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Tennis

 
     
 
Katrin setzte ihr Engelsgesichtchen auf und schmiegte sich eng an seine Schulter. „Du, Papi ...“ Josef dämmerte es. Wenn Katrin sich so anschmeichelte, da mußte schon im Herzen seiner neunjährigen Tochter ein sehnlicher Wunsch schlummern. „Was ist, Kleines?“

„Papi, wenn ich nun auf mein Taschengeld verzichten will und mir auch nichts zum Geburtstag wünsche, bekomme ich dann, ich meine ...“

„Na worum geht es denn?“ munterte Josef sie auf, obwohl
er jetzt schon wußte, daß wieder mal nicht geplante Kosten auf ihn zukommen würden.

„... einen Tennisschläger!“

Seit jedem Sieg eiferten Katrin und ihre Freundinnen den gefeierten Stars nach, und einige ihrer Klassenkameradinnen nahmen auch schon auf den schmucken Anlagen des einheimischen Tennisclubs eifrig Anfängerstunden.

Nun gut, man soll ja nicht gerade alle Wünsche seiner Kinder erfüllen. Irgendwie soll man ihnen ja schon sehr früh den Umgang mit Geld beibringen, wie schwer es oft zu verdienen ist, und sie auch selbst dazu anhalten, eigene finanzielle Opfer im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu bringen.

„Also einen Tennisschläger willst du haben. Dazu brauchst du ja auch noch Schuhe, Mitgliedsbeitrag im Club und Trainerstunden, damit das Ganze einen Sinn hat. Und das alles ist ja nicht gerade billig!“

„Ich habe auch schon etwas angespart“, sprudelte Katrin hervor. „Hier“, dann stockte sie und hüstelte verlegen, „hier sind 15 Euro!“

Katrins Opferbereitschaft weckte in Josef neue väterliche Gefühle. 15 Euro, all ihre Ersparnisse also, wollte Katrin für ihre Wünsche einsetzen. Zugegeben, sie brachte sehr gute Schulnoten nach Hause und war auch sonst ein Kind, das den Eltern viel Freude bereitete. Aber dennoch sollte sie gerade jetzt schon die vielleicht schmerzliche Erfahrung machen, sich von ihrem Ersparten tatsächlich trennen zu müssen.

Einen Tag später besuchten Vater und Tochter das Sportgeschäft Möller. Während Katrin mit freudig geröteten Wangen vor dem Regal „Tennisschläger für Anfänger“ stand, zog Josef den Ladeninhaber beiseite. „Wenn meine Tochter sich für einen Tennisschläger entschieden hat und nach dem Preis fragt, dann sagen Sie einfach 15 Euro. Ich begleiche in den nächsten Tagen dann die Differenz!“ Der Ladeninhaber zwinkerte verschmitzt und wandte sich seiner kleinen Kundin zu.

Als Josef Tage später wie versprochen wieder im Sportgeschäft Möller auftauchte, empfing ihn der Ladeninhaber händeringend. „Da haben Sie mir aber was Schönes eingebrockt!“

„Wieso? War etwas nicht in Ordnung?“ wunderte sich Josef.

„Das kann man so nicht sagen. Aber Ihre Tochter schickt nun den ganzen Tennisnachwuchs wegen der Schläger zu mir. Alle wollen Tennisschläger zu 15 Euro haben!“
 
     
     
 
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