|  | Die Frage einer möglichen deutschen Atomwaffenproduktion in     Jonastal führt zu einem kurzen Rückblick auf die deutsche Atomforschung während de     Dritten Reiches. Nach herrschender Meinung soll die deutsche Seite zu keinem Zeitpunkt in     der Lage gewesen sein, eine Atombombe zu bauen. Diese Einschätzung speist sich zum eine     aus Aussagen deutscher Kernphysiker wie Heisenberg, Hahn oder von Weizsäcker. Si     erklärten nach dem Krieg, daß die deutschen Physiker  "aus Prinzip" kein     Atombombe bauen wollten. Zur dominierenden und bis heute nicht mehr in Frage gestellte     Sichtweise wurde jene Darstellung durch das Memorandum der führenden (?) Wissenschaftle     des deutschen Kernforschungsprojektes vom 8. August 1945, dessen Motivation de     Atombombenabwurf auf Hiroshima war. Hier erklärten die im Landhaus "Farm Hall"     in Godmanchester bei Cambridge internierten Wissenschaftler Heisenberg, Hahn, Bagge, vo     Laue, Carl Friedrich von Weizsäcker u. a., daß Deutschland nicht am Bau einer A-Bomb     gearbeitet habe. 
 Dies korrespondiert mit be-kanntgewordenen amerikani-schen Geheimdienstberichten     So schrieb der Physikprofessor Samuel Goudsmit in einem Bericht an den Leiter de     "Manhattan Project", General Leslie R. Groves: "Die Deutschen glaubten, si     seien den amerikanischen Entwicklungen weit voraus. In Wirklichkeit lagen sie, obwohl si     früher begonnen hatten, weit zurück. Sie hatten den Gedanken, eine Bombe zu bauen     völlig aufgegeben (!) und konzentrierten ihre Bemühungen auf die Konstruktion eine     energieerzeugenden Maschine, die sie Uranbrenner nannten ..." Goudsmits Worte     kommen deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil er für die wissenschaftliche Betreuun     der sogenannten "Alsos-Mission" zuständig war, deren vorrangiges Ziel die     Sabotage des deutschen Atomwaffenprogramms war.
 
 Diese Spezialeinheit hatte laut Harald Fäth ("1945  Thüringens Manhatta     Project") unbegrenzte Vollmachten. Mit dem militärischen Leiter de     "Alsos-Mission", Oberst Boris Pash, durchkämmte Goudsmit in den letzte     Kriegsmonaten jedes erreichbare Labor in Frankreich, Belgien, den Niederlanden un     Deutschland. Für ihn waren nach Fäths Ausführungen die Berichte, die den Amerikanern in     der Reichsuniversität von Straßburg in die Hände fielen, von entscheidender Bedeutung     Die Straßburger Dossiers enthielten eine Reihe von Hinweisen auf das deutsch     Atomforschungsprogramm. Goudsmit glaubte aus diesen schließen zu können, daß die     deutsche Atomforschung weit hinter der amerikanischen zurücklag. General Groves blie     nach Fäth den Berichten Goudsmits gegenüber zunächst skeptisch. Erst die Besetzung de     deutschen Versuchsmeilers in Haigerloch bei Hechingen/Hohenzollern durch die Amerikane     beruhigte auch Groves. Die deutsche Atomforschung war offensichtlich, so die     Schlußfolgerung nach einer Besichtigung der Anlagen in Haigerloch, weit davon entfernt     die Bombe realisieren zu können. An dieser Auffassung nagen jedoch ganz erheblich     Zweifel. Fäth verweist auf eine befremdend wirkende Äußerung des wissenschaftliche     Leiters des "Manhattan Project", Robert Oppenheimer. Der erklärte, daß die     Hiroshima-Bombe deutscher Herkunft gewesen sei. Diese Aussage deckt sich mit eine     Anweisung des amerikanischen Generalstabs unter dem streng geheimen Deckname     "Project Overcast" vom 6. Juli 1945, in der die Rede davon ist, daß die     "intellektuelle Produktivität der Deutschen genutzt werden" solle, die in     "Krieg gegen Japan nützlich" sein könne. Zu Recht stellen Fäth u. a     Autoren die Frage, wie deutsche Atomwissenschaftler nützlich hätten sein können, wen     ihr Forschungsstand weit hinter dem der Amerikaner zurückgelegen haben soll?
 
