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Wowi Wauwi und die Schickis

 
     
 
Das hat Berlin, wo die Arbeitslosigkeit im November bei 16,7 Prozent lag, tatsächlich noch gefehlt: ein Wohlfühlsalon für Hunde, wo Bello, Rex und Trixi alle Fünfe gerade sein lassen können. Zum Glück hat Berlin den Star-Friseur Udo Walz, der Fernsehgrößen wie Sabine Christiansen und Gerhard Schröder frisiert und zuletzt auch Angela Merkel
in mehreren Etappen aufgehübscht hat.

Udo Walz hat in Charlottenburg den Salon "Spark s Dogs & More" eröffnet. Darin befindet sich ein Laden, wo man Hundedecken für 69 Euro kaufen kann, und ein Frisier- und Entspannungsbereich, wo außer Waschen, Schneiden und Legen auch Bäder, Krallenpflege, Zahnsteinentfernung und Massagen angeboten werden. Die Preise beginnen bei 35 Euro. Diätberatung und Bachblüten-Therapie für den nervösen Vierbeiner sind ebenfalls im Leistungskatalog.

Die Schirmherrschaft über den Salon hat Sabine Christiansen übernommen. Frau Christiansen ist nicht nur eine gute Freundin von Udo Walz, sie ist mit 1.250 Euro auch als Mitgesellschafterin am Salon beteiligt. Damit ihre Schirmherrschaft nicht als Werbeidee mißverstanden wird, soll ein Teil der Einnahmen bedürftigen Tieren zugute kommen. Solche Eskapaden gibt es auch anderswo, sie sind nicht der Rede wert. Es gibt aber Unterschiede: Erstens ist Berlin viel ärmer als München oder Hamburg. Zweitens lösen solche Geschichten hier Diskussionen aus, die ins Prinzipielle und Politische gehen. Das öffentliche Unverständnis hat dazu geführt, daß die Eröffnungsparty abgesagt wurde. Gewiß schade für den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, der dort sicher gern aufgetaucht wäre, verbindet ihn mit Christiansen und Walz ein inniger wie medienwirksamer Freundesbund.

Solche Affärchen sind symptomatisch für die Stimmung in Berlin. Einerseits sind Presse, Leser und Zuschauer ganz wild nach Glamour und Berichten aus der Welt der Prominenz. Jeder Hollywoodstern, der einen kurzen Drehtag hier einlegt, schafft es deshalb sofort auf die Titelseite auch der seriösen Zeitungen - was wiederum auf einen tiefsitzenden Minderwertigkeitskomplex der immer noch Möchtegern-Metropole verweist, die sich zwischendurch mit Zickenkriegen und Wau-Wau-Geschichten von Provinzgrößen begnügen muß.

Nicht diese glitzernde Halbwelt aber ist das Problem, sondern das Fehlen jener kleinen, feinen Oberschicht, die gemeinhin die "gute Gesellschaft" genannt wird und bei Gelegenheit gewisse Maßstäbe und Verhaltensregeln setzt. Der ZDF-Journalist und bekennende Berlin-Hasser Wolfgang Herles bemerkte höhnisch: "Schneider, Frisör, Fernsehnase oder Partyluder gelten hier als erstklassig."

Herles schilderte die Geburtstagsgala für Loriot in der Deutschen Oper, auf der Wagner gespielt wurde. In der erste Balkonreihe saß neben zwei Alt-Bundespräsidenten auch der Modemacher Wolfgang Joop. "Der eitelste Schwadroneur Berlins platzte mitten ins Tannhäuservorspiel, ging dafür als erster, während das Orchester noch spielte, in die Pause, nicht ohne beim Hinausgehen in alle Richtungen zu grüßen. Nach der Pause wiederholte sich die Zeremonie. Niemand hielt sein Benehmen für unangemessen." Nur Loriots Schweizer Verleger erkundigte sich danach verwundert, ob das tatsächlich die Berliner Gesellschaft sei. Sie komme ihm doch etwas parvenuhaft vor.

Diese Gesellschaft der geckenhaften Emporkömmlinge ist exakt der Hintergrund, vor dem sich Klaus "Wowi" Wowereit über Jahre unwidersprochen als "Regierender Partymeister" produzieren konnte. Sein Publikum hatte ihm lange abgenommen, daß er den Glanz der großen weiten Welt repräsentiere. Vor einem Jahr hätte man ihm sogar noch eine Hundesalon-Eröffnung nachgesehen.

Doch jetzt kippt die Stimmung. Sein öffentlicher Zungenkuß mit der RTL-Dschungelkönigin und andere Peinlichkeiten, parallel zu seiner Unfähigkeit, sich über die Probleme Berlins zu äußern, geschweige, sie zu lösen, haben ihn und seiner Korona aus Schneider, Frisör, Fernsehnase und Partyluder den Kredit entzogen. Deswegen - und nicht aus Sozialneid - sind Bello, Rex und Trixi ein flüchtigen Moment lang zu einem Berliner Politikum geworden.

 
     
     
 
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