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Zeitzeuge erklärt das Handeln der Menschen während der Hitlerzeit

 
     
 
Dieses Kapitel wird das schwierigste, weil heute kein Mensch glauben will, daß der größte Teil der Deutschen von den Verbrechen, der Ermordung von vielen Millionen Menschen nichts gewußt hat. Untaten dieses Ausmaßes können einfach nicht verborgen bleiben, ist die gängige Meinung. Schnell gilt man als Lügner, auf jeden Fall als unglaubwürdig; selbst wenn es nicht offen geäußert wird, ist es an den Mienen abzulesen. Ich habe es selbst so beobachtet, und vielleicht war es der Anlaß, dieses Buch zu schreiben." Mit diesen Worten beginnt Will Seelmann-Eggebert, der ältere Bruder des bekannten Adelsex- perten Rolf Seelmann-Eggebert, das Kapitel "Verbrechen" in seinem Buch "Weder Narren noch Täter - Der Schock kam erst später".

Seelmann-Eggebert sucht nüchtern nach Erklärungen für das Verhalten seines Geburtsjahrganges und auch der Deutschen im allgemeinen während der Hitlerzeit. Er nennt Fakten aus dem Alltag und versucht Begründungen für das Handeln der Menschen zu finden. Erfreulicherweise hat Will Seelmann-Eggebert nie die Absicht, sich von möglicher Schuld freizusprechen. Sachlich analysiert er die Vorgänge, nennt Begründungen, warum die Jungen beispielsweise häufig Spaß an der Hitlerjugend hatten, warum kaum einer gegen Hitler vorgegangen ist, wieso man in den Krieg zog und nicht allzu viele Fragen stellte. Fast wissenschaftlich hakt er alle wichtigen Themenbereiche ab und versteckt sich auch nicht vor unangenehmen Aspekten. Zudem zieht er bei seinen Überlegungen stets Werke anderer Autoren hinzu wie Sebastian Haffner, Martin Niemöller, Marcel
-Reich Ranicki, Richard v. Weizäcker und Aussagen seines ehemaligen Schulleiters zum Thema Erziehung in der Nazizeit und beweist damit, daß er sich intensiv mit der Thematik befaßt hat.

"Bei den Reichstagswahlen Anfang März erreicht die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei 44 Prozent der Sitze. ... Mir ist das alles reichlich wurscht, wie der Berliner sagt. Ich bin zehn Jahre alt, komme Ostern 1933 aufs Gymnasium. Ich habe die Interessen eines Zehnjährigen, verschlinge Karl-May-Bücher, aber nie ,Mein Kampf ."

Will Seelmann-Eggeberts Antwortensuche, die sich von seiner Kindheit in der Weimarer Republik und der Hitlerzeit, über seine Soldatenzeit bis hin zu den zehn-einhalb Jahren in sowjetischer Kriegsgefangenschaft durchzieht, beleuchtet einen äußerst wichtigen Zeitraum unserer deutschen Geschichte aus der Sicht eines Zeitzeugen, Jahrgang 1923, der sich ehrlich bemüht, die Vorgänge zu erklären und nicht, wie so mancher anderer das deutsche Volk im ganzen verurteilt. Ein kleines, aber feines Buch! R.B.

Will Seelmann-Eggebert: "Weder Narren noch Täter - Der Schock kam erst später", Bohr, Oldenburg 2001, Taschenbuch, mehrere Abb., 166 Seiten, 11, 50 Euro.
 
     
     
 
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