     würden heimlich vom Staats- oder Verfassungsschutz auf extremistische Umtriebe hin     überwacht. Auch Ferngespräche wie Fernkopien, so wurde vermutet, sollen zumindest     unregelmäßig abgehört oder mitgelesen worden sein. Aufgrund dieser Gerüchte starteten     die Republikaner im Landtag Ende Mai eine parlamentarische Initiative (DS 12/2898). Die     Antwort des Innenministers datiert vom 23. Juni 1998. Minister Schäuble bestritt amtliche     Kontrollen. Weder das Haus der Heimat noch die verschiedenen Vertretungen der     Freundeskreisen unterlägen einer Überwachung durch Polizei oder Verfassungsschutz, die     Anzeigen sogenannter "strafrechtlich relevanter Sachverhalte" wurden jedoch     bestätigt.
       Dies seien aber Maßnahmen im Rahmen der Strafverfolgung. Keine Antwort gab es dagegen     auf die konkrete Frage nach der Überwachung von Gesprächen und Faxkopien. Auch zu dem     Vorwurf schwieg sich der Minister aus, wonach Angehörige oder Besucher der     Freundeskreisen oder von Veranstaltungen gelegentlich fotografiert oder im Film     festgehalten worden seien. Mit der pauschalen Beantwortung der acht Einzelfragen wollten     sich die Republikaner nicht zufriedengeben. Sie sahen weiteren Klärungsbedarf und gaben     am 7. Juli einen Folgeantrag mit acht neuen Fragen in den Geschäftsgang des Landtags (DS     12/3026).
       Auf den Inhalt der Parlamentsinitiative zum Thema "Haus der Heimat"     angesprochen, verschanzte sich der jetzige Leiter dieser staatlichen Einrichtung, Krauss,     hinter dem Innenministerium. Selbstverständlich sei ihm die Anfrage bekannt, doch das     Innnenministerium werde die Fragen schon wahrheitsgemäß beantworten. Wahrheitsgemäß     schon, aber auch umfassend?
        
 
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