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Unterhaltung

 
     
 
Roßkur für Mariechen

In Gallbrinnen, acht Kilometer hinter Balbuschken, war auf dem Hof vom Bauern Suppliet die große Not ausgebrochen. Mariechen, die Älteste, hatte Fieber bekommen und hustet sich dabei fast die Seele aus dem Leib. Da half kein Zwiebelsaft mit Honig, da half kei Brustwickel mit Schweineschmalz, da mußte der Doktor her. Es paßte ja ganz gut, denn de Oma ging es in letzter Zeit auch son bißchen koddrig und sie klagte ununterbrochen übe ihren krätschen Rheumatismus. Und noch etwas machte der Mutter Sorgen, Kurtchen hatte de runden roten Knopf von ihrer Bluse verschluckt, er wollte mal sehen, ob der nach wa schmeckt. Warum hatte sie den abgerissenen Knopf aber auch liegen lassen, aber es macht ihr keiner Vorwürfe. Um nun das Unglück voll zu machen, draußen im Stall wollte die Liesel, die Trakehnerstute, nicht richtig fressen, sie ließ den Kopf hängen und hatte s klagende Augen.

Telefon gab es ja damals noch nicht. Darum mußte Walter, der Knecht, mit einem Zette zum Doktor fahren. Am besten wäre es, wenn er ihn gleich mitbrächte. Der Dokto versprach auch zu kommen, aber in der Umgebung war eine Grippeepidemie ausgebrochen und e hatte alle Hände voll zu tun. Es könnte Abend werden. Er schrieb fürsorglich Aspiri auf, das konnte fast nie schaden.

Walter mußte aber auch gleich noch zum Tierdoktor fahren, wo er doch nun schon ma unterwegs war. Der gab ihm auch ein Fläschchen Medizin für die Liesel mit und trug ih auf, daß man das Pferd gut mit Stroh abreiben und in Trab halten sollte. Bis Walte endlich zurückkam, war es Mittag geworden. Er schimpfte über alles und jedes, denn e war müde von der außergewöhnlichen geistigen Anstrengung
– und hungrig dazu Er war sich heute seiner Wichtigkeit bewußt und überzeugt, daß er alles richtig gemach hatte. Nur mit den Rezepturen und Verordnungen, da war er etwas durcheinander gekommen. E war nämlich nicht der Allerschnellste im Denken, aber so sachbezogene Erscheinungen wi Mariechens Husten und Liesels Futterverweigerung, das brachte er schon in die richtig Reihe. Was machte es da schon aus, wenn er behauptete, daß das Pferd in feuchte Lake gepackt werden müsse und Mariechen mit Stroh abgerieben werden sollte? Die Bäueri kannte ihn schon von klein auf und wußte alles richtig zu deuten.

Als am Abend der Doktor kam, konnte er Walter nur loben, denn überall hatten sic Besserungen eingestellt. Um den Knopf der Bluse aber, da sollte man sich nicht sorgen Wahrscheinlich würde ihn aber Frau Supplieth entbehren müssen, es sei denn – si setzte Kurtchen zwei Tage lang auf’s Töppchen.

Wo er nun aber schon mal da war, der Doktor Kroll, da sollte er sich doch auch gleic mal die Oma ansehen. Die quiemte in letzter Zeit auch so bißchen rum und war auch ga nicht mehr so gut zuweg. Aber das gab eine Überraschung. Der Doktor dachte ja nun, e würde die alte Frau im Bett antreffen, aber in wo doch. Sie hatte sich ihre beste schwarz Bluse angezogen und huckte, im Gesangbuch lesend, in ihrem Ohrenstuhl.

"Aber Herr Dokterche, was soll mich denn schaden", strahlte sie ihn an "Scheenen Dank auch, daß Se sich so um mir bekümmern, aber zum Sterben hab’ ich jetzt noch keine Zeit nich. Wer soll denn de Hiehner fittern, wer de Katzen und wer d Klucken auffe Eier setzen und de kleinen Keichel im Bett wärmen? Die Kinder verstehen da noch alles nicht so gut."

Der Doktor schmunzelte und wandte ein, daß diese doch bereits in der Lebensmitt ständen, ihre Enkel bereits heirateten und für sie doch jetzt die Zeit gekommen wäre wo sie auch mal aus Ausruhen denken sollte. Die alte Frau schlug entsetzt die Händ zusammen. "Aber Herr Dokterche, doch nich jetzt, dafür hab ich doch noch Zeit genug wenn ich tot bin."

Als der Arzt fort war, machte ihr die Tochter Vorwürfe. "Mutterke, waräm häs denn nich gesächt, dat die dat Kriez ömmer so weh deit on du dem Arm nich häwe kannst Ok dat du önne Nacht kein Oog nich tokrechst?" – "Ower, Marjellke" sagte die Alte, "denkst du denn öck bönn e bätke damlich? Öck weet doch, wat d Doktor koste deit, on Göldke ös schwoar to verdeene. Schöck man de Junges önn Woold de sulle mi man junge Dannespötzkes hoale und du bringst mi utem Loade e Literk Spirtus Dat stopp öck denn önne Buddel on vermeng dat mött dem Sprit. Bött öm Harbst ös da god dorchgetoage on helpt mi bäter als allet Ennriewsel vom Apteker. On wenn öck önn Nacht nich schloape kann, denn segg öck mi alle Bibelverskes opp, on eh öck m vasehn fangt de Moarje all an to grue."

Nein, reich konnte ein Arzt auf dem Land nicht werden, denn hier war man sparsam. Ma sagte sogar, daß der Bauer eher mit seiner Kuh zum Veterinär ging, als daß er de Doktor für seine Frau holte. Bestimmt waren das aber alles nur Gerüchte.

 

Heilsberger Keilchen



Das Omchen stand am Küchenherde

und kochte Beetenbartsch und Kohl,

sie buk und briet mit Lust und Liebe,

am Herd, da fühlte sie sich wohl.

Was konnte sie nicht alles zaubern

aus einem Endchen Räucherspeck,

allein der Duft im ganzen Hause,

vom Duft allein war man schon weg.

Da gab’s die krossen Bratkartoffeln

mit Gurken, Kürbis, Speck und Ei,

da gab’s den Schmand

und zarten Spirkel

zu Beeten und Kartoffelbrei.

Da gab’s die Keilchen,

die berühmten,

aus Heilsberg,

die mit Räucherspeck,

und wie gesagt, ein Duft im Hause,

vom Duft allein war man schon weg.

 
     
     
 
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