 Das führt zu dem bisher schwerwiegendsten Argument gegen den möglichen Bau eine     deutschen Atombombe: der Zerstörung des Hydrierwerkes bei Vermork in Norwegen im Novembe     1943. Bereits Ende Februar 1943 wurde diese Fabrik, die "schweres Wasser"     herstellte, das als Moderator in Kernreaktoren eine wichtige Rolle spielt, bei eine     Sabotageunternehmen schwer beschädigt. Zur Erläuterung: Als Moderator wird ein     Bremssubstanz bezeichnet, die die kinetische Energie schneller Neutronen in eine     Kernreaktor vermindert, damit diese neue Spaltvorgänge hervorrufen können. Auch de     Transport einer verbliebenen Lieferung von "schwerem Wasser" nach Deutschlan     soll vereitelt worden sein. Allgemein wird deshalb davon ausgegangen, daß desse     Produktion Ende 1943 zum Erliegen gekommen war.
 
 Fäth führt hiergegen eine Aussage des Physikers Kurt Diebner an. Diebner betrieb mi     einer Reihe weiterer Wissenschaftler in den letzten Kriegsmonaten in den Kellerräume     eines Schulgebäudes in Stadtilm nahe dem Jonastal ein Atomreaktorlabor. Ihm zufolge sol     das gesamte Hydrierwerk in Norwegen abgebaut und nach Deutschland gebracht worden sein     Auf die Frage eines Kollegen nach dem "Woher" des "schweren Wassers"     das Ende 1943 in Deutschland ankam, antwortete Diebner wörtlich: "Diese     schwere Wasser ist der abgelassene Rest, welcher entstand, als das Hydrierwer     (in Norwegen, d.Verf.) abgebaut und nach Deutschland verlagert wurde. Es war bekann     geworden, daß möglicherweise ein Anschlag auf die Fähre (die die entsprechenen Fässe     transportieren sollte, d.Verf.) geplant war, und so beförderte sie nur normal     Wasserfässer; die echten wurden auf dem Landweg hergebracht."
 
 Die "Alsos-Mission" stieß auf den Namen Diebner erstmals im August 1944, als     Colonel Pash den französischen Atomphysiker Frédéric Joliot-Curie vernahm, den Diebne     1940 über den Stand der französischen Kernforschungsarbeiten ausgefragt hatte. Vo     Forschungsstandort Stadtilm soll die "Alsos-Mission" erst nach der Besetzun     Stadtilms erfahren haben. Als Pash und Goudsmit dort eintrafen, waren Diebner und sein     Mitarbeiter nach Aussage des Diebner-Kollegen Walther Gerlach jedoch bereits von de     Gestapo nach Bad Tölz evakuiert worden. Erst im Mai 1945 konnten die Amerikaner Diebner     habhaft werden. Zusammen mit Heisenberg wurde er in das "Alsos"-Hauptquartie     nach Heidelberg gebracht. Laut Wermusch/Remdt ("Rätsel Jonastal") war die     Feindschaft zwischen Heisenberg und Diebner so ausgeprägt, daß sie kaum ein Wor     wechselten.
 
 Alle Erkenntnisse der "Alsos-Mission" wurden sofort an die Beteiligten de     "Manhattan-Projects" weitergeleitet. Die Beute erschien den US-Stellen äußers     wertvoll  mit gutem Grund: Harald Fäth macht in seinem Buch "Geheim     Kommandosache  S III Jonastal" darauf aufmerksam, daß die Amerikaner in     Frühjahr 1945 keineswegs so weit waren, wie sie der Welt bis heute glauben machen wollen.
 
 Fäth zitiert in diesem Zusammenhang u. a. ein Memorandum von Senator Byrnes a     den amerikanischen Präsidenten vom 3. März 1945. Darin äußert Byrnes vier Monat     vor dem ersten erfolgreichen Atomtest  ganz erhebliche Zweifel am Gelingen de     "Manhattan Project".
 
 Daß Byrnes Bedenken durchaus berechtigt waren, zeigen die von Fäth angeführte     Recherchen des US-Autors Carter Hydrick. Dieser argumentiert, daß das Projekt trotz de     Einsatzes von zwei Milliarden Dollar vor dem Scheitern stand. Weder verfügten die     Amerikaner im Frühjahr 1945 über genügend angereichertes Uran noch über einen Zünde     für die Plutonium-Bombe. Dies änderte sich augenscheinlich schlagartig nach de     Besetzung der Labors in Stadtilm und Haigerloch, kündigte Präsident Roosevelt doch a     25. April 1945 an: "Im Laufe der nächsten vier Monate werden wir mit alle     Wahrscheinlichkeit die schrecklichste Waffe fertigstellen, die die Menschheit in ihre     Geschichte je gekannt hat. Eine Waffe, die es ermöglichen könnte, mit einer Bombe ein     ganze Stadt zu zerstören." Die Schwierigkeiten schienen sich urplötzlich in Luf     aufgelöst zu haben ... Karl-Heinz Zunneck bringt für diese plötzliche Wende in     seinem Buch "Geheimtechnologien 2" interessante Erklärungen, die darau     hindeuten, daß der letztendliche Erfolg des "Manhattan Project" erst durch die     Erbeutung der deutschen Forschungsergebnisse möglich wurde. Von nicht unwesentliche     Bedeutung ist Zunnecks Hinweis, daß die von den Amerikanern angewandte Diffusionsmethod     "das teuerste, langwierigste und umständlichste Verfahren für die Herstellung de     Atomwaffe überhaupt war". Dies war der Grund dafür, daß jenes Verfahren von de     Deutschen von vornherein abgelehnt wurde. "Es gab alternative Methoden", s     Zunneck, "beispielsweise in Form der Verwendung einer Ultrazentrifuge für die     Isotopentrennung. Denkbar wäre auch der Einsatz eines Teilchenbeschleunigers, um an die     Grundstoffe der Atomwaffe zu gelangen."
 
