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Wolken Wind und Wellen

 
     
 
Auf der Kurischen Nehrung in Nidden traf sich im vergangenen Sommer wieder eine Gruppe neugieriger Maler aus Hamburg, Bremen, Berlin, Nürnberg, München, Freiburg. Nicht für alle war das Malen in Nidden erstmalig: zwei "Wiederholungstäter" freuten sich, wieder dabeizusein. Diesmal brachten sie gleich ihre Bildlösungen in Gedanken mit. Doch Nidden überraschte mit neuen Motiven: Gleich fielen uns am Haff direkt vor der Hohen Düne
die "neuen alten" Blockhäuser auf mit den alten Booten davor, den Reusen und den Gestellen zum Fischtrocknen. Frisch gefangene Brassen waren aufgesteckt. Nur - wo waren die Fischer, und wohnten sie wirklich dort?

I wo! Beim Lesen eines Schildes vor diesen Fischerhütten erfuhren wir: "Wellen", der Roman von Eduard von Keyserling, dem baltischen Fontane, wurde hier durch das ZDF verfilmt. Auch das Herrschaftshaus im Hintergrund, der Bullenkrug, war als Kulisse aufgebaut. Und kurzerhand wurde man in die Zeit des 19. Jahrhunderts versetzt. In unserer Pension bediente uns eine litauische Laiendarstellerin, die uns laufend über die Dreharbeiten informierte.

Obwohl schon mancher Maler die Poesie der Landschaft der Kurischen Nehrung treffend malte, bereitet die Fülle der Motive Sorge

vor dem leeren Blatt. Um diesem Hemmnis zu begegnen, fing unser Tag oft mit einer Einweisung in Theorie und Technik des Aquarellmalens an. Wie verhält sich trockenes Aquarellpapier gegenüber angefeuchtetem? Wie laufen die Farben? Wie bringt man die Landschaft zum Leuchten? Welche Untermalung ist ratsam? Das Motiv "Ostsee" gab uns weitere Rätsel auf: Wie bewegen sich Wellen? Wie malt man stilles Wasser, bewegte oder tobende Wogen?

Und dann direkt vor dem Motiv über der See diese Wolkengebilde! Die schönsten Fabeltiere schweben durch die verschiedenen Blautöne dieses Himmels. Wir fangen sie auf unserem Malblock ein. Am nächsten Maltag schließlich wollen wir die Antworten auf viele Fragen finden. Da kommt uns die Ausstellung in einem Hotel mit Landschaftsbildern der Nehrung entgegen. Es werden die Aquarelle aufs Genaueste studiert. Jeder nimmt eine Anregung mit.

Eine weitere erwähnenswerte Ausstellung mit Eröffnung erlebten wir im Volkskunde-Museum Nidden (Nida). Künstler des Künstlerclubs Pleksnés (Flunder) aus Vilnius präsentierten ihre Arbeiten dort. Der Club will die Tradition der ehemaligen Niddener Künstlerkolonie aufnehmen. Einmal im Jahr treffen sich Mitglieder in Nida, setzen sich ein Thema und malen zusammen vor Ort. Die ausgestellten Arbeiten waren bemerkenswert.

Aber nicht nur Malen war angesagt. Die Ostsee lud zum Baden ein, und die Abende gaben Zeit für Konzerte oder Vorträge im Thomas Mann-Haus. Auch ließen wir uns von einer deutschen Märchenerzählerin litauische Märchen vortragen. Ein besonderes Ereignis war es ebenso, die Windenburger Ecke auf der anderen Seite vom Haff per Bus zu erreichen. Die herrlich altmodische Atmosphäre in der dortigen Vogelwarte und der verschmitzte Herr Professor blieben in besonderer Erinnerung, ebenso die spezielle Fahrt und Führung durch die "Schreber"-Gärten des heutigen Memel. Sie haben ihre eigene Geschichte.

Unser letzter Maltag ist immer ungewöhnlich: Auch diesmal suchten wir uns kein Motiv. Wir hatten ja alle Motive durch das intensive Hinschauen im Gedächtnis und malten sie auf das Blatt eines jeden Teilnehmers mit eigener Farbgebung, mit Rundpinsel, mit Flachpinsel. Ein zwangloses, abstraktes Aquarell entstand. Jeder nahm von jedem eine Erinnerung, einen Pinselstrich, mit nach Hause. Die besten Bilder wurden auf der Wäscheleine im Garten des Hauses aufgehängt. Ein gemütlicher Abschluß mit Sekt und den leckersten litauischen Schmankerln (Aal, Brasse, Zander, Stint aus der Räucherei von nebenan, Käse, Quark, Baumkuchen, dunkles und helles Bier und litauischer Wodka) rundete den Tag ab.

Da alle Kursteilnehmer in jedem Jahr begeistert sind vom Malen, den Motiven, der Landschaft, der Atmosphäre dieses Ortes biete ich diese Plein air-Malreise zum vierten Mal an. Wir werden im Sommer, vom 10. bis 24. Juli, neben dem ehemaligen Gasthaus Blode direkt am Haff alle zusammen Quartier haben. Im Betrag von 1.245 Euro sind der Flug bis Polangen, Flughafengebühr, 14 Ü/F, DZ/DU/WC, Transfer, Nehrungsgebühr, Führung Nidden, Schwarzort, Kursgebühr enthalten. EZ plus 224 Euro. Wenn Sie Interesse haben, nächste Entdeckungen in Nidden malerisch festzuhalten, lassen Sie sich mehr Informationen schicken. Anmeldung bis 30. April möglich bei: Karina Stängle, Rosmarinweg 11, 73733 Esslingen, Telefon 07 11/ 3 70 10 45, Fax 07 11/370 85 78.

K. S.

Karina Stängle: Stockrosen zwischen Fischerhäusern in Nidden (Aquarell)

Karina Stängle: Italienblick in Nidden (Aquarell)
 
     
     
 
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