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Ungeist

 
     
 
Er war der üble Mann fürs Konspirative, Mörderische un Zersetzende, ohne je einen soliden, einen dauerhaften Grundstein für das Gedeihen unsere Volkes gelegt zu haben: Erich Mielke, der 32 Jahre Chef des Ministeriums fü Staatssicherheit war, starb nunmehr im Alter von 92 Jahren in einem Berliner Altenheim Schweigen oder nur Gutes – es gibt verstorbene Personen, bei denen diese Weishei nicht gelten darf. Der gebürtige Berliner, ohne Ausbildung, aus dem eins "roten", heute islamisch
en Wedding gehört dazu.

Man weiß wenig über die Inneneinsichten dieses Mannes. Vermutlich bestimmte ihn nu bloße Überlebenstaktik, die nach Art der Pawlowschen Reflexe auf ideologisch Schwankungen und Zielvorgaben Moskaus mit großer Wendigkeit und dem steten Bereitsei für den Augenblick reagierte. Er war der Chef der Parteischutztruppe, der 1931 nich zögerte, hinterrücks zwei Polizeileute zu erschießen und der die blutig Säuberungsarbeit in den eigenen kommunistischen Reihen 1936 in Spanien besorgte. Er stan auf dem Sprung, als nach dem Krieg Stalin die Zeichen auf deutsche Einheit setzen wollte um nach dessen Tod und dem deutschlandpolitischen Kurswechsel seine Amtskollegen zu beerben, und er scheiterte schließlich, wie alle deutschen Nachkriegspolitiker, an seine Inkonsequenz in der nationalen Frage.

Denn so sehr er den Spür- und Spitzelapparat der SED auf Hochtouren innerhalb der DD und der BRD betrieb, der Eifer besaß einen letzten, einen tiefsten Sinn, der in die deutsche Einheit einmünden sollte. Deswegen die Mauer, die das Regime für den Tag stabilisieren sollte. Deswegen die Ausschaltung aller Gegner, damit keine ander Denkschule das Ziel beeinflussen konnte. Doch mit dem Tode Ulbrichts schob sich ein neue Mann Moskaus an die Spitze, Honecker, der das große Ziel nicht mehr propagieren durfte Die große Stunde, die Mielke erhoffte, fiel aus. Moskau schwieg bis 1988 zu Deutschland.

Dabei ist es im nachhinein kaum noch von der Hand zu weisen, daß die besessen Zielstrebigkeit Mielkes die Bundesrepublik für den Tag X schon sturmreif gemacht hatte wenn man sich an den Wink des Geheimdienstkoordinators Schmidbauer erinnert, der von übe 30 000 westdeutschen Spitzenmännern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kirch sprach, die im Dienste der Stasi standen. Doch da die SED von Moskau kurz gehalten un Bonn in Rücksprache mit Washington nur am Status quo interessiert war, trat die paradox Situation ein, daß die ungelöste nationale Frage zu einem schieren administrative Problem wurde: Bonn kaufte soviel politische Häftlinge von Mielke ab, bis de innenpolitische Druck für die SED erträglich wurde, und zugleich stabilisierten die Gelder des Freikaufs das System. Ansonsten übte man strikte Zweistaatlichkeit, die Kanzler Kohl mit dem Empfang Honeckers in Bonn auf einen Gipfelpunkt trieb.

Ob Mielke, anders als Markus Wolf, den letzten Sinn dieser Politik in und mi Deutschland je begriffen haben mag, scheint unsicher. Das feine Spiel gezielte gegenseitiger Anerkennung lag sicher jenseits von Mielkes Geschmack und Stil. Unverkennba aber gruben sich die Ereignisse und seine blutige Praxis der Verfolgung von Gegnern in sein Gesicht ein: Seine hängenden Mundwinkel, sein körperstarres, pathetisches Gehabe das sich bei feierlichen Anlässen so gestelzt offerierte, legt ebenso wie die weni lebhaften Augen den Eindruck eines geistig unbeweglichen Mannes nahe. Kumpane bestätigte nach 1989, daß er eitel, herrisch und ungerecht war. Er war der Typus des schlimme Emporkömmlings, der nicht in das Dickicht der Städte mit ihren dunklen Hinterhöfe zurückwollte. Andere Zeitgenossen in ähnlich schwieriger Ausgangslage mochten Visione vom Ständestaat, vom klassenkampffreien Staat oder eben auch von Demokratie gehabt haben Mielke besaß nur noch die des bloßen Überlebens. Dabei war er gewiß kein Dämon, kei Polizeiminister vom Schlage eines Joseph Fouché, dazu fehlten ihm geistige Beweglichkeit Format und Ziel.

Er war ein dumpfer Geselle, der in Zeiten Deutschlands größter Erniedrigung die Geschäfte des Kerkermeisters und Henkers besorgte. Wer Zugang zu Mielkes Innenlebe sucht, der muß sich mangels fehlender schriftlicher Zeugnisse die Dienst- un Privatquartiere seiner Organisation ansehen. Die dumpfe Zweckmäßigkeit dieser Baute offenbart die Geistferne jener Bewegung, die 1945 im Bunde mit den anderen militärische Siegern nach Deutschland gekommen war, um sich vermeintlich über Mitteleuropa zu erheben.

Daß das Schicksal ihn richtete, indem es ihn entmachtet noch zehn Jahre in einer Ar von Vorhölle existieren ließ, nachdem es die bundesdeutsche Justiz unterband, ihn wege seiner Nachkriegstätigkeit anzuklagen, gehört in den Annalen der deutschen Geschicht dick unterstrichen vermerkt.

 
     
     
 
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