 Diese Technologien sollen nach den Thesen Zunnecks im Raum des Truppenübungsplat     Ohrdruf-Jonastal unterirdisch zum Einsatz gekommen sein. Diese Technologien seien auch de     Grund dafür gewesen, warum SS-Obergruppenführer Dipl.-Ing. Hans Kammler die     Gesamtleitung für das ganze Projekt übernahm. Der Name Kammler stand, wie in Teil 1 (OB     Folge 20) erwähnt, für Hochtechnologieprojekte wie in Nordhausen (Mittelwerke     V2-Produktion) oder Prag (Skoda). Harald Fäth glaubt aus diesen und anderen Hinweise     ableiten zu können, daß im Jonastal an der "Amerika-Rakete"gebaut wurde. De     möglicherweise kriegsentscheidende Aspekt dieser Rakete: ein nuklearer Gefechtskopf! Ein     gewisse Wahrscheinlichkeit bekommen Fäths Thesen durch einen von Karl-Heinz Zunnec     zitierten Augenzeugenbericht des deutschen Flugzeugführers und Flakraketenspezialiste     Zinnsser gegenüber dem US-Militär. Zinnsser startete im Oktober 1944 für einen Einsat     von Ludwigslust aus in östliche Richtung. Er flog demnach an einem  so Zinnsse      "Atomtestgelände" vorbei, das er aus einer Entfernung von zwölf bis 1     Kilometern beobachtet habe. Dabei habe er einen "gewaltigen Lichtblitz"     registriert, der für etwa zwei Sekunden den Himmel erhellte. Der Augenzeuge sprach vo     einer deutlich sicht- und spürbaren Druckwelle und von einer großen Explosionswolke, die     sich daraufhin bildete.
 
 Auf den Einwand, daß die Explosion einer derartigen Bombe die Verstrahlung eine     weiten Gebietes hätte hervorrufen müssen, antwortet Zunneck, daß dies für ein     Atombombenkonstruktion zutreffe, wie sie in Japan zum Einsatz kam. "Was aber"     so Zunneck, "wenn das von Zinnsser beobachtete Schauspiel eine Bombe betraf, die vo     allem durch Druck und Hitze primär zerstörerisch wirken sollte? Oder aber bei der die     freiwerdende Radioaktivität minimal war und nur über eine kurze Zeit zu registrieren wa      wie bei einer Neutronenbombe?" Provokante Fragen, die Widerspruc     herausfordern. Mit Recht verweist Fäth aber auf die lange Liste waffentechnische     Neuerungen auf deutscher Seite, denen die alliierte Seite nichts Entsprechende     entgegenzusetzen hatte. Alle waffentechnischen Weiterentwicklungen nach dem Krie     basierten direkt oder indirekt auf deutscher Grundlagenforschung. In diesem Zusammenhan     sei nur auf die V1 und V2, die Panzer der Tiger-Klasse, die Düsenjäger der Luftwaffe     die Flugabwehrraketen oder auf die gelenkten Bomben verwiesen.
 
 Vor diesem Hintergrund erscheint es in der Tat wenig glaubwürdig, daß die deutsche     Nuklearphysiker, die lange Zeit einen Forschungsvorsprung vor den USA hatten, ausgerechne     an der Entwicklung jener Waffe gescheitert sein sollen, die bei einem Einsatz dem Krie     mit Sicherheit einen anderen Verlauf gegeben hätte: der Atombombe.
 
 Alle genannten Bücher sind entweder in der Verlagsgesellschaft Heinrich Jun     (Zella-Mehlis/Meiningen) oder im CTT-Verlag (Suhl) erschienen und im Buchhande     erhältlich.
 
 
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